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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Erkennens,
eine Anziehung, einen Gleichklang, der allen Teilen eines gespaltenen Wesens zu eigen war. Verstand drängte zu Verstand, die Fragmente riefen nach dem Ganzen, eine beinahe telepathische Kraft teilte sich mit. Loomis, der das spürte, hob den Kopf und sah Crompton voll ins Gesicht.
    Crompton ging auf ihn zu. Loomis flüsterte der Blondine etwas zu, verließ den Spieltisch und traf mit Crompton in der Mitte des Saales zusammen.
    »Wer sind Sie?«, fragte Loomis.
    »Alistair Crompton. Ich habe den Originalkörper und – ist Ihnen klar, wovon ich spreche?«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Loomis. »Ich dachte mir schon, dass Sie einmal aufkreuzen würden. Hm.« Er betrachtete Crompton vom Scheitel bis zur Sohle und schien vom Resultat seiner Prüfung nicht sehr erbaut zu sein.
    »Na schön«, meinte er, »gehen wir in mein Appartement und sprechen uns aus. Man sollte solche Dinge immer sofort erledigen.«
    Er sah Crompton wieder mit unverhohlener Abneigung an und führte ihn zum Ausgang.
    Loomis’ Wohnung erwies sich als Offenbarung. Crompton wäre beinahe gestolpert, als er bis zu den Knöcheln in einem Orientteppich versank. Das Licht des Zimmers war gedämpft und von goldenem Schimmer, an den Wänden zuckten und waberten seltsame Schatten, nahmen menschliche Gestalt an, verschmolzen miteinander, verwandelten sich in Tiere, wuchsen ins Alptraumhafte und verschwanden in der Mosaikdecke. Crompton hatte wohl schon von »Schattengesängen« gehört, erlebte sie aber hier zum ersten Mal.
    »Ein apartes kleines Stück mit dem Titel ›Abstieg zum Kartherum‹«, erklärte Loomis, »wie gefällt es dir?«
    »Sehr … eindrucksvoll«, erwiderte Crompton. »Muss wohl furchtbar teuer gewesen sein.«

    »Allerdings«, sagte Loomis und wedelte lässig mit der Hand. »Ein Geschenk. Willst du dich nicht setzen?«
    Crompton ließ sich in einem tiefen Sessel nieder, der sich sofort seinen Konturen anpasste und sanft seinen Rücken zu massieren begann.
    »Etwas zu trinken?«, erkundigte sich Loomis.
    Crompton nickte stumm. Erst jetzt fiel ihm das Parfüm auf, eine komplizierte und schwer bestimmbare Mischung aus würzigen und süßlichen Gerüchen.
    »Dieser Geruch …«
    »Man muss sich erst daran gewöhnen«, gab Loomis zu. »Das ist eine Duftsonate, die als Begleitung zu diesem Schattengesang komponiert wurde. Aber ich kann sie gern abschalten.«
    Er tat es und stellte etwas anderes ein. Crompton hörte eine Melodie, deren Töne in seinem eigenen Kopf zu entstehen schienen.
    »Es heißt ›Déjà-vu‹«, sagte Loomis. »Direkte Aurikularübertragung. Hübsch, nicht wahr?«
    Crompton wusste, dass Loomis ihn beeindrucken wollte. Und er war ja auch beeindruckt. Während Loomis zwei Gläser füllte, sah sich Crompton in dem Zimmer um, betrachtete die Skulpturen, Vorhänge, Möbel und technischen Einrichtungen; sein Angestelltengehirn überschlug die Kosten, addierte Transportkosten und Steuern, errechnete das Resultat.
    Mit Bestürzung erkannte er, dass Loomis allein in diesem Zimmer hier Werte besaß, die Crompton auch in dreieinhalb Lebzeiten sich niemals hätte leisten können.
    Loomis reichte Crompton ein Glas. »Das ist Met«, erklärte er. »Sehr beliebt in dieser Saison. Sag mir, was du davon hältst.«
    Crompton nippte an seinem Honigwein. »Wunderbar«, erwiderte er. »Kostet sicher einiges.«

    »Gewiss, aber das Beste ist schließlich gerade gut genug, findest du nicht?«
    Crompton schwieg. Er sah Loomis scharf an und erkannte die Anzeichen eines verfallenden Durierkörpers. Sorgfältig prüfte er das klare, gut gezeichnete Gesicht, die Marsbräune, das glatte braune Haar, die lässige Eleganz der Kleidung, die Fältchen in den Augenwinkeln, die eingesunkenen Wangen mit Spuren von kosmetischer Nachhilfe. Er beobachtete Loomis’ selbstgefälliges Lächeln, den hochmütigen Zug um die Lippen, die nervös über ein Stück Brokat streichenden Hände.
    In ihm zeigte sich die Verkörperung des sinnlichen Menschen, ein Mann, der nur dem Vergnügen, nur dem Müßiggang lebte. Crompton erkannte, dass ihm das Sinnbild des sanguinischen Temperaments des Feuers gegenübersaß, verursacht durch ein Übermaß an heißem Blut, das einen Menschen dazu trieb, seine Befriedigung ausschließlich in fleischlichen Genüssen zu suchen. Loomis war, gleich Crompton, ein monolithisches, bleistiftdünnes Wesen mit völlig eindeutigen Begierden und allzu offensichtlichen Ängsten.
    In Loomis hatten sich alle Genussmöglichkeiten

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