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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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über den Bürgersteig. Dann kehrte er leise murmelnd zu seinem Wagen zurück.
    »Da steckt man harte Arbeit rein, und dann passiert etwas Unvorhergesehenes und versaut einem das Konzept.«
    Gleichzeitig tröstete er sich: Alles andere lief nach Plan. Trotzig beharrte er in seiner aufkeimenden Wut darauf, dass ab sofort nichts mehr schiefgehen würde. Laut deklamierte er: »Der beste Plan, ob Maus, ob Mann, geht oftmals ganz daneben.«
    Der Böse Wolf prustete. Flexibilität. Er musste ein paar Seiten über Flexibilität verfassen.
Sei immer auf Überraschungen eingestellt. Wie sehr die Dinge auch nach Wunsch verlaufen mögen, muss man stets auf plötzliche Wendungen gefasst sein.
    Als er zu seinem Wagen kam, sackte er hinters Lenkrad.
    »Es ist nur noch eine Sache von Tagen«, sagte er laut und deutlich. Er führte gerne Selbstgespräche, er mochte die Eindringlichkeit seiner Stimme. Als er den Gang einlegte, wendete er sich der Frage der Waffen und der Tatorte zu. Dabei huschte ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er sein Manuskript in zwei Teile gliedern sollte:
Die Jagd
und
Das Erlegen.
     
    Karen saß steif dem Bestattungsunternehmer gegenüber.
    »Das ist zwar eine ungewöhnliche Bitte«, sagte er stockend, »aber machbar.«
    Das Büro war angemessen düster, mit viel dunklem Holz und, dank halb geschlossener Jalousien, nur spärlichem Licht.
    Der Mann mit der gedrungenen Figur, den Wurstfingern und der Glatze vermittelte selbst in seinem makellosen schwarzen Anzug einen freundlichen, jovialen Eindruck. Ein fester Handschlag, ein offenes Lächeln und ein aufmunternder Tonfall, wenn es um den Tod geht, resümierte Karen. Sie war auf ein Klischee eingestellt gewesen, einen großen, spindeldürren Uriah Heep mit sonorer Stimme.
    »Im denkbar kleinsten Kreise«, sagte Karen. »Seit dem Unfall, bei dem sie Mann und Kind verlor, hatte Sarah leider fast jeden Kontakt zu anderen Menschen abgebrochen. Sie lebte sehr einsam und zurückgezogen. Doch natürlich könnte der eine oder andere Freund sich blicken lassen, um ihr die letzte Ehre zu erweisen. Vielleicht auch einige der Lehrer ihrer ehemaligen Schule oder ein Kollege ihres verstorbenen Mannes von der Feuerwehr.«
    »Ja, das leuchtet ein«, sagte der Bestattungsunternehmer. »Und wie steht es mit Angehörigen?«
    »So gut wie keine, fürchte ich. Sie war ein Einzelkind, ihre Eltern leben nicht mehr. Und die noch lebenden Cousins weigern sich offenbar, an ihren Tod zu glauben. Vielleicht ist es ihnen auch egal.«
    Karen vermied das Wort Selbstmord, so wie es zweifellos auch der Mann im schwarzen Anzug tun würde.
    »Wie bedauerlich«, sagte er, auch wenn das Gegenteil durchklang, da es die Abwicklung sehr erleichterte.
    »Ich hatte mir überlegt, es bei mir zu Hause auszurichten, wissen Sie«, fuhr Karen fort, »eine kleine, private Feier, um ein Zeichen unserer Zuneigung zu setzen, aber dann fand ich es doch zu formlos.«
    Sie wusste, dass auch er von dieser Idee nichts halten würde.
    »Nein, nein, in einer Kirche oder in einer unserer kleineren Räumlichkeiten ist es auf jeden Fall besser. Es wäre wahrlich nicht das erste Mal, dass Leute, deren Freundschaften scheinbar eingeschlafen waren, über die Zahl der Trauergäste nur staunen konnten.«
    Das heißt, sie hätten staunen können, wären sie nicht tot gewesen, dachte Karen. Sie nickte. »Wie wahr«, sagte sie. Und bei mir zu Hause spränge für dich nichts heraus. »Könnten Sie mir vielleicht die Räume zeigen, die Sie anzubieten haben?«
    »Selbstverständlich«, sagte der Mann mit einem Lächeln. »Ich hol am besten gleich meinen Terminkalender.«
    Er führte Karen einen schmalen Flur mit dickem Teppichboden und vornehm cremefarbenen Wänden entlang. Vor einer Flügeltür mit einem Schild und der Aufschrift
Ewiger Frieden
blieb er stehen.
    »Kein Sarg?«
    »Nein«, sagte Karen. »Die Polizei hat ihre Leiche noch nicht geborgen – es ist fraglich, ob man sie je findet. Ich hatte eigentlich nur an Blumenarrangements rund um eine Fotomontage gedacht.«
    Er nickte. »Ja, das klingt sehr schön.«
    Hätte Karen gesagt, »Ich möchte selbst gedrehte pornographische Filme vorführen«, hätte der Mann vermutlich geantwortet: »Was für eine nette Idee.«
    Der Unternehmer hielt ihr die Tür auf.
    Es war ein kleiner Raum für etwa fünfzig Personen. Aus Lautsprechern, die in die Wände eingelassen waren, drang leise, traurige Orgelmusik. In den Ecken standen Blumenvasen – ein äußerst künstliches und

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