Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
Vom Netzwerk:
umsonst waren, Thomas. Ich fürchte, Sie haben nicht das Zeug für einen Spion.«
    Es kostete mich alle Kraft, aber es gelang mir zurückzulächeln. »Auf welcher Seite, Defoe? Wie viele Spione wissen, daß Sie Millen Carmody in Abteilung …«
    Das hatte gesessen. Aber mir blieb keine Zeit, mich daran zu erfreuen. Er machte eine knappe, schnelle Geste, und die Expedienten setzten sich in Bewegung. Und diesmal schlugen sie mich wirklich böse zusammen.
    Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem anderen Raum. Zorchi und Rena waren auch da, Defoe allerdings nicht. Es war das Präparationszimmer, voll von Instrumenten und medizinischem Gerät.
    Am anderen Ende des Zimmers flackerte und plärrte unbeachtet eine Fernüberwachungsanlage. Ich konnte einen flüchtigen Blick auf Männer, Frauen und Kinder werfen, die in langen, ordentlichen Reihen dastanden, sich ruhig durch die medizinischen Untersuchungen schlängelten und in der Klinik und ihren örtlichen Zweigstellen nach der Schlafdroge anstanden. Die Szenen waren alle aus Neapel; aber sie müssen sich – mit lokalen Abweichungen – auf dem gesamten Globus so abgespielt haben.
    Dr. Lawton erschien. »Entkleiden Sie sich!« kommandierte er kühl.
    Ich glaube, dies war der erniedrigendste Augenblick von allen. Es war natürlich eine medizinische Formalität. Ich wußte – und wer konnte es besser wissen? –, daß die Suspendierten in ihren Regalen nackt sein mußten. Aber die absolute Unpersönlichkeit der Prozedur war abscheulich. Widerwillig fing ich an, mich auszuziehen, und Rena tat dasselbe, schweigend und in sich zurückgezogen, während Zorchi zischend und spuckend wütende Drohungen hervorsprudelte. Mein ganzer Körper war eine Masse rötlichen, geschundenen Fleisches; in wenigen Stunden würde sich das Rot, dort, wo die Expedienten mich mit ihren Gummiknüppeln besonders liebkost hatten, in Lila und Schwarz verwandeln.
    Oder bekam ein Suspendierter keine blauen Flecken? Vielleicht nicht, aber das war ein schwacher Trost.
    Lawton sah selbstzufrieden aus. Er hatte zweifellos das Privileg für sich in Anspruch genommen, uns höchstpersönlich einzuschläfern. Das konnte ich ihm nicht einmal verübeln, ich hätte ihm mit größter Freude denselben Dienst erwiesen.
    Nun, ich wollte zu Millen Carmody, und Defoe entsprach meinem Wunsch. Vielleicht würden wir in Abteilung einhundert sogar in Nachbarregalen liegen. Nach dem, was ich Defoe gesagt hatte, sollten uns diese besonders reservierten Plätze eigentlich zustehen.
    Lawton tauchte mit der Hochdruckspritze auf, und ein, zwei Expedienten ergriffen meinen Arm. »Ich möchte Ihnen noch einen Gedanken mit auf den Weg geben, vielleicht wird er Ihnen etwas Trost spenden.« Sein Grinsen sagte mir, daß das mit Sicherheit nicht der Fall sein würde. »Nur Defoe und ich können Abteilung einhundert öffnen«, erinnerte er mich, »und ich glaube nicht, daß einer von uns beiden das tun wird Ich vermute, daß Sie lange Zeit dort bleiben werden.« Er ließ probehalber einen schwachen Nebel aus der Spritze schießen und nickte befriedigt. Dann fuhr er fort: »Die Suspendierung hat eine ziemlich lange Wirkung – mindestens mehrere hundert Jahre. Aber es ist nicht für die Ewigkeit. Mit der Zeit fangen die Enzyme des Körpers selbst an, diesen zu zersetzen.«
    Gedankenvoll schob er die Lippen vor. »Ich weiß nicht, ob das schlafende Gehirn Schmerz spürt oder nicht. Aber Sie werden es wissen, Wills. Falls es dazu in der Lage ist, werden Sie’s erfahren, Sie werden erfahren, wie es ist, sich in seinen eigenen Säften aufzulösen …«
    »Gute Nacht«, hauchte er lächelnd und beugte sich über meinen Arm.
    Die Injektion aus der Spritze fühlte sich kalt an, schmerzte aber kein bißchen. Es war, als ob ich mit Eis berührt worden sei und das Gefühl blieb und breitete sich aus.
    Kaum noch bei Bewußtsein, nahm ich wahr, daß ich auf einen der fahrbaren Tische gelegt wurde, und erkannte dann gerade noch, daß man Rena auf einen der gegenüberliegenden legte.
    Das Licht wurde gelb, flackerte und ging aus.
    Ich glaubte, Renas Stimme zu hören …
    Dann hörte ich nichts mehr, sah nichts mehr und fühlte nichts mehr, mal abgesehen von der durchdringenden Kälte.
    Und dann war auch die Kälte nicht mehr da.

17
     
    Meine Nerven vibrierten wie unter Tausenden von brennenden Nadeln. Mir war kalt … so kalt wie nie zuvor. Und darüber erklang verschwommen die drängende Stimme von Luigi Zorchi.
    »Wiehls!

Weitere Kostenlose Bücher