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Der widerspenstige Planet

Der widerspenstige Planet

Titel: Der widerspenstige Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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auf den Weg machen und es selbst herausfinden.
    Er legte eine Patience und überdachte die Risiken. Sein jugendliches, schizoides Gehirn hatte eine deutliche Tendenz
zum Mord im Wahnsinn erkennen lassen. Würde eine Verschmelzung daran etwas ändern, vorausgesetzt, sie war überhaupt möglich? Hatte er das Recht, ein Wesen, das sich als Ungeheuer entpuppen konnte, auf die Menschheit loszulassen? Durfte er einen Schritt tun, der zum Irrsinn, ja in den Tod führen konnte?
    Crompton dachte bis spät in die Nacht darüber nach. Schließlich siegte die ihm angeborene Vorsicht. Er faltete den Zettel sorgfältig zusammen und legte ihn in eine Schublade. Sosehr er eine Vereinigung auch begehrte, die Gefahren waren einfach zu groß. Sein jetziges Dasein war dem Wahnsinn vorzuziehen.
    Am nächsten Tag verließ er das Zimmer und bewarb sich mit Erfolg als Büroangestellter bei einer alteingesessenen Firma.

    Sofort umschlossen ihn seine Gewohnheiten wieder wie Gefängnismauern. Wie zuvor traf er mit der unabwendbaren Pünktlichkeit eines Roboters Punkt neun Uhr morgens an seinem Arbeitsplatz ein, entfernte sich um fünf Uhr nachmittags, kehrte in sein möbliertes Zimmer zur appetitmordenden Reformnahrung zurück, legte drei Patiencen, löste ein Kreuzworträtsel und verfügte sich zur Nachtruhe in sein schmales Bett. Wieder besuchte er samstags abends das Kino, studierte sonntags Geometrie und einmal im Monat kaufte, las und vernichtete er ein Magazin zweifelhaften Inhalts.
    Der Ekel vor sich selbst wurde immer größer. Er begann Briefmarken zu sammeln, gab es wieder auf, trat einem Freundschaftsclub bei, lief bei der ersten Tanzveranstaltung davon, versuchte Schachspielen zu lernen, hielt nicht durch. Auf diese Art ließen sich seine Gefängnismauern nicht überwinden.
    Überall um sich herum konnte er die Widersprüchlichkeiten der Menschheit in ihrer ganzen Fülle und Vielfalt
beobachten. Das Festmahl des Lebens wurde vor seinen Augen aufgetischt und er durfte sich nicht daran laben. Die Vorstellung begann ihn zu verfolgen, dass er weitere zwanzig Jahre mit eintöniger, sinnloser Arbeit verbringen würde: dreißig, vierzig Jahre, ohne Hilfe, ohne Hoffnung, erlöst nur vom Tod.
    Er gab daher seine Stellung auf und hob wieder seine gesamten Ersparnisse ab. Diesmal erstand er eine Flugkarte zweiter Klasse zum Mars, wo er Edgar Loomis in Elderberg aufzusuchen gedachte.

    Ausgerüstet mit einem dicken Heft Kreuzworträtsel, begab sich Crompton zur festgesetzten Zeit zum Raumflughafen Ildewild, ertrug die mehrfache g-Belastung des Aufstiegs zur Raumstation drei, stieg in den Lockheed-Lackawanna-Pendler nach Exchange Point um, erwischte die Rakete zur Marsstation Eins, durchlief Zoll-, Einwanderungs- und Gesundheitsbehörden und ließ sich mit der Fährkapsel nach Port Newton hinunterbringen. Dort unterzog er sich der üblichen dreitägigen Akklimatisierung, erlernte den Gebrauch der »Magenlunge«, ließ sich mit stoischer Ruhe erneut impfen und nahm endlich ein für den ganzen Mars gültiges Reisevisum in Empfang. Dann bestieg er einen Rápido nach Elderberg, das in der Nähe des marsianischen Südpols lag.
    Der Rápido bewegte sich über die flachen, eintönigen Marsebenen, vorbei an kargem, grauem Buschwerk, das in der dünnen, kalten Luft um seine Existenz kämpfte, durch sumpfige Gebiete mattgrüner Tundren. Crompton widmete sich seinen Kreuzworträtseln. Als der Schaffner verkündete, dass sie jetzt den Grand Canal überquerten, hob er interessiert den Kopf. Man sah jedoch nichts als ein flaches, fast ausgetrocknetes Flussbett. Die Vegetation des schlammigen Grundes war von dunkelgrüner, beinahe
schwärzlicher Färbung. Crompton beugte sich wieder über seine Rätsel.
    Sie durchfuhren die Orangewüste und hielten an kleinen Bahnstationen, wo bärtige Siedler mit breitkrempigen Hüten in Jeeps auf ihre Vitaminkonzentrate und die Mikrofilmausgabe der Sunday Times warteten. Endlich erreichten sie die Außenbezirke Elderbergs.
    Die Stadt diente als Zentrale für die gesamten südpolaren Bergbau- und Landwirtschaftsunternehmen. Sie war gleichzeitig ein Kurort für Begüterte, die sich in den Verjüngungsbädern tummelten und schon den Reiz einer Fahrt dorthin auskosteten. Die Umgebung war bei einer durch Vulkantätigkeit hervorgerufenen Lufttemperatur von zwanzig Grad Celsius die wärmste Gegend auf dem Mars. Die Bewohner nannten sie gewöhnlich »die Tropen«.
    Crompton mietete sich in einem kleinen Motel ein und mischte sich

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