Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
mir ein bisschen Zeit«, sagte Byrne. »Ich werde Nachforschungen anstellen und Euch dann ein paar Namen nennen. Einige Offiziere sind Einheimische. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, den einen oder anderen guten Offizier aus der Wache in die Armee zu bringen.«
»Aber genau das haben wir nicht«, wandte Raisa ein. »Zeit. Es gibt so viel zu tun, und wir haben so wenig Zeit und kaum Geld.«
Und damit entließ sie alle. Als Han an den bei der Tür versammelten Blaujacken vorbeikam, drehte er sich noch einmal um und warf einen Blick auf Raisa. Sie stand mit gesenktem Kopf allein in ihrem Kabinettszimmer und drehte den Wolfsring an ihrem Finger.
Sie macht sich mehr Sorgen, als sie zugibt, dachte Han.
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
Das Spiel der Bewerber
G erard Montaigne war nicht der Einzige, der an einer Verbindung mit Raisa interessiert war. Als sich die Nachricht in den Sieben Reichen verbreitete, dass die vermisste Prinzessin wieder aufgetaucht war und zur Königin der Fells gekrönt werden würde, begann ein Strom von Geschenken einzutrudeln, sowohl von den zahlreichen Bewerbern innerhalb als auch außerhalb des Königinnenreichs. Es war ein zweifelhaftes Vergnügen. Raisa hoffte immer noch, eine Heirat so lange wie möglich hinausschieben zu können, aber andererseits waren ihre Schatztruhen fast leer, und sie wollte die Dornenrosen-Stiftung in Ragmarket und Southbridge gern weiter unterstützen.
Für alle anderen war eine unverheiratete Königin so etwas wie ein loses Ende, das so bald wie möglich abgeschnitten oder verknüpft werden musste.
Auch die Monarchen der übrigen Reiche schickten ihr Beileidsbezeugungen anlässlich des Todes ihrer Mutter und Glückwünsche zu ihrer bevorstehenden Krönung – gewürzt mit unverhüllten Heiratsangeboten. Einige schlugen ihre jüngeren Söhne vor, die einen Thron für sich suchten, während andere es gerne gesehen hätten, die Fells mit »Königreichen« zu verbinden, die so weit weg lagen wie Bruinswallow und We’enhaven.
Obwohl Raisa ana ’Marianna noch nicht gekrönt war und Gerüchte umgingen, dass sie sich einen Dieb als Liebhaber hielt und vermutlich beim Tod von Königin Marianna ihre Hand im Spiel hatte, erklärten sich die meisten Verehrer bereit, dies in Anbetracht der mineralreichen Besitztümer des Königinnenreiches großzügig zu übersehen. Die Königinnen des Nordens, so hatten sie gehört, waren sowieso alles Hexen.
Das Ausland schien dabei nur allzu bedacht darauf zu sein, einer jungen verwaisten Königin beim Regieren ihres Reiches zu helfen. Zu Hause dagegen war man einfach nur bestrebt, sie so schnell wie möglich zu verheiraten – zumindest, solange sie vorhatte, sich mit einem der jeweiligen Favoriten zu vermählen.
In diesem Überangebot an lokalen Verehrern tauchten auch die Klemath-Brüder wieder auf.
Der führende Bewerber aus den Highlands war Reid Nightwalker. Da er Averills Wache zugeteilt worden war, verbrachte er mehr Zeit in der Hauptstadt als je zuvor, soweit Raisa sich erinnern konnte. Der Demonai-Krieger unterstrich seine Werbung mit Geschenken wie Pelzen, Lederwaren und clangefertigtem Schmuck, Düften und Aromastoffen von den Märkten. Es war offensichtlich, dass er hoffte, in Averills Fußstapfen treten und eine Königin heiraten zu können.
Raisa und Nightwalker unternahmen hin und wieder lange Spaziergänge in den Gärten, während ihnen Grauwölfe in gebührendem Abstand folgten. Manchmal ritten sie auch in die Berge, die das Vale säumten, immer gefolgt von einer Eskorte. Nightwalker übte sich im Zuhören, während er selbst nicht viel sprach, und er drängte sie auch nicht wie in der Vergangenheit, ihm mehr als Küsse und Zärtlichkeiten zu gewähren.
Im Rahmen einer politischen Heirat könnte ich es durchaus schlechter treffen, dachte Raisa. Nightwalker war zweifellos fest mit den Interessen der Fells verbunden. Er würde nicht versuchen, die Fells zu der kleinen Provinz eines weit entfernten Reiches zu degradieren. Er würde ihre Bemühungen unterstützen, die Drynne zu reinigen und den Magierrat in Schach zu halten. Eine Heirat mit ihm würde die Bande zwischen den Clans und dem Grauwolf-Geschlecht stärken.
Und es würde den Bayars ganz recht geschehen, nach all den Ränken und dem intriganten Versuch, Micah mit ihr zu verheiraten.
Alles in allem schien ihr Nightwalker die sicherste Wahl zu sein – die gleiche, die ihre Mutter getroffen hatte. Was die persönliche Seite betraf, war der Altersunterschied
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