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Der Wissenschaftswahn

Der Wissenschaftswahn

Titel: Der Wissenschaftswahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rupert Sheldrake
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Vorstellung des von der Zukunft her wirkenden Geistes überein (Kapitel 4 ).

Was die Skeptiker sagen
    Informierte Skeptiker bestreiten nicht, dass eine Menge an experimentellem Datenmaterial für die Existenz von Psi-Phänomenen spricht, aber sie wenden ein, dass kein Experiment perfekt und die Beweislage nicht einwandfrei ist: Für so weit abgelegene Behauptungen müssten einfach viel mehr Beweise beigebracht werden als in den anerkannten Wissenschaften. [473] Und so legen sie denn die Latte der Wissenschaftlichkeit gern so hoch, wie es ihnen gerade einfällt. Es gebe noch nicht genügend Beweise, sagen sie, und für manche Skeptiker wird das wohl nie der Fall sein. [474]
    Verfechter des Glaubens an den illusorischen Charakter von Psi-Phänomenen sind vor allem die Gesellschaften, zu denen sich die Skeptiker zusammenschließen. Hier geht es darum, alle Indizien, die gegen den skeptischen Glauben sprechen könnten, zu entlarven oder zu widerlegen. Am besten etabliert ist das 1976 gegründete CSI oder Committee for Skeptical Inquiry (vormals Committee for the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal, CSICOP ). Das Organ des CSI ,
The Skeptikal Inquirer
, erscheint in einer Auflage von 50 000 Exemplaren. Die Mitglieder skeptischer Organisationen sehen sich gern als einsame Kämpfer für Wissenschaft und Vernunft, gegen die Kräfte des Aberglaubens und der Leichtgläubigkeit, und sie verstehen ihre Entlarvungsbemühungen als Feldzüge gegen die heimtückischen Kräfte des Irrationalen. Ihre Gegner allerdings sehen sie eher als so etwas wie eine selbsternannte Bürgerwehr. [475]
    Diese gut organisierten und finanzierten Kampagnen der Skeptiker sind nicht nur von intellektueller Bedeutung, sondern haben auch ihre politischen und wirtschaftlichen Folgen. Sie halten das Tabu gegen alles »Paranormale« am Leben und sorgen auf diese Weise dafür, dass die meisten Universitäten dieses kontroverse Gebiet ganz und gar meiden, mag das öffentliche Interesse daran noch so groß sein. Sie gehen vor allem gegen Berichte von paranormalen Phänomenen in seriösen Medien vor. Wenn irgendwo etwas erscheint, was für das Vorhandensein paranormaler Phänomene zu sprechen scheint, attackieren sie entweder die Journalisten oder die Publikation, oder sie beharren darauf, dass ein Skeptiker Gelegenheit erhält, die Unwissenschaftlichkeit des vorgelegten Materials zu beweisen. [476]
    Ich habe viele Begegnungen mit Skeptikern gehabt und darüber an anderer Stelle detailliert berichtet. [477] In den meisten Fällen kannten sie die Daten nicht und wollten auch nichts davon wissen. Ich werde Ihnen drei Beispiele schildern.
    2004 nahm ich zusammen mit Lewis Wolpert an einer Diskussion über Telepathie bei der Royal Society of Arts in London teil. Wolpert war früher Professor für Biologie am University College in London und Vorsitzender des British Committee on the Public Understanding of Science. Seit Jahren hatten Journalisten immer wieder gern auf ihn zurückgegriffen, wenn es das Paranormale zu denunzieren galt, er war immer sehr gern bereit, skeptische Kommentare zu geben. Wir hatten jeder eine halbe Stunde Zeit, unsere Sicht der Dinge darzulegen. Wolpert sprach zuerst. Er sagte, Forschungen zur Telepathie seien von Hause aus »pathologische Wissenschaft«, doch nachdem er verkündet hatte, stichhaltiges Beweismaterial sei das A und O, brachte er keines bei. Er beschränkte sich darauf zu sagen: »Nichts, aber auch gar nichts spricht dafür, dass Gedanken von Mensch zu Tier, von Tier zu Mensch, von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Tier übertragen werden können.« Er nahm nur die Hälfte der ihm zustehenden Zeit in Anspruch.
    Ich fasste die aus Tausenden wissenschaftlichen Versuchen gewonnenen Anhaltspunkte für die Existenz der Telepathie zusammen und zeigte ein Video von neueren Experimenten. Wolpert saß auf dem Podium vor der Leinwand und blickte geradeaus. Er klopfte mit einem Bleistift auf den Tisch und seufzte mitunter genervt. Er drehte sich nicht um, er nahm keine Kenntnis von dem Beweismaterial, das er selbst gefordert hatte. In der Zeitschrift
Nature
erschien ein Bericht über diese Diskussion, in dem es hieß: »Nicht viele im Publikum schienen seine [Wolperts] Argumente überzeugend zu finden … Viele warfen ihm sogar vor, er ›kenne die Beweislage gar nicht‹ und sei ›unwissenschaftlich‹.« [478] Wenn Sie sich selbst ein Bild machen möchten, finden Sie die Diskussion als Audio-Stream online.

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