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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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vermeintlich tut. Zweitens wird Mater Viae zurückkehren, mit dröhnendem Schritt auf dem Kriegspfad, wie’s ihre Art ist, und sie wird bis aufs Blut unglücklich darüber sein, dass Ihr nicht gekommen seid, als ihr kleiner Lieblingssohn Euch gerufen hat.« Er zuckte erneut die Schultern. »Aber wenn das für Euch okay ist … «
    Die Senatoren im Spiegel warfen einander bestürzte Blicke zu, während er seinen Fuß auf die Feuerleiter setzte.
    »Äh, Fil?«, mischte Beth sich ein. Irgendwie hatte sie das Gefühl, das eben sei ihr Stichwort gewesen. »Hast du nicht was von drei Gründen gesagt?«
    Der graue Junge verschränkte seine mageren Arme auf der obersten Sprosse und legte das Kinn darauf. »Richtig.« Sein Lächeln verschwand, seine Wangen verdüsterten sich, und einen Augenblick lang verzerrte unbändiger, furchterregender Zorn sein Gesicht. »Der letzte Grund, weshalb Ihr die Sache noch einmal überdenken solltet, Eure Exzellenzen, ist folgender: Falls Ihr es nicht tut, dann werde ich gigantische Spiegel aufstellen, einander paarweise gegenüber, und zwar am Trafalgar Square, auf der Bishopsgate und am verfluchten Oxford Circus.«
    Senatorin Maggie erbleichte, doch von den anderen war verwirrtes Gelächter zu hören, und ein alter Mann erwiderte trotzig: »Na und?«
    Fil schnalzte mit der Zunge. »Und ich würd sagen, das sind pro Tag schätzungsweise mehrere hunderttausend Leute, die zwischen die Spiegel geraten. Nehmen wir an, dass nur fünf Prozent von denen sich wirklich verfangen; dann macht das zehntausend neue Reflexokraten. Jeden Tag. Ich werde London-hinter-Glas mit verschissenen Snobs überschwemmen, bis die Reflexoskitos nicht einen einzigen Tropfen Blut mehr saugen können, der nicht blau ist.« Er leckte sich über die Lippen, wie um den Vorgeschmack darauf zu kosten.
    »Ich werd Eure ganze Gesellschaftspyramide auf den Kopf stellen.« Er winkte ihnen zu. »Bis dann! Viel Spaß dabei, Eure eigenen Paläste zu schrubben und Euch auf den Sonnenfarmen die Rücken krumm zu buckeln, weil Ihr Euch nämlich von Euren Fettarschprivilegien verabschieden könnt, wenn bloß noch ein Einziger von den armen Schweinen, die Ihr Plebejer nennt, auf hundert von Euch Typen kommt.«
    Er räusperte sich geräuschvoll, dann spuckte er sehr gelassen aufs Dach. »Denkt drüber nach«, sagte er und wandte sich ab.
    Beth blickte zurück auf die Gesichter der Reflexokraten. Sie waren allesamt kalkweiß vor hilfloser Wut, außer das von Senatorin Maggie, auf dem nach wie vor ein säuerliches Lächeln lag.
    »Fettarschprivilegien?«, sagte Beth leise. »Das Wort eines wahren Prinzen.«
    Sie landeten auf dem Boden, sprangen über den Zaun und rannten unter wildem Gelächter die Gasse entlang zurück Richtung Hauptstraße. Beth fühlte eine ungeheure Euphorie in sich aufsteigen, so als hätte sie gerade mit Pen irgendwo ein herrliches Wandbild fertiggesprayt.
    Im selben Moment kamen ihr blitzartig Pens braune Augen in den Sinn, sodass sie wie angewurzelt stehen blieb und schluckte, doch der grauhäutige Junge grinste sie immer noch an, und sie spürte, wie sie zurückstrahlte.
    »Die haben wir im Sack!«, jubelte Fil. » So gefällt mir das.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut. ’ne Drohung wie diese können die auf keinen Fall einfach so ignorieren.« Er schloss sie spontan in die Arme, sodass sie kaum mehr Luft bekam, dann ließ er sie wieder los.
    »Wofür war das denn?«
    »Für deine große Klappe. Beim Blut der Flüsse, du warst dermaßen unverschämt zu denen, und die haben’s einfach hingenommen, also hab ich gedacht, ich probier’s auch mal auf die harte Tour.«
    Seine Haut glänzte ölig vom Dreck der Stadt, und als Beth an sich hinuntersah, merkte sie, dass ihre Kapuzenjacke ganz vollgeschmiert war. »Wow«, sagte sie, »dir ist aber schon klar, dass das ziemlich eklig ist? Schwitzt du eigentlich Motoröl oder so?«
    »Gewöhn dich dran«, erwiderte er mit einem Grinsen. »Bleib einfach in meiner Nähe, dann hast du ratzfatz auch so ’ne Schicht am Leib. Ist echt praktisch – hält die Kälte ab.«
    »Immer her mit dem Zeug – mir ist eiskalt.«
    »Wie du willst.« Er schlang die Arme um sie und verteilte den Schmierfilm auf ihrem Gesicht und ihren Klamotten, und sie kreischte und wehrte sich und lachte, und er lachte auch und rang sie zu Boden. Sie rollten ein paar Sekunden lang wie Ringkämpfer durch den Dreck, keuchten, weil es so anstrengend war, gleichzeitig zu kämpfen, zu kichern und zu atmen, bis

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