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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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Dann bat sie ihre Ahnen – und ihre Mutter –, über sie zu wachen und sie zu leiten, während sie ihr Volk führte.
    Was, so dachte Han, nicht viel Sinn macht, da Königin Marianna alles versaut hat.
    Redner Jemson erinnerte an Marianna als junges Mädchen, an ihre Fähigkeit zu tanzen, die Basilka und das Cembalo zu spielen, oder ihre Liebe zur Jagd. Sie war weithin als die hübscheste und heiratswürdigste Prinzessin in den Sieben Reichen bejubelt worden und hatte eine endlose Parade von Bewerbern angezogen, die um ihre Hand angehalten hatten. Die Leute hatten gejubelt, wo immer sie aufgetaucht war – sie war der glitzernde Mittelpunkt eines Märchens gewesen, an das sie alle glauben konnten.
    Und dann hatte das Märchen geendet. Königin Lissa war gestorben, und im Alter von nur fünfzehn Jahren hatte Marianna den Thron bestiegen. In Arden war ein Bürgerkrieg ausgebrochen, und die junge Königin wurde durch einen Strom von Flüchtlingen und schwindende Handelseinnahmen herausgefordert. Der Rat der Adeligen schlug eine Abschottungspolitik vor, und ihre Generäle wandten riesige Summen für Söldner auf. Wieder und wieder wurden die Steuern erhöht.
    Besorgt darüber, in die Kriege im Süden verwickelt zu werden, hatte Marianna die funkelnden Prinzen beiseitegeschoben und sich entschieden, Averill Lightfoot zu heiraten – einen Bewerber aus dem Königinnenreich, der die Stärke der Spirit-Clans hinter sich wusste. Als die Magier und die Bewohner des Vales darüber klagten, dass ihre Märchenprinzessin ausgerechnet einen Kupferkopf heiratete, plante Marianna trotzig die aufwendigste Hochzeit, die es je gegeben hatte. Es hieß, dass sie einhunderttausend Kronen gekostet und die Schatzkammern auf Jahre hinaus ruiniert hatte.
    Selbst in Ragmarket und in Southbridge bewahrten die Menschen immer noch Andenken an diese Hochzeit auf. Auch Han’s Mutter hatte eine Kupfermünze mit Königin Marianna auf der einen Seite und Averill auf der anderen gehabt.
    Irgendwie traurig, dachte Han, wenn ein so guter Redner wie Jemson nichts Besseres über einen sagen kann, als dass man eine gute Party schmeißen konnte.
    Das war natürlich nicht alles, was er sagte, aber es war das, was Han’s verbitterte Ohren daraus machten.
    Raisa entzündete den Scheiterhaufen, und die Flammen spuckten Funken in den sturmverfinsterten Himmel. Blitze flammten über Hanalea auf, und die Wölfe hoben ihre Schnauzen und heulten – so durchdringend, dass sich auf Han’s Nacken und Armen eine Gänsehaut bildete.
    Während die Königin verbrannt wurde, rief Raisa Amon Byrne zu sich. Er stand kerzengerade neben ihr, während Raisa eine Lobrede auf Edon Byrne, den Hauptmann der Wache der Königin hielt.
    »Ich habe Edon Byrne geliebt und gehasst«, sagte sie. »Geliebt habe ich ihn wegen seines klaren Blicks, seiner ehrlichen Seele und seiner unverblümten Worte.« Sie machte eine Pause. »Gehasst habe ich ihn wegen seines klaren Blicks, seiner ehrlichen Seele und seiner unverblümten Worte.« Sie lächelte, als Lachen und Applaus erschallten. »Unsere wertvollsten Diener sind diejenigen, die loyal genug sind, es zu wagen, uns die Wahrheit zu sagen – nicht immer das, was wir hören wollen, aber das, was wir hören müssen. Edon Byrne war ein solcher Mann. Am Ende hat er sein Leben meinetwegen hingegeben. Wir werden ihn schmerzlich vermissen.«
    Sie trat vor und sah zu den Blaujacken hinunter, die um das Podest herumstanden. »Die Byrnes sind Menschen, die wenig Worte machen und bei langen Reden leicht ungeduldig werden, und daher werde ich Edon Byrne mit einer kurzen ehren. Ich übergebe ihn der Umarmung der Spirit Mountains, und ich weiß, dass er im Tod, ebenso wie im Leben, über seine Königin und das Grauwolf-Geschlecht wachen wird.«
    Ihre Stimme wurde lauter und hallte über die Gipfel. »Feinde des Grauwolf-Geschlechts sollten sich das merken!«
    Han sah die Bayars direkt an.
    Raisa drehte sich um und blickte wieder bergab. »Und so wird die ununterbrochene Linie der Hauptleute und Königinnen fortgeführt. Amon Byrne, tretet bitte vor.«
    Amon machte einen Schritt nach vorn. Er nahm Haltung an, das Kinn nach oben gereckt, den Blick geradeaus gerichtet.
    »Gebt mir das Schwert von Hanalea«, sagte Raisa und streckte ihre Hand aus.
    Byrne zog sein Schwert und reichte es Raisa mit dem Griff voran. Sie umfasste ihn mit beiden Händen und hob das Schwert so an, dass die Spitze gen Himmel zeigte.
    Seltsam, dachte Han. Körperlich entsprach Raisa

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