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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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Beth kam irgendwie nicht mehr dazu, es auszusprechen, weil seine pflastersteinrauen Lippen sich schon auf ihre pressten und sie die Hitze seiner Zunge kostete. Sie beide hoben die Hände, und dann umklammerten sie jeder den Kopf des andern, als wäre dieser Kuss ein Versprechen, an das sie einander banden: das Versprechen, einfach da zu sein, das Versprechen, zu überleben.
    Aber dieses Versprechen konnten sie unmöglich halten, nicht wahr?
    Beth vergrub ihre Finger in seinem Haar und riss ihn jäh zurück, und er löste sich von ihr, keuchend. Sie sah ihn an, sah ihn wirklich an, blickte in seine geweiteten Augen und erkannte in ihm die Falle , die er für sie war. Sie hörte seine Stimme in ihrem Kopf: Reach wird mich töten. Es war, als stünde sie vor einem unvorstellbaren Abgrund, die Zehen über den Rand gekrallt. Das hier war ein zu hohes Risiko. Plötzlich kam ihr ein Bild in den Sinn, ein Fußboden, übersät mit Fotos. Jetzt war der Zeitpunkt, es zu beenden. Kleine Detonationen schickten Stoßwellen durch ihre Adern, das rauschende Blut in ihren Ohren dröhnte wie Artilleriefeuer. Jetzt war der Zeitpunkt zum Rückzug. Ihr schwirrte der Kopf.
    Jetzt.
    Mit ungelenk ineinander verschlungenen Gliedern fielen sie auf die frostkalten Blätter, ihre Hände schwebten unsicher über dem Körper des jeweils anderen. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Beth, sie verlöre die Nerven. Dann schob sie ihre Finger in seine Jeans, und als ihr Kapuzenpulli nach oben glitt, fühlte sie die schockierende Hitze von Fils Handflächen auf ihrer nackten Haut. Dann zerrte er an ihrem T-Shirt, und sie streifte es sich über den Kopf. Und es passierte, alles passierte so schnell, und sie würde zulassen, dass es passierte –
    Nein , dachte sie, nein, sie würde machen , dass es passierte . Sie drängte sich an ihn in dem festen Entschluss, forsch zu sein, küsste ihn und lotste seine Hände zu ihrem BH .
    Leider hatte er mit dem Verschluss ein wenig zu kämpfen, sodass sie sich nach ein paar Augenblicken von ihm löste. »Herrgott, Fil, das ist ’n BH , kein Rubik’s Cube.«
    »Ein was?«
    »Ein Geduldsspiel – «
    »Geduldsspiel? Du meinst so ’ne Art Test? Ich muss für das hier ’ne Prüfung ablegen?«
    »Ist sicher nicht die schlechteste Idee, die ich je gehört habe«, lachte sie. »Warte, lass mich mal.« Sie hakte den Verschluss aus und zögerte, weil sie sich plötzlich bewusst wurde, dass Fil sie auf eine Weise ansah, die sie am ganzen Leib zittern ließ. Noch nie hatte sie irgendetwas so sehr gewollt und gleichzeitig nicht gewollt, wie dass er jetzt den Blick abwandte …
    Okay . In ihrem Kopf hörte sich das Wort eher nach einem Stoßgebet an als nach einer Entscheidung. Okay .
    »Na los, zieh deine Jeans aus«, sagte sie, während sie sich aus ihrer eigenen schlängelte. Die Nervosität ließ ihre Stimme hochmütig klingen, sodass sie innerlich kurz erschrak, doch Fil schien sich daran nicht zu stören.
    Natürlich wandte er den Blick nicht ab, ebenso wenig wie Beth, als er sich auszog. Sie musterte aufmerksam das Spiel seiner Muskeln unter der Haut, die scharfen Umrisse seiner Hüften. Es wäre unhöflich gewesen, es nicht zu tun.
    Sie traten zaghaft aufeinander zu, wie unbekannte Tanzpartner. Als sie beide behutsam die Hände auf die Hüfte des jeweils anderen legten, errötete Beth, und sie sah, wie sich auch seine Wangen verdunkelten. Ein riesiges, an den Mundwinkeln zerrendes Grinsen stahl sich auf ihrer beider Gesichter.
    »Wow«, sagte er.
    Plötzlich drang ein Geräusch durch die Bäume: ein Tumult, der die Stille zerriss. Beth hörte Schreie und das Knacken von unter hektischen Schritten brechenden Zweigen. Hoch oben ertönte das dumpfe Schlagen aufgewirbelter Luft, durch die schwere Steinschwingen pflügten.
    Fil kauerte sich auf den Boden und zog Beth mit sich hinunter. Für einen kurzen Moment war Beth sicher, dass man sie ertappt hatte, und ein brennendes Gefühl der Peinlichkeit durchflutete sie, doch es verebbte abrupt vor der eiskalten Erkenntnis, dass es sich mit viel größerer Wahrscheinlichkeit um einen Angriff handelte. Sie neigte den Kopf, horchte mit ihren durch die Verwandlung geschärften Sinnen auf den nahenden Feind.
    Und dann hörte sie über den Schlag seiner Flügel hinweg Ezechiels Stimme, die voll missionarischer Wonne wieder und wieder verkündete: »Es sind die Katzen! Filius, komm schnell, es ist Flink ! Die Katzen sind hier!«
    Fil unterbrach das Wühlen nach seiner Jeans im

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