Der Wolf
auffallend anders als ich es aus Nordamerika oder überhaupt gewöhnt war. Nachdem ich ihn getroffen hatte, wurden meine Vorstellungen und Gedanken viel leidenschaftlicher, meine Sicht auf das Thema Wolf wurden dringlicher
und ich wurde viel ungeduldiger etwas zu ändern.
Das letzte Mal sah ich Erik in Köln, in Deutschland 2002,
und nichts hatte sich verändert. Er erklärte einem großen
Publikum, dass er Bauer sei und dass er über den Wolf aus
dieser Perspektive sprechen wollte. Was er dann sagte, würde
ich sagen, war die bemerkenswerteste Sicht eines Bauern, die
ich je gehört hatte, und ich habe schon einige gehört. Seine
Hoffnung für Menschen und Wölfe in der Zukunft war grenzenlos. Seine Erdverbundenheit und seine Vertrautheit mit
den Wölfen bilden eine seltene Verbindung, die vielleicht
der Schlüssel dazu ist, wie sich beides in Zukunft miteinander vereinbaren lässt. Wir werden diese Lösung leider ohne
ihn, auf uns allein gestellt, finden müssen.
Aber wir können uns noch immer durch sein Vorbild und
seinen Glauben mitreißen lassen. Ich habe niemals erlebt,
dass Erik nicht mit voller Überzeugung gesprochen hätte.
Immer wenn wir miteinander geredet haben, habe ich seine
menschliche Wärme gespürt. Als ich ihn das letzte Mal
sah, plante er eine Reise in den Yellowstone Park. Für mich
ging ein Traum in Erfüllung : Ich würde Seite an Seite mit
ihm draußen Wölfe beobachten. Begeistert malte ich mir
die Möglichkeiten aus, etwas von seinem Wissen aufzusaugen, während sich vor unseren Augen die Wölfe tummeln.
Wie ein Kind konnte ich seine Ankunft kaum erwarten, so
aufgeregt war ich, diesem großen Wolfspapst, die Wölfe in
der Wildnis des Yellowstone Parks zu zeigen.
Dieser Ausflug wird nun nicht stattfinden, und vielleicht
gehört das zu den Dingen, an die ich mein ganzes Leben
denken werde. Was habe ich verpasst, was hätte ich wohl
gelernt, welche Einblicke hätten sich mir erschlossen, die
mir nun für immer verborgen bleiben ? Für den Rest meines
Lebens werden die Leidenschaft und die Gefühle, die Erik
mir als Erster vermittelt hat, in meinen Gedanken haften
bleiben. Wie er muss ich in meiner Hingabe für die Wölfe
im Yellowstone – die eng mit den Wölfen überhaupt verbunden ist – kompromisslos sein. Wie es aussieht, werde
ich nicht aufgeben können, denn der Kampf ist noch lange
nicht gewonnen. Ich werde mich oft fragen : Was hätte Erik
getan, was hätte Erik gedacht ? Ich kenne ihn und weiß
daher, dass er gütig und weise gehandelt hätte.
Douglas W. Smith
Yellowstone Wolf Project Leader,
Yellowstone National Park, USA
Der Wolf zieht weiter
Es sind 25 Jahre vergangen seit dem Ersterscheinen von
»Der Wolf«, 13 Jahre seit Erscheinen einer erweiterten Neuauflage. – Der Erfolg dieser Tiermonographie hat dazu geführt, dass ich mich bisweilen in der öffentlichen Wahrnehmung auf den Wolf reduziert fand: »Ach, der Wolf-Zimen
…«, oder, wenn es die Presse besonders gut mit mir meinte :
»… der mit den Wölfen heult.«
Sich darüber zu beklagen wäre eitel. Nein, ich freue
mich, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, dem Wolf
– nimmt man einmal alles in allem – ein besseres Image in
der Öffentlichkeit zuzuschreiben und »zuzufilmen«. – Es
sind ein paar ungewöhnliche Dinge geschehen, nicht gänzlich unerwartet, aber dennoch überraschend. Allen voran
ein Comeback-Versuch : der Vormarsch der Wölfe über die
Oder nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
und die (mittlerweile) relativ freundliche Aufnahme eines
über die Jahrhunderte Verfemten. Und viele Jäger scheinen
ihre atavistische Todfeindschaft zum »Bösen schlechthin«
derzeit auf sich beruhen zu lassen. Das hatte lange ganz
anders ausgesehen.
Ich habe in den vergangenen Jahren weitere, intensive
Erfahrungen mit Wölfen machen dürfen, Erfahrungen, die
das »alte Buch« nicht unaktuell, aber ein paar ergänzende
Zeilen wünschenswert erscheinen lassen.
Wir – meine Frau Mona, der Kosmos-Verlag und ich –
haben uns entschlossen, ein paar Bemerkungen kompakt
dem ansonsten unveränderten Buch voranzustellen, auch
auf die Gefahr hin, dass der Leser in diesem Vorspann
einen Faden aufnimmt und wieder aus der Hand legt, der
ihm dann später im Buch erneut begegnet. Dieses Vorgehen, also dem Buch einen kompakten Text voranzustellen,
schien uns angemessener als die Alternative : den Duktus
des Wolf-Buches durch neue Einschiebsel zu brechen.
In diesem Sinne : Pirschen Sie sich an,
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