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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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und das abschließende Ite, missa est. Wir hörten, wie die Gläubigen die Kirche verließen.
    Der Priester kam mit flatternder Robe durch den Raum, in dem wir warteten. Er sah sich nicht um und gab auch durch kein Zeichen zu erkennen, daß er unsere Anwesenheit bemerkt hatte, obwohl er fast auf Zorchi trat, der gegen die Wand gelehnt dasaß. Einen Augenblick später trat ein anderer Mann in irgendeiner klerikalen Robe ein und nickte uns zu. »Wir gehen jetzt nach unten«, ordnete er an.
    Benedetto und ich nahmen Zorchi in die Mitte, er legte uns seine Arme um den Nacken, und wir hoben ihn hoch. Wir folgten dem Küster – oder was immer er sein mochte – zurück in die Kirche, bis vor den Altar -Benedetto fiel zusammen mit den anderen automatisch auf die Knie, wodurch ich Zorchi dadurch fast auf den Boden fallen ließ – und zu einer hinter einem Vorhang verborgenen Tür. Er schob den Vorhang beiseite, und ein kühler, moderiger Luftzug schlug uns aus der Dunkelheit entgegen.
    Der Küster zündete mit seinem Feuerzeug eine dünne Wachskerze an und führte uns gewundene und wacklige Stiegen hinunter. Es war niemand in der Kirche zurückgeblieben, der uns bemerken konnte. Und falls jemand hereinkommen sollte, so waren wir ganz einfach Touristen, die genau dasselbe taten, was schon unzählige Millionen in den Jahrhunderten vor ihnen getan hatten.
    Wir besuchten die Katakomben.
    Um uns herum befanden sich die Gebeine von Christen eines ganz anderen Roms. Rena hatte mir von den Katakomben erzählt, wie sie sich unter der modernen Stadt entlangzogen; die einzigen Eingänge, die es gab, waren die Kirchen, die man über ihnen errichtet hatte. Zweitausend Jahre lang waren sie fast unberührt geblieben. Ich fühlte mich tatsächlich ein bißchen wie ein Tourist, als wir hinunterstiegen, so neugierig hatte Rena mich auf sie gemacht.
    Aber ich war enttäuscht. Ich half, den vor sich hin schimpfenden Zorchi durch die engen, muffigen Gänge zu schleppen. Im flackernden Licht der Kerze streiften die Knochen der Märtyrer unsere Ellbogen, und ich hatte das seltsame Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein. Was gewissermaßen auch zutraf: Ich war in den Gewölben der Klinik bei Anzio gewesen, die diesen Katakomben in vielerlei Hinsicht glichen …
    Bis hin zu den Gebeinen der Märtyrer.
    Ich war beinahe überrascht, daß es hier keine Plastiksäcke gab.
    Mehrere Minuten lang suchten wir unseren Weg durch das Gewirr der Gänge, wandten uns einmal hierhin und einmal dorthin. Ich hatte schon nach einer Minute vollständig die Orientierung verloren. Dann hielt der Küster vor einem flachen Stein an, auf dem, fast nicht mehr erkennbar, ein grob skizzierter Fisch abgebildet war. Er lehnte sich dagegen, und der Stein entpuppte sich als Tür. Wir folgten ihm hindurch in einen Tunnel mit hoher Decke und Metallwänden, der absolute Gegensatz zu den gewundenen Katakomben. Ich konnte langsam irgendwelche Geräusche vernehmen. Wir gingen durch eine weitere Tür, und helles Licht fiel in unsere Augen.
    Ich blinzelte und erkannte einen langen Raum, fünf bis sechs Meter breit, fast ebenso hoch und mindestens fünfzig Meter tief. Es schien sich um den Abschnitt eines gewaltigen Tunnels zu handeln, es schien so, und es war so. Benedetto und ich setzten den fluchenden Zorchi auf den Boden und blickten uns aufmerksam um. Es waren Leute im Tunnel, Dutzende, und es gab Tische und Stühle und Aktenschränke. Es sah aus wie irgendeine beliebige Zweigstelle der Gesellschaft; Vervielfältiger surrten, und Schreibmaschinen klapperten.
    Der Küster löschte die Kerze und legte sie auf den Boden, als Leute auf uns zukamen.
    »Jetzt seid ihr also in unserem Hauptquartier in Rom«, sagte der Mann, der wie ein Küster angezogen war. »Es ist schön, dich wiederzusehen, Benedetto.«
    »Und es ist noch viel schöner, dich zu sehen, Slovetski«, antwortete der alte Mann mit warmer Stimme.
     
    Dieser Mann, Slovetski – ich weiß nicht genau, wie ich ihn beschreiben soll.
    Er war, wie ich herausfand, der Führer der »Freunde«, der Herrscher dieses unterirdischen Hauptquartiers. Aber er war weit von dem Bild entfernt, das ich mir von einem bärtigen Agitator gemacht hatte. In seinen Augen lag manchmal etwas Helles und Furchteinflößendes, aber seine Stimme war warm und tief, sein Verhalten vertrauenerweckend und sein Gesicht freundlich. Und dennoch … da war dieses katzenhafte Funkeln in seinen Augen.
    Slovetski opferte mir an jenem ersten Tag unserer

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