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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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keine andere Wahl, als nachts vorzurücken, und ich hab doch bloß vorgeschlagen, dass ihr Steinhäute einfache hohle Statuen spielen sollt: Jeder von euch schlurft unauffällig von einem Sockel zum nächsten, bis wir da ankommen, wo wir hinwollen, sodass Reach keine Chance hat, Lunte zu riechen.«
    Ich bin eigentlich ziemlich stolz auf diese Idee, aber ich kann beinahe hören, wie Ezechiels Augenbrauen über das Innere seiner Strafhaut schaben, während sie seine Stirn hinaufzucken.
    Sein Tonfall könnte selbst einer Flechte den Garaus machen. »Erstens, wir sind Bordsteinpriester . Wir sind die Ehrengarde der Straßengöttin; wir pirschen nicht und wir schleichen nicht und ganz sicher schlurfen wir nicht.
    Zweitens, hast du auch nur den Hauch einer Ahnung davon, wie höllisch anstrengend es ist, in einer Strafhaut zu laufen? Genau deswegen heißen sie Strafhäute, Eure Hoheit. Wenn du also willst, dass wir noch ein klein wenig Kraft übrig haben, um zu kämpfen, müssen wir den direktesten Weg gehen und dürfen nicht im Zickzack quer durch die Stadt und von Sockel zu Sockel ›schlurfen‹, bis wir nicht mal mehr unsere eigenen Glieder rühren können.
    Und drittens, du hast das Ganze mitnichten ›bloß vorgeschlagen‹, sondern es vor meinen Männern hinausposaunt, die gleichermaßen Soldaten wie Geistliche sind: Aus dem Mund einer Gottheit – die du zu unser aller Leidwesen nun mal bist – gilt ihnen ein ›Vorschlag‹ wie dieser sofort als Befehl . Ein Befehl, der im Grunde nichts anderes heißt, als dass sie sich auf die denkbar quälendste und demütigendste Weise umbringen – ach ja, und ganz nebenbei unserm Feind den nahezu sicheren Sieg schenken.
    Ich war gezwungen, ihnen zu sagen, dass du nur einen Scherz machen wolltest, weshalb sie jetzt glauben, der Sohn ihrer Göttin hätte einen ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor, doch das ist allemal besser, als wenn sie merken würden, dass er entweder ein brabbelnder Vollidiot ist oder, was durchaus im Bereich des Möglichen liegt, vollkommen irre.«
    »Hör mal, Kumpel – «, setze ich an, doch er schneidet mir verächtlich das Wort ab.
    »Oh, ich bin mitnichten dein Kumpel. Entweder bin ich der gehorsame Diener deiner Mutter und als solcher verpflichtet, trotz meines Widerwillens auch dir zu dienen, oder aber der Kerl, der dir seinen kalksteinernen Panzerhandschuh zwischen die Zahnreihen rammt, weil du eine lästige kleine Made bist, die sich ungebührlich in die Führung meines Ordens einmischt. Und in beiden Fällen ist Kumpel gewiss nicht das richtige Wort.«
    Ich bin so kurz davor, ihm eine reinzuhauen – wenn er glaubt, er könnte es mit mir aufnehmen, belehre ich ihn gern eines Besseren. »Na schön«, fauche ich, »aber wieso auf einmal so feindselig? Gossenglas hat mir gesagt, du hättest eingewilligt, dass ich deine Männer mit dir gemeinsam führe … «
    Ezechiel erstarrt. Als Statue ist er natürlich ohnehin ziemlich starr, aber jetzt eben noch starrer. Und das ist, Hand aufs Herz, verflucht noch mal mächtig beängstigend starr.
    »So kann man’s auch ausdrücken.« Er presst die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Ach ja? Und wie sonst noch?«
    »Man könnte auch sagen, dass es Gossenglas’ Forderung war. Zuerst lachte ich. Dann ging mir auf, dass er’s ernst meinte, und ich stritt mich geschlagene zwei Stunden mit ihm herum, an deren Ende er damit drohte, meinen Körper an die Chemische Synode zurückzugeben und dafür zu sorgen, dass ich meine nächste Inkarnation in einer abstrakten Skulptur zubringe, die an sämtlichen höchst ungemütlichen Stellen Löcher hat. Und an diesem Punkt habe ich, wenn du es unbedingt so nennen willst, ›eingewilligt‹, dass du sie mit mir gemeinsam führen kannst.«
    »Oh.« Bis vor wenigen Sekunden bin ich darauf ebenfalls stolz gewesen: mich schon bald an der Spitze eines Bataillons Steinkrieger zu sehen. Jetzt fühle ich, wie dieser Stolz sich per Hechtsprung in die düsteren Tiefen meiner Eingeweide verabschiedet.
    »Gossenglas will, dass du für alle sichtbar bist.« Abscheu lässt die Stimme des steinernen Engels säuerlich klingen. »Er will, dass wir ständig vor Augen haben, für wen wir kämpfen. Ehrlich gesagt glaube ich, eine ausgestopfte Katze und eine Vogelscheuche würden als Symbol der furchtbaren Schönheit Unserer Herrin deutlich besser taugen als du, doch bedauerlicherweise müssen wir bis auf Weiteres wohl mit dir vorliebnehmen.«
    Ein steinernes Knirschen

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