Der wilde Planet
Aubrey.
»Das hängt davon ab, in welcher Konzentration die Sonnensteine in der Ader vorkommen«, antwortete Gruber. »Der Teil, den Mr. Holloway freigelegt hat, weist eine ungewöhnlich hohe Dichte auf, aber für unser Modell sind wir sicherheitshalber von dem üblichen Wert ausgegangen, basierend auf den Daten, die in bisherigen Fällen ermittelt wurden.«
»Gut«, sagte Aubrey knapp. »Geben Sie mir eine Zahl.«
»Sie müsste irgendwo zwischen achthundert Milliarden und eins Komma zwei Billionen Credits liegen«, sagte Gruber.
Es dauerte einen Moment, bis den Leuten die Größe dieser Zahl bewusst geworden war. Jemand am Tisch stieß einen leisen Pfiff aus. Holloway war sich ziemlich sicher, dass er nicht von ihm selber kam.
»Eine Billion Credits«, sagte Aubrey schließlich.
»Ja«, bestätigte Gruber. »Vorausgesetzt, wir sind in der Lage, die gesamte Ader abzubauen.«
Aubrey schnaufte. »Mann! Dieses Ding ist mehr wert als die gesamten Einkünfte der Firma in den vergangenen sechzig Jahren. Glauben Sie wirklich, wir könnten nicht in der Lage sein, das ganze Ding abzubauen?«
»Nein, Sir«, sagte Gruber. »Aber es gibt da einige praktische und ökologische Probleme … «
»Die wir auf die eine oder andere Weise lösen werden«, fiel Aubrey ihm ins Wort.
»Ja, Sir«, sagte Gruber. »Trotzdem werden wir vor einigen Herausforderungen stehen, vor allem, wenn wir im tiefer liegenden Dschungel Zugang zur Ader erhalten wollen. Dabei geht es um die Vorschriften der Kolonialverwaltung hinsichtlich Bergbau und Entwaldung.«
»Die Vorschriften der Kolonialverwaltung sind nicht in Stein gemeißelt«, gab Aubrey zu bedenken.
»Nein, Sir«, sagte Gruber. »Aber Ihr Vater hat die Anweisung gegeben, sich daran zu halten.«
»Natürlich.« Aubrey sagte es im gleichen Tonfall, mit dem er zuvor seinen Wunsch nach lang anhaltender Gesundheit seines Vaters zum Ausdruck gebracht hatte.
Holloway blickte sich am Tisch um, ob irgendwer mit sichtlicher Besorgnis auf diesen Punkt reagierte. Die Gesichter der Führungsriege von ZaraCorp waren betont ausdruckslos. Holloway musste unwillkürlich schmunzeln.
Aubrey blickte in die Runde. »Meine Herren, ich möchte eins klarstellen. Diese Sonnensteinader könnte der Zarathustra Corporation von gewaltigem Nutzen sein. Ich muss Sie nicht daran erinnern, dass die Vorrangstellung unserer Firma auf dem Gebiet der Rohstoffgewinnung gefährdet ist, sowohl durch verschärfte Vorschriften der Kolonialverwaltung als auch durch konkurrierende Unternehmen, allen voran BlueSky, die im vergangenen Jahr zum ersten Mal in der Geschichte einen höheren Gewinn erzielten als wir. Wenn dieses Vorkommen an Sonnensteinen vollständig ausgebeutet werden kann, würde ZaraCorp auf Jahrzehnte der unangefochtene Marktführer sein. Auf Jahrzehnte! Also werden wir es vollständig ausbeuten.«
Aubrey machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen. »Aus diesem Grund, meine Herren, hat der Abbau dieser Ader für Ihre planetare Niederlassung nun die allerhöchste Priorität. Überprüfen Sie die Organisation der Firma, und setzen Sie unverzüglich so viele Ressourcen wie möglich für diese Aufgabe ein. Erstellen Sie eine Planung, welche Ressourcen in naher Zukunft dafür freigestellt werden können. Ich habe entschieden, noch eine Weile auf dem Planeten zu bleiben, um den Beginn der Maßnahmen persönlich zu leiten. Wenn wir nicht in einem Monat begonnen haben, diese Ader abzubauen – und damit meine ich einen ernsthaften, gezielten Abbau – , werden Sie alle auf die Suche nach neuen Arbeitsplätzen gehen dürfen. Wobei ich mich persönlich darum bemühen werde, dass Sie nie wieder welche finden. Haben wir uns verstanden?«
Niemand sagte etwas. Wheaton Aubrey VII . hatte zwar keinen offiziellen Führungsposten innerhalb der Zarathustra Corporation, aber den hatte auch Wheaton Aubrey VI . nicht gehabt, bevor er Vorstandsvorsitzender und Firmenchef geworden war – genauso wie vor ihm sein Vater. Niemand zweifelte ernsthaft daran, dass Aubrey VII . der unmittelbare Thronfolger war. Niemand zweifelte daran, dass er sämtliche Mitglieder der Führungsriege und ihre Karrieren unter zehn Kilometer Scheiße begraben konnte.
»Gut«, sagte Aubrey. »Dann wollen wir uns an die Arbeit machen.« Er grinste und schlug mit der Faust auf den Tisch. » Das nenne ich gute Neuigkeiten!« Er blickte quer über den Tisch zu Holloway. »Jetzt bin ich wirklich froh, dass Sie Ihre Lizenz verloren haben,
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