Der widerspenstige Planet
an seiner Zigarette. Dann sah er Crompton ins Gesicht und sagte: »Nein.«
»Aber deine Zukunft …«
»Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich über die Zukunft Sorgen machen«, meinte Loomis mit überheblichem Lächen. »Mir genügt es, in den Tag hinein zu leben und ihn voll auszukosten. Fünf Jahre – wer weiß denn schon, was in fünf Jahren sein wird! Fünf Jahre sind eine Ewigkeit. Irgendetwas wird sich schon ergeben.«
Crompton widerstand heldenhaft der Versuchung, Loomis an die Gurgel zu fahren. Natürlich lebte dieser Sinnenmensch nur in der ewigen Gegenwart, ohne einen einzigen Gedanken an eine ferne, ungewisse Zukunft zu verschwenden. Fünf Jahre waren für den stets im Jetzt verhafteten Loomis nicht übersehbar. Daran hätte er denken müssen.
Crompton zwang sich, ruhig zu bleiben. »Gar nichts wird sich ergeben«, sagte er. »In fünf Jahren – fünf kurzen Jahren – wirst du sterben.«
»Ich habe mir angewöhnt, nie über den jeweils nächsten Donnerstag hinaus zu denken«, erwiderte Loomis achselzuckend. »Pass auf, alter Junge. In drei oder vier Jahren melde ich mich bei dir, dann können wir noch einmal darüber reden.«
»Völlig sinnlos«, fuhr Crompton auf. »Du bist auf dem Mars, ich wohne wieder auf der Erde und unser drittes Ich
befindet sich auf der Venus. Wir kommen niemals rechtzeitig zusammen. Außerdem hast du dein Versprechen dann längst vergessen.«
»Wir werden sehen«, sagte Loomis und schaute auf die Uhr. »Wenn es dir nichts ausmacht – ich erwarte Besuch, der es zweifellos vorziehen würde …«
Crompton erhob sich. »Falls du es dir doch noch überlegen solltest, ich wohne im Blue Moon Motel. Ein, zwei Tage werde ich noch hier sein.«
»Amüsier dich gut«, sagte Loomis. »Auf jeden Fall musst du dir die Xanadu-Höhlen ansehen. Ein großartiger Anblick!«
Ein wenig verstört verließ Crompton Loomis’ Wohnung und kehrte in sein Motel zurück.
Am Abend saß er in einem Selbstbedienungsrestaurant und genehmigte sich einen Marsburger und ein Eisgetränk. An einem Zeitungsstand kaufte er ein Rätselheft. Er ging in sein Zimmer, löste drei Rätsel und legte sich zu Bett.
Tags darauf überlegte er, was er sonst noch in dieser Angelegenheit unternehmen konnte. Es schien keine Möglichkeit zu geben, Loomis zu einer anderen Entscheidung zu überreden. Sollte er zur Venus fliegen und Dan Stack, den dritten Teil seines Ichs suchen? Nein, das war überaus nutzlos. Selbst wenn Stack zu einer Verschmelzung bereit sein sollte, fehlte immer noch ein lebenswichtiges Drittel, Loomis, das entscheidende Genussprinzip. Zwei Drittel würden dringender nach Vervollständigung verlangen als eines; sie mussten den Mangel wesentlich stärker empfinden. Doch Loomis ließ sich ja nicht überzeugen.
Unter den gegebenen Umständen konnte er nur wieder zur Erde zurückkehren und sich in sein Schicksal fügen, so gut es eben ging. Immerhin lag auch in harter, alltäglicher Pflichterfüllung eine gewisse Befriedigung und in Beständigkeit, Umsicht und Verlässlichkeit ein gewisses
Vergnügen. Man durfte die einfachen Tugenden nicht geringachten.
Aber es fiel ihm schwer, sich von der Richtigkeit seiner eigenen Argumente zu überzeugen. Schweren Herzens rief er den Bahnhof in Elderberg an und belegte einen Platz im Abend-Rápido nach Port Newton.
Als er eine Stunde vor Abfahrt des Rápido seinen Koffer packte, wurde plötzlich die Tür aufgerissen, Edgar Loomis kam herein, sah sich schnell um, schloss die Tür hinter sich und sperrte sie ab.
»Ich habe es mir überlegt«, sagte er. »Ich bin zur Reintegrierung bereit.«
Cromptons erste Regung der Freude wurde von Argwohn abgelöst. »Und warum hast du dich anders entschlossen?«, fragte er.
»Spielt denn das eine Rolle?«, meinte Loomis. »Können wir nicht …«
»Ich möchte den Grund wissen«, sagte Crompton hartnäckig.
»Na ja, es ist schwer zu erklären. Verstehst du, ich hatte eben …«
Jemand schlug polternd gegen die Tür. Loomis wurde unter seiner Orangetönung blass. »Bitte!«, flehte er.
»Erst die Erklärung«, forderte Crompton.
Auf Loomis’ Stirn bildeten sich kleine Schweißtröpfchen. »Wie eben so etwas passiert«, sprudelte es hervor. »Manchmal wissen Ehemänner diese kleinen Aufmerksamkeiten, die man ihren Frauen erweist, nicht zu schätzen. Sogar die reichen Leute sind gelegentlich recht spießbürgerlich. Ehemänner sind mein Berufsrisiko. Ein- bis zweimal im Jahr halte ich es daher für günstig, mich zu
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