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0810 - Stirb in einer anderen Welt

0810 - Stirb in einer anderen Welt

Titel: 0810 - Stirb in einer anderen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa
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Stirb in einer anderen Welt
    Langsam schritt er den Korridor entlang, seinem »Zauberzimmer« entgegen. Je näher er diesem Raum kam, der ihm für magische Experimente diente, desto elastischer wurde sein Gang, desto mehr straffte sich sein Körper. Es war, als kehre bereits durch sein Wollen Kraft in ihn zurück. Durch seinen stählernen Willen, zu überleben und Macht zu gewinnen, durch seinen Entschluss, den anderen zu töten.
    Den anderen, der war wie er - und der es dennoch nicht war.
    Ein sentimentaler Narr, der immer wieder anderen eine Chance gab und es seltsamerweise dennoch geschafft hatte, bisher zu überleben. Dabei hätte er mit seiner eher weichen Einstellung längst tot sein müssen.
    Doch hatte er sich jetzt nicht geändert? Zeugte nicht seine Attacke, die Zamorra Lebenskraft entzog, davon, dass er härter, kompromissloser geworden war?
    Es war möglicherweise ein Fehler gewesen, in der anderen Welt die »Tafelrunde« zusammenzurufen und den einzelnen Teilnehmern vorzugaukeln, diese Runde sei bereits komplett. Unterstützt hatte ihn dabei absurderweise Merlin selbst, dieser senil gewordene alte Zauberer, der kaum noch wusste, was er eigentlich tat.
    Ein Fehler.
    Mitglieder der Tafelrunde waren beim Sturm auf die Hölle gestorben, und ihr Tod musste Zamorras Doppelgänger schwer getroffen haben. Das mochte seine Seele verhärtet haben.
    Und noch ein Fehler: Zamorra hatte nicht erreicht, was er erreichen wollte - Fürst der Finsternis zu werden! Im Gegenteil, nach der Flucht seines Doppelgängers und der anderen Überlebenden aus dem Arenakerker hatten ihn die Dämonen mit Schimpf und Schande davongejagt. Für lange Zeit würde er seine Ambitionen, Macht in der Hölle zu gewinnen, vergessen können.
    »Wie schafft der das immer, zu gewinnen?«, hatte sich Zamorra gefragt, aber darauf konnte ihm niemand eine Antwort geben.
    Und jetzt stellte sich ihm noch eine andere Frage. Wie schaffte der Doppelgänger es, ihm Kraft zu entziehen? Das war doch völlig unmöglich! Die zwei Welten waren voneinander getrennt, und es gab nur wenige Orte, an denen ein Übergang möglich war. Hinzu kam, dass der Doppelgänger auf schwarzmagische Schutzzauber stoßen musste, die seine Angriffe abwehrten.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Plötzlich taumelte Zamorra. Er versuchte noch, sich irgendwo festzuhalten, aber es gelang ihm nicht. Er stürzte der Länge nach auf den Boden, schlug mit dem Gesicht auf, weil er nicht in der Lage war, sich abzustützen.
    Es wurde dunkel. Aber ehe die Schwärze kam, sah er ein aufgeschlagenes Buch und eigenartige Schriftzeichen. Dann…

Anderswo, zu einer früheren Zeit
    ... wollte ein Albtraum kein Ende nehmen. Zamorra versuchte zu erwachen, um ihm zu entgehen, aber es gelang ihm einfach nicht. Immer wieder glitt er in den Traum zurück.
    BESIEGE DICH SELBST!
    Immer wieder dröhnte die Stimme auf ihn ein, immer und immer wieder, in kurzen Abständen. Ringsum war alles schwarz - und blieb alles schwarz, wohin Zamorra auch sah. Er versuchte davonzulaufen, der Stimme zu entgehen. Er wollte diesen Satz nicht mehr hören, der ihn wie Hammerschläge traf. Unter jeder Silbe zuckte er schmerzhaft zusammen.
    BESIEGE DICH SELBST!
    Er lief, er rannte. Er schlug Haken. Nichts half. Die Stimme blieb bei ihm. Die Schwärze auch. Er fand keinen Ausgang. Es gab überhaupt keine Gänge darin, keine Türen, keine Auswege. Es war ein geschlossenes Universum, in dem es nichts anderes gab als Zamorra und die Stimme.
    BESIEGE DICH SELBST!
    »Nein«, keuchte er. »Es muss doch aufhören! Es muss doch aufhören!«
    Aber es hörte nicht auf.
    Bis ein heftiger Schlag seine Brust traf und schwer auf ihm lastete.
    Da endlich war der Albtraum vorbei.
    ***
    Zamorra riss die Augen auf. Die Rollläden waren, wie meist, nicht geschlossen gewesen, und draußen war es längst hell, mithin auch im Schlafzimmer. Es war sehr spät geworden, bis sie beide Schlaf gefunden hatten, er und seine Gefährtin Nicole Duval. Sie lag noch neben ihm auf der breiten »Spielwiese«, wie sie das Bett nannte; das Laken war verrutscht und gab die volle Schönheit ihres Körpers dem Betrachter preis.
    Unwillkürlich lächelte der Mann, den man auch »Meister des Übersinnlichen« nannte; es war schön, neben Nicole aufzuwachen, ihre Nähe zu spüren, sie zu lieben und auch zu wissen, dass sie ihn liebte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es jemals anders sein könnte. Er wollte es sich auch nicht vorstellen… Allein der Gedanke war Horror.
    Sie

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