Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
Vom Netzwerk:
Sieben Senatoren des Versilberten Glases, also sind wir vermutlich quitt.«
    »Wie überaus ungehobelt. Ich bin der agent de porte des Senats. Was immer Sie den Senatoren zu sagen haben, dürfen Sie mir sagen«, verkündete die Reflexion des Alten hochmütig. »Ich werde Ihr Gesuch vortragen, sobald es den Herrschaften angenehm ist.«
    »Wir müssen jetzt mit ihnen sprechen.«
    Ein Gespinst grauer Härchen wippte am Kinn des Spiegelbildmannes, als er den Unterkiefer nach vorn reckte. »Nein«, sagte er. Dann räusperte er sich erneut und sagte abermals: »Wie überaus ungehobelt.«
    Während Fil zögerte und nach einem Weg suchte, die Initiative wieder an sich zu reißen, trat Beth einen Schritt vor. Im Stillen überschlug sie kurz, welche Folgen es haben mochte, wenn sie diesem griesgrämigen Hotelpagen ans Bein pinkelte, doch dann beschloss sie, dass es sie schlicht nicht die Bohne kümmerte.
    Sie räusperte sich geräuschvoll. »Alles klar, Türsteher«, sagte sie im penetrantesten munteren Tonfall, den sie zustande brachte. »Wenn du dann also ’ne Minute Zeit hast, kannst du deinen Senatoren ausrichten, dass draußen der Sohn ihrer Göttin wartet – sag ihnen, er sieht aus, als würd er in ’nem Gully pennen, dann wissen die schon Bescheid – und dass er es sehr zu schätzen wüsste, wenn sie ihre eingebildeten Inzuchtärsche hochkriegen und an die Tür kommen würden, damit er sich endlich weiter mit der ernsten Angelegenheit befassen kann, gegen ’nen durchgeknallten Kräne schwingenden Gott in die Schlacht zu ziehen.«
    Sie wartete, bis das Spiegelbildgesicht des agent de porte milchweiß angelaufen war, bevor Sie hinzufügte: »Glaubst du, es könnte den Herrschaften vielleicht jetzt gleich angenehm sein?«
    Der Türsteher verschwand eilig am Rand der Spiegelfläche.
    Fil atmete explosionsartig aus. »Beth!«
    »Fil.«
    »Was genau kapierst du nicht an dem Wort höflich ?«
    Beth zuckte mit den Schultern. »Der Knilch ging mir auf die Nerven. Außerdem sind diese Türsteherfatzkes überall gleich, ob mit Bomberjacke oder Smoking macht keinen Unterschied. Servier denen ’n Problem oberhalb ihrer Gehaltsklasse, und die trollen sich ganz fix zum nächstbesten Chef.«
    Fil starrte sie an, und sie grinste. Na schön , gab sie im Stillen zu, vielleicht zieh ich ’ne kleine Show ab. »Du hast anscheinend noch nie probiert, dich in ’nen Ü-einundzwanzig-Club in Camden zu schmuggeln.« Sie zuckte mit dem Kopf Richtung Spiegel. »Wer sind die überhaupt? Der Kerl sah – na ja, ich will nicht übertreiben, aber der Kerl sah aus wie ein Mensch.«
    »Die Reflexokratie, Lordschaften-hinter-Glas«, antwortete er und sah sie noch immer an, als wäre sie vollkommen wahnsinnig. »Sie werden manchmal geboren, wenn jemand sich zwischen zwei Spiegeln verfängt.«
    »Was zum … häh?«
    »Zwischen zwei Spiegeln«, wiederholte er gereizt. »Du weißt schon, diese Spiegelungen, die bis ins Unendliche reichen? Also, in jeder einzelnen Spiegelung steckt ein kleines Stück Realität, und hin und wieder verschmelzen die Stücke zu so was wie unserm Türhüter hier: zu einer lebendigen, atmenden Kopie auf der anderen Seite des Glases. Reflexokraten sind empfindlich, mächtig empfindlich – ich fass es nicht, dass du – «
    »Pssst, sie kommen«, sagte Beth und gestattete sich ein Lächeln. Wenn diese Reflexokraten auch nur im Entferntesten den Nobelkids ähnelten, denen sie ab und zu ihre Bilder verkaufte, dann konnte man nach Lust und Laune vom Leder ziehen, solange man dabei so tat, als wäre man nett. Das hier würde ihr sicher Spaß machen.
    Sieben Gestalten – drei Männer in grauen Anzügen, vier Frauen in grauen Röcken und weißen Blusen – schwebten auf dem Spiegelbilddach ins Blickfeld. Ihr Gang wirkte, als steckten die Besitzurkunden der Welt in ihren Gesäßtaschen. Sie blieben haargenau auf einer Höhe mit Beths und Fils Spiegelbildern stehen, keinen Millimeter vor oder hinter ihnen. Sie wollten zeigen, welcher Rang ihnen gebührte.
    Eine der Spiegelfrauen wandte sich mit einem akkuraten Knicks an Fil. Sie hatte walnussschalenartige Haut und einen säuerlichen Zug um den Mund. »Hoheit«, sagte sie.
    Fil beugte den Kopf Richtung Spiegel.
    »Exzellenz.«
    »Eure Freundin hat unseren agent de porte ziemlich verschreckt. Was können wir für Euch tun, Sohn der Straßen?«
    Er lächelte. »Ich bin gekommen, um Eure Vasallentreue in Anspruch zu nehmen. Bestückt Eure Glasgeschütze und entwirrt Eure Spanischen

Weitere Kostenlose Bücher