Der Wolfsthron: Roman (German Edition)
nicht in meiner Gang haben.
»Hör zu«, schaltete sich Flinn ein. »Ich will dir was sagen. Wir waren alle bei Cat an dem Tag, als die Dämonen gekommen sind. Ich und Sarie und Flinn und Sweets, Jonas und Mac. Sarie und ich waren gerade im Hinterzimmer, und als wir gehört haben, wie sie mit viel Radau reingekommen sind, haben wir uns im Geheimversteck unterm Boden verkrochen.«
Flinn sah Han an. Seine dunklen Augen wirkten gehetzt. »Die Dämonen haben sie gefoltert. Sie haben sie immer wieder gefragt, wo du bist. Und wir haben da unten gelegen und gehört, wie die anderen geschrien und geschrien haben, bis sie gestorben sind, aber uns haben sie niemals verraten. Und wir haben nicht mal versucht, sie zu retten. Wir sind einfach weggelaufen. Und jetzt sehe ich jedes Mal, wenn ich die Augen zumache, Sweets vor mir, und ich höre seine Schreie. Deshalb sind wir wieder da. Wir konnten nicht davor weglaufen, wie weit wir auch gerannt sind.«
»Es ist nicht euer Fehler«, sagte Han. »Gegen Magier hättet ihr nicht das Geringste ausrichten können.«
»Vielleicht nicht«, erwiderte Flinn. »Aber Klingen sind schneller als Flüche. Du hättest es versucht. Und wir hätten es versuchen können . Und du kannst jetzt gegen Magier kämpfen, weil du selber einer bist. Wir wollen mitmachen. Wir können deine Klingen sein, deine Läufer, deine Augen.«
Han schwankte. Er brauchte tatsächlich Verbündete. Er brauchte tatsächlich Hilfe. Er hatte einen Auftrag für Cat, der sie erstmal von Dancer trennen würde. Er brauchte jemanden, der Informationen sammelte und ein Auge darauf hatte, was in Ragmarket vor sich ging.
Aber dann würde er wieder einmal Freunde in Gefahr bringen, um seine eigenen Ziele zu erreichen.
»Ich hab gehört, dass du für Prinzessin Raisa arbeitest«, sagte Sarie und wechselte die Strategie. »Cat sagt, dass diese Rebecca, die uns aus dem Wachhaus in Southbridge geholt hat, in Wirklichkeit Prinzessin Raisa war. Verkleidet. Ich vergess diejenigen nicht, die mir geholfen haben.«
»Wie auch immer. Ich und Sarie haben uns schon entschieden, bevor wir wussten, dass du noch am Leben bist«, warf Flinn ein. »Wir haben vor, eine Gang zusammenzustellen und den Hohemagier zum Schweigen zu bringen. Und so viele andere, wie wir schaffen.«
»Gar nichts werdet ihr schaffen«, knurrte Han. »Kapiert ihr das denn nicht? Ihr seid unterlegen. Die Einzigen, die draufgehen, seid ihr.«
»Dann gib uns eben eine Aufgabe, die wir schaffen können«, forderte Sarie und beugte sich so weit vor, dass ihre Nase nur noch wenige Zoll von Han’s entfernt war.
Der Punkt war, dass Han sie verstand. In Ragmarket oder Southbridge brauchte man eine Gang und einen Anführer mit einem Plan, um zu überleben. Egal, was der Streetlord von einem verlangte – alles war besser, als auf sich allein gestellt zu sein.
Nach einem kurzen, angespannten Schweigen meldete sich Dancer zu Wort.
»Das hier könnte helfen.« Er hielt einen gehämmerten Kupferanhänger hoch, in den Han’s Gang-Abzeichen eingraviert war – eine senkrechte Linie mit einem Zickzackmuster darüber. »Ein Talisman, ähnlich wie die der Demonai. Damit werden sie von Magiern weniger leicht bemerkt und sind auch nicht so leicht durch Magie zu beeinflussen. Es müsste sie vor allem schützen, abgesehen von einem direkten Treffer. Ich kann für alle so eins machen.«
»Also schön.« Han gab nach. »Ich werde euch das Gleiche sagen, was ich Cat gesagt habe – ihr dürft nichts nebenher am Laufen haben, sobald ihr mir geschworen habt. Wenn ihr vorhabt, mich zu verlassen, sagt ihr es zuerst mir, und dann schweigt ihr. Bis dahin tut ihr, was ich sage. Ihr könnt euch eure Aufgaben nicht aussuchen. Mein Straßenname ist Dämonenkönig. Ihr benutzt ihn auch dann, wenn ihr glaubt, dass keine Spitzel in der Nähe sind. Ihr sagt niemandem, wo sich dieser Ort hier befindet; ihr kommt nicht ohne guten Grund hierher. Ihr werdet euch mit dem Rest der Gang an einem anderen Ort treffen.«
»Wie können wir dich erreichen?«, fragte Sarie.
»Durch Cat. Oder ihr hinterlasst Botschaften unter dem Schild auf dem Marktplatz. Ich werde es genauso machen. Ihr habt einen Platz zum Schlafen und jede Menge zu essen und etwas Kleingeld in der Tasche, aber niemand wird von den Anteilen reich. Wenn ihr das nicht akzeptieren könnt, müsst ihr jetzt gehen.«
Sie gingen nicht. Stattdessen ließen sie sich auf die Knie nieder und schworen den Eid, den sie mit Blut und Spucke
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