Der weisse Neger Wumbaba
italienisch: »Antipasti«. Und noch ehe die Eltern reagieren konnten, reckten die Kinder die Arme und griffen zu, hoch erfreut, in einem fremdem Lokal sogar mit Namen angesprochen zu werden. Sie
hießen nämlich Andi und Basti.
So ist das nun mal, Kinder beziehen das Unerklärliche, wenn es irgend geht, immer zuerst auf sich. Dafür gibt es ein anderes schönes Beispiel, das ich Frau Sch. aus Korschenbroich verdanke, deren Tochter einen Südafrika-ner mit Familiennamen »Scott« heiratete. Dieser Ehe entsprang ein Sohn, eben der Enkel von Frau Sch., Zane heißt er und war sieben, als diese Geschichte spielte: Zane machte nämlich mit den Großeltern eine Bergtour in Oberbayern. Dort rief dieser und jener Wanderer ihnen jedes Mal ein freundliches »Grüß Gott« zu, das sich, wie man weiß, wenn man in Oberbayern wohnt, schon mal auf ein knappes »'ß Gott« verkürzt. Zane veranlasste es schließlich zu der erstaunten Frage, woher all diese Fremden wüssten, dass er Scott heiße.
Schwyzerdütsch ist ja keine Fremdsprache… Oder, nein: Es ist doch eine. Vor Jahren sprach mich nach einer Lesung mal jemand an, der sagte, seine Kinder hätten das
»Grüezi mitenand« in der Schweiz immer als »Grüß Sie mit der Hand« verstanden.
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Gott, der Herr, hat sieben Zähne:
Die Kirche als Ort großer Missverständnisse
Herr U. aus Altötting schrieb mir, er habe als Kind immer ein altes, mittlerweile verschwundenes katholisches Kirchenlied gesungen, das Herz Jesu, Gottes Opferbrand hieß und unter anderem folgende Zeilen hatte:
»Wir stachen Dich mit Spott und Wut,
Du tauftest uns mit Deinem Blut,
Nun müssen wir Dich lieben.«
U. aber sang, bis er lesen lernte, immer so:
»Wir stachen Dich mit Stock und Hut.«
Und der ersichtliche Unsinn habe ihn, so U., »angesichts des allgemein verwirrenden Charakters unserer Liturgie«, nicht einen Augenblick irritiert.
Nein, im Gegenteil, auch die Liturgie birgt die allerwun-derbarsten Beispiele für den Verhörer als poetische Realitäts-Interpretation. Besonders das Kirchenlatein der Katholiken stellt zumal Kinder vor nahezu unlösbare Aufgaben, nehmen wir nur das speravimus in te (»Wir haben auf dich gehofft«), welches Leser Z. zum Anlass nahm, mich auf ein entlegenes Werk von Arthur Maxi-milian Miller namens Honorat Wurstle – Mei' Pilgerfahrt durchs Schwabenländle aufmerksam zu machen. Darin erinnert sich ein Kaplan, das immer als »Sperr ab, i muss in d' Höh!« verstanden zu haben. Noch schöner ist aber die Geschichte von Frau K. aus München, die in einer Familie aufwuchs, in der man oft und ausgiebig Tee trank. »Zur Sonntagsmesse nahm mich mein Papa auf die Orgelempore 59
mit, knöpfte, wenn ich in der ungeheizten Kirche fror, sein Jackett auf und hüllte mich ein. Vorne am Altar war viel Gold und Weihrauch und der Pfarrer sang: ›Speravimus in Tee!‹ Welche Teezutat mochte das wohl sein? Das
Speravimus blieb ein schönes Geheimnis!«
Bei der Gelegenheit: Das Lateinische ist ja nicht nur Kindern oft ein Rätsel. Herr J. schrieb mir, er sei in den siebziger Jahren Redakteur beim Deutschen Depeschen Dienst gewesen. »Sonntags erhielten wir regelmäßig am späten Nachmittag die ausgeschriebenen Fassungen der Interviews, die abends um 19.10 Uhr im ZDF ausgestrahlt wurden, damals noch mit Durchschlägen auf der Schreib-maschine geschrieben. Es muss kurz vor den Bundestags-wahlen 1976 gewesen sein, als der damalige CSU-
Vorsitzende Franz-Josef Strauß interviewt worden war, und ihm wurde die Frage gestellt, ob eine von der Union geführte Bundesregierung sich an die von der sozial-liberalen Regierung geschlossenen Verträge halten würde.
Seine zunächst niedergeschriebene Antwort lautete: ›Ich habe immer gesagt: Packt das auseinander. ‹« Später sei, so J., die Passage dann durchgestrichen und durch die richtigen Worte ersetzt worden: Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten, also eigentlich das Gegenteil vom Auseinanderpacken, aber eben auf Latein.
Das nur nebenbei, es hat mit der Kirche ja nichts zu tun.
Aber es ist nicht bloß das Lateinische, es sind auch die bildhaften Geschichten der Bibel, die in Kinderohren oft anders ankommen, weil sie in einer Sprache geschrieben sind, die keiner so mehr spricht.
Also, wenn man den Begriff »ein Wunder wirken« nicht 60
kennt, geht es einem wie der kleinen Schwester von Frau M.
aus Berlin, die gerade sechs Jahre alt war, als die Ältere ihr Bibelgeschichten aus dem eigenen Religionsunterricht
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