Der will doch nur spielen: Roman (German Edition)
Wildfremden ihr Herz ausschütten wollte.
Aber bevor ich mich verkrümeln konnte, brach alles aus ihr heraus – dass ihre Mutter sie vom College genommen hatte, weil sie sich an der »Freundschaft« zwischen Janice und ihrer Mitbewohnerin störte, dass Sean versucht hatte, mit ihrer Mutter vernünftig darüber zu reden, worauf Mrs. Hertzog ihr jeglichen Kontakt zu dieser Freundin – Sarah − verbot und ihr (Sean) den PC wegnahm. Mrs. Hertzog hatte nämlich heimlich Seans E-Mails an Sarah gelesen und war so dahintergekommen, dass die beiden mehr verband als eine rein platonische Beziehung, um es mal so zu formulieren.
Der arme Mitch! Ich meine, er hat seine kleine Schwester sehr gern, und er war sehr rücksichtsvoll und lieb zu ihr. Er hat ihr sogar ein Spezialgetränk zubereitet − heiße Schokolade mit Mini-Marshmallows – und ihr angeboten, bei ihm zu übernachten.
Aber als er von Sean und Sarahs »verbotener Liebe« – ihre Worte, nicht meine − erfuhr, dachte ich, er würde jeden Moment aufspringen und die Flucht ergreifen. Ich meine, er hat – beziehungsweise hatte – tagtäglich Umgang mit Mördern und anderen Schwerverbrechern, aber die Aussicht, seiner kleinen Schwester in ihrer sexuellen Identitätskrise beizustehen, versetzte ihn in Panik. Er wirkte so hilflos, dass ich … Mir war klar, ich konnte nicht gehen. Ich meine, er BRAUCHTE mich, Jen. Er benötigte dringend meine Hilfe, um seine kleine lesbische Schwester zu trösten.
Also blieb ich sitzen und, wie Professor Wingblade uns gelehrt hat, hielt Seans Hand und hörte ihr aufmerksam zu, während sie die im Grunde normalen Sorgen einer Tochter schilderte, die ihre Familie mit ihrem Coming-out konfrontiert. Anschließend erklärte ich ihr, dass ihre Mutter sie immer noch lieben würde, aber dass sie Angst habe und unsicher sei und dass sie ihre Worte nicht so gemeint habe und dass Sean ihr ein paar Tage Zeit geben solle, um die Neuigkeit zu verdauen, und dass sie sich wahrscheinlich wieder beruhigen werde, um dann vernünftig darüber mit ihr zu reden.
Mitch machte die ganze Zeit ein belustigtes Gesicht, als würde er mir nicht glauben. Einmal hat er sogar leise gelacht, was ich nicht sehr hilfreich fand, wie ich ihm auch gesagt habe. Du weißt schon, als Sean gerade nicht richtig zuhörte, meinte Mitch, dass ich seine Mutter nicht kennen würde und dass Vernunft nicht gerade zu ihren Stärken zähle.
Aber das fällt mir schwer zu glauben. Ich meine, schließlich hat sie Mitch geboren, nicht? Und abgesehen von der Geschichte, die zu meiner Kündigung geführt hat, macht Mitch auf mich einen sehr vernünftigen Eindruck. Ich meine, nach dem ersten Schreck wurde er allmählich wieder lockerer mit Sean. Als ich mich verabschiedete – nachdem Sean sich endlich beruhigt hatte und nicht mehr weinte und sogar Scherze darüber machte, dass sie unser »Date« versaut hatte −, meinte Mitch, ich solle mir keine Sorgen wegen meiner Kündigung machen, die Sache habe bei ihm höchste Priorität, vor allem nachdem er mich »live erlebt« habe, wie er es ausdrückte.
Er meinte sogar, ich würde mein Talent vergeuden in der Personalabteilung und solle eine eigene Praxis aufmachen als Psychotherapeutin.
Was natürlich Wunschdenken ist. Eine eigene Praxis, meine ich. Außer ich hole meinen Master nach. Und wie soll ich mir ein Zweitstudium leisten, wenn ich nicht einmal einen Job habe?
Aber es war ein schönes Gefühl, jemandem helfen zu können, statt, du weißt schon, allen zur Last zu fallen, wie ich das schon seit – oh, keine Ahnung, es kommt mir vor wie eine Ewigkeit mache. Sean machte beinahe einen fröhlichen Eindruck, als ich mich verabschiedete.
Was ich von Mitch nicht gerade behaupten kann. Ich meine, er sah auch nicht so aus, als wollte er sich die Pulsadern aufschneiden oder so, aber fröhlich ist anders.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich von dem Abend mehr versprochen hat.
Äh … Ich mir aber auch. Zum Glück tauchte Sean auf, sonst hätte ich womöglich eine Riesendummheit begangen.
Ich vermisse dich. Und das Büro. Was gibt es Neues? Hat mal wieder jemand absichtlich einen Papierstau am Kopierer verursacht, damit der süße Typ anrückt, der das Ding immer repariert?
>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Von:
Jen Sadler
An:
Kate Mackenzie
Betreff:
BOA!!!
_____________________________________________________
Und alles, was ihr erbittet, werdet ihr
Weitere Kostenlose Bücher