Der Wolf aus den Highlands
Annora überzeugen will.«
Tormand lachte und machte sich auf den Weg, doch auf der Türschwelle blieb er stehen und wandte sich um.
»Ich weiß natürlich, dass du den einen oder anderen Zweifel gehegt hast, ob Meggie wirklich dein Kind ist …«, fing er vorsichtig zögernd an. »Da Mary MacKays Geliebte war, auch nach Eurer Hochzeit …«
»Meggie gehört mir. Dem Gesetz nach, dem Namen nach und deshalb, weil ich der Erste war, der sie in den ersten fünf Minuten ihres Lebens in den Armen gehalten hat. Es ist mir gleichgültig, wessen Samen sie erzeugte.«
»Das ist gut, aber ganz offenkundig war es deiner.«
Trotz seiner Versicherung und der Gewissheit, dass er Meggie lieben würde, egal, was passierte, machte James’ Herz einen freudigen Sprung. »Du sagst das mit einiger Bestimmtheit.«
»Na ja, ich war mir vorher auch schon recht sicher, trotz ihrer sehr hellen Haare – die übrigens einen Rotstich haben, wenn die Sonne darauf scheint – und dieser großen braunen Augen hat sie viel von dir: die Art, wie sie lächelt, und auch ihr Kinn. Aber der endgültige Beweis ist wohl, dass MacKay offenbar unfähig ist, ein Kind zu zeugen.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ganz sicher kann man sich vermutlich nie sein, es sei denn, jemand hat seine Männlichkeit komplett verloren, durch das Schwert eines wütenden Ehemanns zum Beispiel. Aber er hat nie ein Kind gezeugt.«
James runzelte die Stirn. »Ich dachte, ich hätte Gegenteiliges gehört.«
»Sehr wahrscheinlich wurde es von ihm oder Egan in Umlauf gesetzt. Nay, MacKay hat schon mit zwölf angefangen, mit Frauen ins Bett zu steigen, hat jedoch nie ein Kind gemacht. Auf der Schwelle vom Kind zum Mann hatte er einmal hohes Fieber und einen Ausschlag, vielleicht hat das seine Zeugungsfähigkeit zerstört. Die wenigen Kinder, die er zum Beweis seiner Manneskraft als seine ausgegeben hat, wurden von Egan gezeugt.«
»Das würde natürlich auch erklären, warum er so versessen darauf war, Meggie als sein Kind auszugeben; und wahrscheinlich erklärt es auch, warum er Annora unbedingt mit Egan verheiraten wollte.«
Tormand nickte.
»Er brauchte einen Erben für den Keep, den er gestohlen hatte. Aye, und mit einem Erben hätten der König und seine Berater auch die Möglichkeit gehabt, dafür zu sorgen, dass all die Leute, die ihre Finger in diesem bösen Spiel hatten, letztendlich etwas gewannen und sich einreden konnten, dass sie niemandem Unrecht getan oder verärgert hätten.«
»Wahrscheinlich war es dieses Wissen, das Egan vor MacKays Wutanfällen bewahrte, obwohl es dem Mann Macht über MacKay verlieh. Allerdings verstehe ich nicht, warum MacKay Egan nicht einfach umbrachte wie so viele andere, die eines seiner Geheimnisse aufgedeckt hatten. Für einen wie MacKay ist die Unfähigkeit, ein Kind zu zeugen, bestimmt sehr erniedrigend. Wie hast du das herausgefunden?«
»Ich habe es von einer Frau im Dorf, von der man sagt, dass sie seine Geliebte gewesen war, erfahren, bevor sie durch die Wut und Verachtung der Leute vertrieben wurde. Sie sagte, dass MacKay ihr eines Nachts erklärt habe, dass die Leute sich fragten, warum sie noch nicht schwanger sei, nachdem er sie schon so lange beschlief. Solche Fragen wollte er nicht zulassen. Er brachte sie deshalb dazu, so lange heimlich mit Egan ins Bett zu steigen, bis sie schwanger war. Dann machte MacKay die Leute glauben, das Kind sei von ihm. Der Frau machte er klar, dass sie das Kind als seines auszugeben hatte und Egan nie erwähnen dürfte, oder sie würde eines sehr qualvollen Todes sterben.«
»Lebt das Kind bei ihr?«
»Nay, das kleine Mädchen lebt bei einer guten Familie im Dorf, die mehrere Kinder verloren hat und die Kleine gerne wollte. Das war für alle Beteiligten das Beste, denn diese Frau ist und bleibt eine Hure. Sie machte kein Hehl daraus, dass sie am liebsten die Mätresse eines reichen Mannes ist und vorhat, einen zu finden, bevor sie ihre Schönheit verliert.«
James schüttelte den Kopf. »Der Mann hatte wahrhaftig viele Geheimnisse.«
»Aye, und er hat darauf geachtet, dass sie möglichst mit den Leuten begraben wurden, die sie kannten. Zwischen ihm und Egan muss es eine starke Verbindung gegeben haben, sonst wäre der Mann wahrscheinlich schon tot gewesen, bevor er geschlechtsreif war.«
»Vermutlich wird uns noch mehr zu Ohren kommen. Egan ist jetzt tot, das wird die Zungen lockern. Das alles kann mir nur helfen. Ich bin jetzt zwar für unschuldig befunden worden und das
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