Der Wettermacher
zurückzukehren, als der Dämon floh. Das sind die, deren Geist verlorenging. Das Eis ist Yarolfs Magie. Es soll sie jung und am Leben erhalten, denn Körper sind die wichtigste Waffe des Lebens.«
Khars beugte sich plötzlich hinab und betrachtete ein Mädchen. Ihr gelbes Haar war zu Zöpfen geflochten, ihr Gesicht rund, die vollen Lippen breit, wie jene der Mädchen in Dandamar. In all ihrer Entrücktheit war sie wunderschön.
Khars war plötzlich wie verwandelt. Das war der Körper, den Illana besitzen sollte. Er versank in den Anblick, hielt stumme Zwiesprache mit der Geliebten in seinem Geist.
»Zum erstenmal spüre ich diesen Orwain«, murmelte Urgat. »Er muß so tief in mir gewesen sein… Er ist… Imrrir! Er tobt! Er ist wahrhaftig… nicht… bei… Sinnen… Imrrir!« Sein Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung und Entsetzen. »Reißt ihn mir heraus!« brüllte er.
»Yarolf hört«, sagte der Troll. »Die Kraft ist hier. Wer gehen will, soll jetzt gehen.«
Urgat zuckte und stöhnte. Er taumelte und griff nach Nottrs Schulter.
»Ihr müßt ihn töten, wenn er lebt«, keuchte er. »Nimm Seelenwind und laß dieses Ungeheuer nicht leben…«
Eine der eisigen Gestalten bewegte plötzlich die Augen. Mon’Kavaer sah es als erster. Er selbst zögerte noch, obwohl er die Kraft spürte und alles ihn drängte, auszubrechen aus Lirrys Geist. Aber er zögerte, wie damals im Schatten der Schlange, als die Geister ihre Körper selbst formten – und wieder verloren. Er mißtraute der Finsternis. Er mißtraute der Magie des Wettermachers.
Das Eis barst, und ein Mann versuchte sich aufzurichten. Sein Gesicht, noch halb vom Eis bedeckt, war eine wilde Fratze.
Urgat griff nach seiner Axt. »Er ist von der Finsternis gezeichnet…!«
Aber bevor er sich auf ihn stürzen konnte, sank die halb aufgerichtete Gestalt zusammen. Die Haut brach auf, dort wo sie das Eis nicht mehr bedeckte.
Es war, als ob der Körper mit dem Eis schmolz. Er wurde grau und schwarz, und ein Gestank von Fäulnis breitete sich im Gewölbe aus. Der Tod holte sich nun, was Yarolf ihm mit seinem Eiszauber Verwehrt hatte.
Die Lebenden beobachteten es starr vor Grauen, die Eisgestalten in starrer Hilflosigkeit.
Ein Schrei gellte durch das Gewölbe.
Er kam von Khars.
Khars sah, wie in dem auserwählten Körper die leeren Augen sich füllten mit der Schönheit Dianas, wie das Eis taute um das junge Gesicht; wie das Mädchen erwachte.
Und er sah im selben Augenblick, wie der andere Körper verfaulte und starb.
»Illana! Komm zurück!«
Khars warf sich auf den Körper, preßte ihn an sich, als wollte er die Geliebte herausreißen.
Aber es war zu spät.
Entsetzen flackerte in den Augen des Mädchens, dann starb sie auf dieselbe scheußliche Art.
Eine Weile stand Khars wie versteinert, und keiner wagte ein Wort.
Dann richtete er sich auf und brüllte Yarolfs Namen, zitternd vor Grimm, und bedachte ihn mit allem, was der lorvanische Wortschatz an Schmähungen weiß, bis Nottr und Urgat ihn mit Gewalt zum Schweigen brachten.
Es tut mir aus ganzer Seele leid. Meine Absicht war die beste, aber meine Magie war zu schwach.
Zum erstenmal vernahmen sie die Stimme des Wettermachers. Sie erklang wesenlos in ihren Gedanken.
Sie bestürmten ihn mit Fragen, doch es kamen keine Antworten mehr. Sie spürten seine Gegenwart eine Weile. Es war, als versuchte er in sie hineinzublicken. Es war ein schreckliches Gefühl. Die Lorvaner stolperten zurück und wandten sich zur Flucht.
Nein! Habt keine Furcht! Verzeiht einem Magier die Neugier. Ich kämpfe gegen die Finsternis wie ihr. Ich bin einer von euch. Auch wenn ich nicht mit euch ziehen kann… weil meine Magie mich hier in Bänden hält. Aber ist nicht in diesen Tagen überall der rechte Ort, gegen die Finsternis zu kämpfen? Ihr tut es auf eure Weise, ich auf meine. Es ist gut, daß ich in eure Geister gesehen habe. Wann immer ihr in mein Reich kommt, wird meine Magie euch schützen.
Noch eines will ich euch sagen, weil Ritter des Ordens unter euch sind, der seit den alten Tagen die Geheimnisse des Lichts zu ergründen sucht, um damit die Finsternis zu schlagen:
Die Finsternis ist unvernichtbar. Und die Herrschaft des Lichts wäre nicht weniger schrecklich, wenn es die Finsternis nicht gäbe, ihr Einhalt zu gebieten. Licht und Finsternis sind nicht wichtig.
Nur das Leben ist wichtig.
»Ist Licht nicht das Leben?« fragten Dilvoogs Gedanken.
Nein. Licht ist nur eine Kraft… ein Einfluß… ein
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