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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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wenn man ihn nicht allzu genau ansah, Dutzende noch absonderlichere Gestalten, die auf den Straßen Londons umherstreiften.
    Sie bogen von der Hauptstraße ab und sprangen über einen Zaun, an dem ein rautenförmiges gelbes Schild hing mit der Warnung: Hochspannung – Lebensgefahr . Fil kletterte Beth voraus eine Feuertreppe hinauf bis auf ein Dach und ging auf ein paar turmhohe Rohre zu, die den Dampf der Klimaanlagen in den Himmel spien. Er lehnte sich an das erstbeste Rohr und verharrte, die Lippen nachdenklich gespitzt. »Okay, Beth«, sagte er, »die Typen, die wir gleich treffen, sind dreist, anmaßend und verflucht nervtötend. Soll heißen, sie gehören zum Adel. Ich warne dich deswegen vor, weil wir höflich zu ihnen sein müssen und weil – «
    »Weil ich ’ne große Klappe habe?«
    Er nickte nachdrücklich.
    »Na schön«, erwiderte Beth, »aber ich kapier nicht, worüber du dir Sorgen machst. Ich kann mich zurückhalten, weißt du. Grad eben, als du ›dreist, anmaßend und nervtötend‹ gesagt hast, hab ich nicht ein Wort über ’nen gewissen asphaltgrauen Prinzen verloren, der näm–«
    Er verpasste ihr einen spielerischen Stoß. » Los jetzt. Und nimm deine Uhr ab, ich will nicht, dass das Glas irgendjemandes Augapfel spiegelt und ’nen diplomatischen Zwischenfall provoziert.«
    Beth überlegte kurz, ihn zu fragen, wovon zum Henker er da redete, doch sie verwarf diese spezielle Frage ziemlich rasch als reine Verschwendung von Atemluft. Sie ließ die G-Shock in ihre Tasche gleiten.
    Nachdem sie um die Rohre herum waren, sahen sie sich einem rechteckigen Etwas gegenüber, das mit schwarzem Stoff verhängt und ungefähr so hoch und so breit war wie ein Schiffscontainer. Fil riss das Tuch herunter, woraufhin eine rahmenlose Platte aus verspiegeltem Glas zum Vorschein kam.
    Beth musterte ihr Spiegelbild. Sie hatte abgenommen in den zwei Tagen, die sie durch die Straßen gezogen war. Ihre Wangenknochen traten jetzt deutlich hervor, ein Schmutzfilm überzog ihre Haut. Sie sah schlecht aus, übermüdet.
    »Hast du den hier hingestellt?«
    »Wir mussten ihn ein ganzes Stück abseits aufstellen, damit sie niemanden verletzen.«
    »Damit wer niemanden verletzt?« Beth gab sich alle Mühe, nicht gereizt zu klingen, und dennoch wollte sie unbedingt, nur ein einziges Mal, eine einfache Antwort von ihm.
    »Wirst du gleich sehen.« Er straffte sich ein wenig, dann klopfte er mit dem stumpfen Ende seiner Eisenstange dreimal gegen das Glas. »Seine Hoheit Filius Viae, Sohn der Straßen, Herrschender Prinz von London, Erbe und Bewahrer all ihrer Ansiedlungen«, intonierte er feierlich, »erbittet und wünscht eine Audienz bei den Sieben Senatoren des Höchst Erlauchten Ordens des Versilberten Glases.«
    Beth lehnte sich zu ihm hinüber. »Netter Titel«, flüsterte sie.
    »Japp, die Reflexokratie liebt dieses Glanz-und-Gloria-Zeug.«
    »Was denn, du etwa nicht?«
    Sie wechselten einen langen Blick, und Fil wurde rot.
    »Ich glaube, in einem solchen Fall sagt man ›Erwischt‹, Hoheit«, murmelte Beth.
    »Still.«
    Sie warteten. Über ihnen krächzten Vögel, sonst geschah nichts. Fil klopfte erneut gegen den Spiegel. »Seine Hoheit Filius – «, begann er wieder, doch diesmal wurde er von einer knarzigen Stimme unterbrochen, die klang, als hätte ihr Besitzer etwa ein Jahrhundert darauf verwandt, mit Staub zu gurgeln.
    »Ist gut, ist gut – kein Grund zur Eile. Wie überaus ungehobelt.«
    Im Spiegel sah Beth einen gebeugten alten Mann aufs Dach kommen. Er tauchte am Rand der reflektierenden Scheibe auf, so als hätte er in ihrem Rücken gelauert, knapp außerhalb ihres Sichtfelds. Er näherte sich, bis er genau zwischen Spiegel-Beth und Spiegel-Fil stand.
    Beth überlief es kalt. Ein flüchtiger Blick zur Seite bestätigte ihr, was sie bereits geahnt hatte: Da war kein alter Mann neben ihr. Er existierte nur in der Reflexion.
    »Ähähem« , räusperte sich der Alte gewichtig. Er trug eine purpurne Uniform mit Goldborten und ein Barett und sah aus wie eine Kreuzung zwischen einem Brigadegeneral und einem unvorstellbar alten Hotelpagen.
    Zweifelnd blickte er ihnen aus dem Spiegel entgegen. »Sie sehen nicht eben aus wie ein Herrschender Prinz«, sagte er und zupfte voller Widerwillen an der Jeans von Fils Spiegelbild. Beth spürte ein leises Entsetzen, als sie seine echte Jeans zucken sah, gerade so, als hätten unsichtbare Finger an ihr gezogen.
    Fil hob eine Augenbraue. »Und Sie sehen nicht eben aus wie die

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