Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
Ragmarket. »Irgendwas ist an dir«, flüsterte er, den Blick fest auf Dancer geheftet. »Etwas … Verborgenes. Etwas Gefährliches. Etwas, das niemand sehen soll. Sind wir uns schon einmal begegnet?«
Dancer schüttelte den Kopf. »Ich bin erst zum zweiten Mal in Aediion.«
» Wir stellen dir die Fragen«, warf Han ein, der allmählich die Geduld verlor.
»Fragen?« Crows Blick wanderte zu Han. »Was für Fragen?«
»Du hast gesagt, du wärst Alger Waterlow, der letzte Magierkönig. Wenn das stimmt, dann sage mir, wo du dich heimlich mit Hanalea getroffen hast, bevor ihr zusammen weggelaufen seid.«
»Das geht dich nichts an«, erwiderte Crow und presste die Lippen so fest zusammen, als wollte er sie nie wieder öffnen.
»Wenn wir uns zusammentun wollen, geht es mich sehr wohl etwas an«, stellte Han klar.
»Schick den Kupferkopf weg«, forderte Crow. »Ich habe nämlich nicht den geringsten Wunsch, mich mit ihm zusammenzutun. Dann werden wir reden.«
Han schüttelte den Kopf. »Ich brauche ihn als Zeugen. Ansonsten verschwinden wir beide wieder.« Drohgebärden, wie er sie auf der Straße gelernt hatte. Er durfte nicht zulassen, dass Crow wusste, wie verzweifelt er seine Hilfe benötigte.
Crow zog ein finsteres Gesicht und gab nach. »Also schön. Hanalea und ich haben uns im Glashaus von Fellsmarch Castle getroffen. Es gab einen Geheimgang von ihren Gemächern aus.«
»Im Glashaus?«, fragte Han unsicher. Lucius hatte von einem Wintergarten gesprochen.
»Der Wintergarten«, sagte Crow ungeduldig und wedelte mit der Hand. »Ein gläserner Garten, das Gleiche wie ein Glashaus.«
Han musste sich alle Mühe geben, sein ausdrucksloses Straßengesicht beizubehalten, während sein Magen sich zusammenzog. War es möglich, dass Crow tatsächlich die Wahrheit sagte?
»Also schön«, erwiderte Han. »Klingt glaubhaft. Und was hast du Hanalea zur Verlobung geschenkt?«
Jetzt kniff Crow die Augen zusammen. »Wer hat dir davon erzählt?«, wollte er wissen. »Woher kommt das alles?«
Han zögerte einen Moment. »Erinnerst du dich an Lucius Frowsley?«
Crow schien mit dem Namen nichts anfangen zu können. »Frowsley?« Er schüttelte den Kopf. »Ich wüsste nicht, dass ich jemanden …« Er sah auf. »Sprichst du von Lucas?«, fragte er. »Lucas Fraser? Er war mit mir in Mystwerk. Er war mein bester Freund. Aber das ist tausend Jahre her.«
Han runzelte die Stirn. Hatte Lucius seinen Namen geändert? »Vielleicht«, sagte er. »Es ist eine lange Geschichte, aber er ist noch am Leben. Ich habe diese Fragen von ihm. Und auch die Antworten.«
»Lucas«, flüsterte Crow mehr zu sich selbst. »Ist das wirklich möglich? Ich hatte … das alles … fast vergessen. Er war so begierig darauf, ewig zu leben, aber ich hatte keine Ahnung, ob …«
»Beantworte einfach nur die Frage, ja?«, sagte Han.
Crows Augen glänzten, als er ihn ansah. »Ich habe Hanalea einen Ring gegeben – mit Mondsteinen und Perlen und Saphiren. Und sie hat mir einen Goldring geschenkt, in dessen Innenseite ihr Name eingraviert war, um sie stets auf meiner Haut zu tragen.« Er lachte verbittert. »Die Bayars haben ihn mir weggenommen, zusammen mit allem anderen.«
»Dann ist es also wirklich wahr«, sagte Dancer. Seine Hand schloss sich reflexartig um sein Amulett. »Du bist der Dämonenkönig.«
Crow wandte sich Dancer zu. Dann stolperte er einen Schritt rückwärts, während ein Ausdruck der Erkenntnis über sein Gesicht glitt und ein Feuer in seinen Augen zu lodern begann.
»Wo wir von Dämonen sprechen«, sagte Crow mit tiefer, bedrohlicher Stimme. »Ich glaube, du hast das Gesicht eines Dämons.« Er machte einen Satz auf Dancer zu, um sich auf ihn zu stürzen – und dann prallte er auf den Rücken, als der Ebereschentalisman ihn zurückschlug.
»Du bist ein dreckiger Bayar!«, schrie Crow, nachdem er sich abgerollt hatte und wieder auf den Beinen war. Seine Erscheinung wogte und flatterte wie ein Banner im Wind. »Hast du etwa gedacht, ich würde dich nach all diesen Jahren nicht mehr erkennen? Hast du gedacht, ich würde den Gestank von Aerie House nicht wiedererkennen?« Seine Stimme zitterte, und sein Gesicht verzerrte sich vor Ekel.
Dancer stand einfach nur wie erstarrt da und schwieg.
»Ich habe dir gesagt , wie wichtig es ist, meine Existenz geheim zu halten, ganz besonders vor den Bayars«, wandte sich Crow an Han. Seine Stimme klang tief und wütend. »Jetzt hast du selbst diese geringe Chance, die du überhaupt nur
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