Der werfe den ersten Stein
Verhörprotokoll in der Hand. Das, was formell als klärend gehaltenes Verhör bezeichnet wurde, erwies sich als wenig erhellend, obwohl es fast zwei Stunden gedauert hatte. Mehmedović hatte nichts Kriminelles gestanden und war auch nicht von seinen früheren Angaben abgewichen.
Eine offensichtliche Blöße war nicht zu entdecken. Egon Jönssons Blick glitt über die Seiten auf der Suche nach einem Widerspruch oder etwas, was sich bei näherer Überprüfung als falsch erweisen könnte.
Nachdem er die letzte Seite durchgesehen hatte, legte er die Papiere beiseite und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Dann nahm er sie wieder vor und begann von hinten an zu lesen.
Frage: Was haben Sie Montag gemacht? Ich spreche von Montag, dem 30. April, drei Tage vor dem Brand.
Antwort: Ich war in Västerås und habe im Großmarkt für das Restaurant eingekauft.
F: Wann?
A: Am Vormittag, ich erinnere mich nicht, wann, vielleicht war es elf. Es war nur bis eins geöffnet, wegen Walpurgis. Ich hab vorher angerufen und mich nach den Öffnungszeiten erkundigt. Sie schließen um eins, haben sie gesagt, also muss es vor eins gewesen sein.
F: Was haben Sie eingekauft?
A: Fürs Restaurant. Vorräte. Ich hab die Quittung, falls Sie mehr wissen wollen.
F: Was haben Sie danach gemacht?
A: Ich hab getankt und bin zur » Scheune « gefahren.
F: Wo haben Sie getankt?
A: Bei OK.
F: Welche Tankstelle?
A: An der nördlichen Umgehung.
Egon Jönsson schlug das Telefonbuch auf. Er tippte die Nummer der Tankstelle und verlangte den Leiter. Nach zwei Minuten Warten hörte er eine männliche Stimme.
»Guten Tag, hier spricht Patrik von OK-Q8. Ich bin hier heute Mitarbeiter des Chefs. Womit kann ich Ihnen dienen?«
»Und hier ist Egon von der Polizei in Västerås. Mein Nachname ist Jönsson.«
In dem darauf folgenden Schweigen holte Egon Jönsson Luft. Patrik von der Tankstelle OK-Q8 hatte offenbar keinen Nachnamen, jedenfalls keinen nennenswerten.
»Könnten Sie alle Benzinquittungen der Tankstelle von Walpurgis zwischen zehn und drei Uhr raussuchen?«, fragte Jönsson. »Zehn Uhr vormittags bis drei Uhr nachmittags also. Alle Quittungen, alles, Barzahlungen an der Kasse, vom Tankomaten und was mit Kreditkarte getankt wurde.«
»Oh, oh, oh«, stöhnte Patrik, der Mitarbeiter des Chefs. »Ich weiß nicht, ob das so ohne weiteres geht.«
»Mir ist es egal, wie es geht«, sagte Jönsson. »Können Sie die Quittungen beschaffen oder nicht?«
»Ich nehme es an.«
Die Stimme hatte ihren verbindlichen Ton verloren.
»Bis wann kriegen Sie das hin?«, fragte Jönsson.
»Schnell, hoffe ich. Es geht um eine polizeiliche Ermittlung.«
»Rufen Sie in einer Stunde wieder an.«
Die Telefonverbindung wurde abrupt unterbrochen.
»Dann hab ich schon Feierabend«, sagte Jönsson in die tote Leitung. Er wohnte in Branthovda im östlichen Teil der Stadt.
Er machte den Umweg über die nördliche Umgehung zur Tankstelle und parkte seinen Volvo vorm Eingang. Als er die Tür öffnete, schlug ihm ein starker Geruch nach gegrillten Würstchen entgegen. Hinter Tiefkühltruhen mit Essenswaren und einem hohen Zigarettenregal stand ein Mädchen mit blauen Haaren an der Kasse, das zwanzig Jahre alt sein mochte. Der Junge neben ihr schien etwa gleich alt zu sein. Seine Haare waren weißgelb getönt, nur die ersten Millimeter über der Stirn waren dunkel. Jönsson, der mausfarbene Haare hatte, die in grau übergingen, trat an die Kasse und fragte nach Patrik.
»Das bin ich«, sagte der Gelbweißhaarige. »Und Sie müssen der Polizist sein, der eben angerufen hat.«
Er bückte sich und holte einen Stapel Papier unter dem Tresen hervor.
»Es war doch ziemlich leicht«, sagte er. »Es war alles im Computer gespeichert. OK-Q8 ist gern behilflich.«
Jönsson nahm das Papierbündel und ging ohne ein Wort. Er setzte sich ins Auto und begann zu lesen. Er fing mit den Kontoabbuchungen an, die für jede einzelne Zapfstelle registriert waren. Auf der siebten Quittung fand er, was er suchte. Um 12.38 Uhr war eine Bezahlung für 45,65 Liter Benzin registriert, die mit einer OK-Kreditkarte bezahlt worden war. Sie gehörte Ismail Mehmedović.
Die Liste vom Tankomaten hatte er innerhalb von zwei Minuten durchgeblättert. Nachträglich festzustellen, wer mit x-Hundertkronenscheinen oder kleineren Scheinen getankt hatte, war kaum möglich.
Die Anzahl der Barzahlungen war groß. Jönsson fuhr mit dem Finger die Liste entlang. Seine Augen folgten der Spalte
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