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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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genügen. Da hakt niemand nach.«
    Mit einem Lächeln hatte er sie informiert, an welcher Schule und welchem College der Mann gewesen war, bevor er zur Feuerwehr ging. In dem Zusammenhang fügte er hinzu, Sarahs Ehemann habe abends an der Volkshochschule Schreibkurse besucht. »Sag einfach, da hättet ihr euch kennengelernt. Ein gemeinsames Hobby, bis er den tragischen Unfall hatte.«
    Sie hatte jede Instruktion bis ins letzte Detail befolgt und ihre Sache, wie sie glaubte, besser gemacht, als er sich hätte erträumen können.
    Sie beglückwünschte sich zu ihrer kleinen Vorstellung.
Du hättest Schauspielerin werden sollen. Du gehörst auf die Bühne. Das hier war dein erster Auftritt, und du hast dich großartig geschlagen.
    Einen Moment lang fühlte es sich fast so an, als schreibe sie ein eigenes Kapitel, das Wort für Wort in sein Buch eingehen würde. Ein Wonneschauer lief ihr über den Rücken.
    Sie konnte kaum still sitzen, als sie sich über ihre Notizen beugte, sich noch einmal sämtliche Einzelheiten ins Gedächntis rief und jedes zusätzliche Detail, das ihr in den Sinn kam, an der passenden Stelle einfügte, da sie wusste, dass selbst eine noch so kleine Beobachtung genau das Puzzleteil sein konnte, das die ganze Szene, letztlich das Kapitel und am Ende gar das ganze Buch zusammenhielt.
    Als sie aufblickte, war es dunkel; ein Scheinwerferpaar schwenkte in die Einfahrt. Beflügelt stand sie auf.
    Mrs. Böser Wolf ging zur Tür, um ihrem Mann zu öffnen. Es war, als fielen die Jahre, die das Alter einläuteten, in diesem Moment von ihr ab.
    Sie fühlte sich nicht mehr als die scheue, kränkliche, von Ängsten geplagte Frau, dazu bestimmt, ihrem Mann still und unauffällig den Rücken zu stärken. Sie war immer noch mit derselben glühenden Leidenschaft erfüllt wie in den Nächten nach ihrer ersten Begegnung. Sie war Mata Hari. Eine Femme fatale.
     
    Jetzt, da sie etwas wussten, bekamen sie es umso mehr mit der Angst zu tun, da es ihnen vor Augen führte, wie lückenhaft ihr Wissen tatsächlich war.
    Die drei Roten lieferten sich einen lautstarken Schlagabtausch.
    »Sie hat nicht den geringsten Grund, da zu sein«, sagte Jordan mit Nachdruck. »Sie hat etwas mit der Sache zu tun.«
    »Das können wir nicht mit Sicherheit sagen«, antwortete Karen ebenso heftig. »Jordan, verdammt! Wir können es uns nicht leisten, voreilige Schlüsse zu ziehen, schließlich könnten wir uns irren.«
    »Du hast von den drei Schenkeln eines Dreiecks gesprochen. Die bräuchten wir, um zu verstehen, wer der Böse Wolf ist. Aber ich sehe nur zwei«, mischte sich Sarah in den Streit ein. »Ich habe keinen Schimmer, wer diese Frau ist und wieso sie zu meiner Trauerfeier gekommen ist. Also, wo bleibt der dritte Schenkel?«
    »Die Tatsache, dass wir wissen, wer sie ist, und du nicht, das ist der dritte Schenkel«, schnaubte Jordan.
    »Du redest Unsinn«, erwiderte Karen.
    »Vielleicht kannst du mir dann folgende Frage beantworten: Ergibt es irgendeinen logischen Sinn, drei Fremde zu verfolgen und zu töten, die rein zufällig rote Haare haben, nur weil du so eine beschissene Märchenobsession hast? Mal im Ernst?«
    »Muss es wohl. Irgendwie. In irgendeiner Hinsicht. Ja.«
    »Na toll. Soll das vielleicht heißen, wir sind diesem Scheißwolf keinen Deut näher gekommen und wissen folglich auch genauso wenig wie bisher, was wir machen sollen, nur weil wir uns nicht sicher sind? Wirklich toll. Ich meine, ich bin begeistert.«
    Jordan lief im Zimmer hin und her und fuchtelte frustriert mit den Händen. Sie wusste nur eins: Sie musste etwas unternehmen. Irgendetwas. Der Gedanke, tatenlos auf den Tod zu warten, brachte sie um – ihr wurde nicht einmal die Ironie der Formulierung bewusst. Sie wusste, dass sie sich von ihren Gefühlen beherrschen ließ. Sie hielt das nur nicht mehr für einen Fehler.
    Sarah ließ sich in einen Sessel fallen und versuchte zu ergründen, weshalb eine Fremde zu ihrer Beerdigung kam und wieso sie darüber so aufgebracht war. Sie sagte sich, dass es auch andere geben musste, die nicht zu ihren früheren Freunden, Bekannten oder den Familien ehemaliger Schüler zählten. Zweifellos gab es Leute, die ihr eigenes armseliges Leben damit füllten, alle möglichen Beerdigungen und Feierlichkeiten zu besuchen, von denen sie zufällig erfuhren, damit sie ein paar Krokodilstränen vergießen und sich glücklich schätzen konnten, weil für sie das letzte Stündlein noch nicht geschlagen hatte.
    Sie starrte auf das

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