Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
vorsichtig man auch ist.«
»Du! Du musst gerade reden«, rief Raisa aufgebracht. Sie öffnete und schloss die Hände, als würde sie sie am liebsten irgendjemandem um den Hals legen. »Glaubst du, du hast dir hier irgendwelche Freunde gemacht?«
»Oh, mich haben sie schon vorher gehasst«, sagte Han mit einem Schulterzucken. »Versteht mich nicht falsch: Ich denke, dass es richtig war, bei der Armee anzufangen. Denn solange Ihr nicht die Kontrolle über sie habt, werdet Ihr in Gefahr sein. Das ist so ähnlich, als würde man eine Gang anführen, die sich demjenigen verschworen hat, der eigentlich nur der Ersatz ist. Man traut sich nicht, ihn zu entlassen, weil sich die Mitglieder sonst gegen einen selbst wenden könnten. Ihr wisst bereits, dass Klemath wie ein Dämon darum kämpfen wird, die Kontrolle über die Armee zu behalten. Wenn Klemath und Bayar sich zusammentun, habt Ihr nichts weiter als die Wache.« Er zuckte mit den Schultern und nickte in Byrnes Richtung. »Das soll keine Respektlosigkeit gegenüber Hauptmann Byrne sein, aber genau das hatte Königin Marianna auch, und sie ist tot.«
»Thorn Rose, du kannst unmöglich eine Heirat mit Gerard Montaigne in Erwägung ziehen«, sagte Averill und warf Han einen Blick zu, als wollte er ihn auffordern, den Mund zu halten. »Bitte – sag mir, dass du das nicht ernst meinst.«
»Solange ich so tue, als würde ich das Angebot von Montaigne bedenken, bleibt er im Süden – und es treibt einen Keil zwischen Klemath und Hakkam und Bayar«, erwiderte Raisa. »Der Rat der Adeligen wird sich auf die Seite meines Onkels stellen, besonders wenn Söldner die Kämpfe ausfechten und die Krone die Rechnungen bezahlt. Lord Hakkam wird zumindest genauso viel Energie für eine mögliche Verbindung mit meiner Kusine Melissa verschwenden wie für ernsthafte Verhandlungen bezüglich meiner eigenen Verlobung mit Montaigne.« Sie verdrehte die Augen. »Bis ich die Kontrolle über diese Leute habe, muss ich sie davon abhalten, sich gegen mich zu verbünden.«
»Habt Ihr deshalb gewollt, dass Lord Bayar den Brief laut vorliest?«, fragte Jemson. Erkenntnis trat jetzt auf sein Gesicht.
Raisa drehte den Ring an ihrem Finger und lächelte grimmig. »Klemath hatte ihn sicher bereits gelesen. Schwer zu sagen, wer noch. Das Ding ist so oft geöffnet und neu versiegelt worden, dass es an ein Wunder grenzt, dass der Brief überhaupt noch lesbar ist.«
Sie sah Han herausfordernd an. »Wolltest du was sagen?«
Unterschätz bloß niemals dieses Mädchen, ermahnte Han sich. Niemals. Manche Blaublütige werden schnell groß – so wie Streetlords.
Er räusperte sich. »Ich stimme zu, dass Ihr die Sache mit der Armee schnell vorantreiben müsst, so riskant sie auch sein mag. Sobald diese Aufgabe geschafft ist, serviert Ihr Klemath ab und setzt jemand anderen an seine Stelle, der Euch verbunden ist. Daher denke ich, dass es richtig war, was Ihr getan habt, auch wenn ich es vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt getan hätte.«
Raisa starrte ihn für einen Augenblick an, dann nickte sie rasch. »Ja. Gut. Also schön.«
»Ich habe nicht gewusst, dass du vorhattest, Hunts Alone für den Magierrat vorzuschlagen«, sagte Averill stirnrunzelnd. »Wann hast du diese Entscheidung getroffen?«
Han fragte sich, ob Raisa sich dazu äußern würde, dass er selbst verlangt hatte, in den Rat berufen zu werden.
Aber das tat sie nicht.
»Was hatte ich für eine Wahl?«, fragte Raisa, als wäre sie auch nicht gerade glücklich mit der Situation. »Fiona Bayar wollte ich auf keinen Fall hinschicken. Auf diese Weise kann Alister den Rat im Auge behalten.«
»In einem hatte General Klemath recht«, sagte Redner Jemson. »Dies sind gefährliche Zeiten.«
»Was vorbei ist, ist vorbei«, erwiderte Raisa barsch. »Ich erwarte, dass ihr drei dafür sorgt, dass Klemath unter Druck bleibt, was die Sache mit der Armee betrifft. Ich will innerhalb von drei Monaten echte Fortschritte sehen. Geht die Söldnerverträge durch und sucht nach denen, die zur Erneuerung anstehen. Ich werde die Anweisung herausgeben, dass keine neuen Verträge in Kraft treten können, wenn nicht alle vier Unterschriften darauf sind. Wenn ihr auf Widerstand stoßt, sagt mir Bescheid.« Sie seufzte und rieb sich die Augenlider mit den Fingerspitzen. »Es tut mir leid, dass ich euch in diese Situation gebracht habe«, sagte sie zwischen den Fingern hindurch. »Ich wünschte, ich hätte jemanden in der Armee, dem ich trauen könnte.«
»Gebt
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