Der Widerstand: Demi-Monde: Welt außer Kontrolle 2 (German Edition)
Schwestern bekannt war.
Vor allem hatte sie Casanova eingebläut, wie wichtig seine Mission sei und dass Lady IMmanuals erfolgreiche Verführung eine Frage der Staatssicherheit sei. Selbst er – dieser grenzenlose Dilettant – hatte den Ernst der Lage begriffen und verstanden, welche Konsequenzen sein Versagen nach sich ziehen könnte.
Als letzten Schliff dämpfte sie sämtliche Gaslampen im Schlafgemach. Jetzt, da nur noch das lodernde Feuer im Kamin den Raum richtig erleuchtete, herrschte eine seltsam dehnbare Atmosphäre, und überall tanzten schimmernde Schatten auf den Wänden und an der Decke.
Perfekt.
Die Glocke schlug sieben und kündigte Lady IMmanuals Ankunft an. Mit einem letzten »Möge ABBA Euch beistehen, gute Schwester Bella« versteckte sich Schwester Florence in dem Priesterloch hinter der Holzvertäfelung an der Wand und spähte durch das Guckloch. Während sie in der Dunkelheit wartete, schickte sie ein stummes Gebet zu ABBA , mit dem sie Ihn/Sie bat, dass alles nach Plan verliefe und sie heute Nacht erfahren würden, ob Lady IMmanual Freund oder Feind war … ob sie der Messias war oder, wie Schwester Florence immer stärker befürchtete, das Tier.
Ein sicherer Unterschlupf der Checkya, Paris
Beria war mausetot, doch Zolotows Mission lebte weiter, und um sicherzustellen, dass er keine neuen Fehler machte, hatte Zolotow Aaliz Heydrichs Beseitigung bis ins letzte Detail geplant. Jetzt hatte er größte Mühe, sich selbst zu erkennen, als er in den Ankleidespiegel schaute. Er hatte den perlrosa Seidenanzug, den er die ganze Zeit getragen hatte, gegen eine passendere Arbeitskleidung eingetauscht, bestehend aus einer abgetragenen Tweedjacke und einer ausgefransten Kordhose. Dazu trug er einen alten, aber noch tauglichen Mantel, eine mottenzerfressene Pelz-Tschapka und ein Paar alte Stiefel mit abgelaufenen Sohlen.
Möglich, dass es der elegante weltmännische Zolotow gewesen war, der das Zimmer betreten hatte, jetzt aber verließ es der glühende Normalist, Revoluzzer und Chaot Pawel Pawlowitsch Dazarew.
Zolotow schob die Tür einen Spaltbreit auf und warf einen Blick in den Korridor. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Luft rein war, stahl er sich durch die Hintertür des konspirativen Hauses in die schwarze freudlose Kälte der Frühlingsnacht. In der Eiseskälte zog er die Schultern hoch und stapfte mit knirschenden Schritten über den festgefrorenen Schnee, der den Hof bedeckte – und das im Frühling. Es war so kalt, dass er beim Atmen eine Dampfwolke ausstieß. Seine Schultern verkrampften sich, und die Wunde darin pochte. Er klappte die Ohrenschützer der Pelz-Tschapka hinunter, vergrub das Gesicht tiefer im hochgezogenen Mantelkragen, steckte die Hände in die Manteltaschen und trottete über die menschenleere Avenue d’Eylau auf die Bar zu, wo er sich mit Aaliz Heydrich verabredet hatte.
Die Bar Papillon war klein und schäbig, und er fand sie widerwärtig. Doch als beliebter Treffpunkt der Normalisten war sie wie geschaffen für ein Rendezvous mit der jungen Heydrich. Wie geschaffen, ja, und trotzdem stank sie zum Himmel. Als er durch die Tür trat, schlug ihm ein derart übler Geruch nach Schweiß und abgestandener Lösung entgegen, dass er zurückweichen musste. Dieses Aroma kannte er nur allzu gut, es war der Gestank der Revolution.
Als er damit geliebäugelt hatte, in die Person des Pawel Pawlowitsch Dazarew zu schlüpfen, war ihm klar gewesen, dass es entscheidend wäre, Pawel den richtigen Geruch zu verleihen. Die Revoluzzer, die er kennengelernt hatte, während er sich in das Vertrauen der Normalisten einschlich, benutzten nur selten eine Badewanne, geschweige denn Eau de Cologne. Er war also genötigt, sie nachzuäffen … und das war ein durchaus passender Ausdruck. Und um dies zu bewerkstelligen, hatte er Pawels Garderobe eine geschlagene Woche in der Räucherkammer für Fleisch aufgehängt, damit sie dessen üblen Geruch aufnahm und jede Spur von Andrej Zolotow ausradiert wurde.
Doch jetzt, als er immer tiefer in die Spelunke drang, kam er zu dem Schluss, dass er bei seinen Vorbereitungen nicht so pingelig hätte sein müssen. Das olfaktorische Aroma der Bar Papillon hätte den Geruchssinn der Normalisten ohnehin längst abgestumpft.
Pension des Amis, Paris
Odette hatte Norma nie so müde erlebt, so ausgelaugt. Doch das war kein Wunder, vermutete sie. Jeder wollte etwas von der jungen Frau, bat um einen Segen oder ein Dankgebet. Odette hatte versucht,
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