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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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sparen. Regungslos stand er da, blickte die breite Gasse hinunter, die zwischen den Buden und Ständen des Fischmarkts hindurchführte, und wartete.
    Dann glitt ein Mann in Hiratas Blickfeld, ungefähr hundert Schritt entfernt am anderen Ende der Gasse. Der Mann schien jedoch näher zu sein und wirkte größer, aber das war entweder eine Lichttäuschung, oder Hirata wurde von den eigenen Sinnen betrogen. Da der Horizont im Rücken des Unbekannten blutrot glühte, konnte Hirata, bis auf den typischen Haarknoten auf dem Scheitel des Mannes und die beiden Schwerter, keine Einzelheiten erkennen. Der Fremde war bloß ein schlanker, hochgewachsener Schattenriss.
    Hirata schlug das Herz bis zum Hals. Der Impuls, die Flucht zu ergreifen, wechselte sich ab mit dem Verlangen, den Fremden anzugreifen. »Wer bist du?«, rief Hirata.
    Der Fremde drehte sich um, und die verblassende Sonne beschien für einen Augenblick die rechte Seite seines Gesichts. Hirata sah einen hohen Wangenkochen und ein kräftiges Kinn. Auf den Lippen lag ein Lächeln, das heiter und von eisiger Kälte zugleich war. Dann verschwand der Mann hinter den Verkaufsständen.
    Hirata folgte ihm nicht. Er wusste, sie würden sich wiederbegegnen, genauso wie er wusste, dass die Frage des Wann, Wie und Wo nicht bei ihm lag. Der Fremde würde bestimmen, zu welcher Zeit und an welchem Ort sie einander wiedersahen und unter welchen Umständen und mit welchen Waffen die Entscheidung herbeigeführt wurde. Und es würde ein Kampf auf Leben und Tod sein.
    Das war ihre Bestimmung.
    *

    »In einem hat Yanagisawa recht«, sagte Sano an diesem Abend. »Diesmal hat er gewonnen.«
    »Indem er mit unsauberen Mitteln gekämpft hat.« Mit beinahe zornigen Bewegungen zog Reiko den Kamm durch ihr Haar. »Das hat er immer schon getan.« Sano hatte ihr alles erzählt. Nun war sie dermaßen wütend auf Yanagisawa, dass sie ihn am liebsten umgebracht hätte, doch Sano zuliebe zwang sie sich zu einem Lächeln und versuchte, der Situation etwas Positives abzugewinnen. »Aber es ist gar nicht so schlecht, dass du jetzt wieder als oberster Ermittler arbeitest. Dir hat die Ermittlungsarbeit schon immer mehr Freude gemacht als die Verwaltungsarbeit. Jetzt sind wir wieder da, wo wir gewesen sind, als wir geheiratet haben.«
    Sano nickte. Doch sie beide wussten, dass die Dinge nicht mehr so waren wie damals. Sano hatte das Gesicht verloren, eine tödliche Wunde in seiner Ehre als Samurai.
    »Am Ende wirst du gewinnen«, sagte Reiko.
    »Danke, dass du so fest an mich glaubst«, entgegnete Sano trocken.
    Reiko wusste, dass Sano versuchen würde, seine Macht zurückzuerobern. Nicht nur, weil seine Ehre davon abhing, sondern weil viele Menschen darauf zählten, dass er Japan vor Yanagisawa rettete.
    »Aber Yanagisawa hat auch noch in einem anderen Punkt recht«, sagte Sano.
    »Und in welchem?«
    »Dass wir nicht nur Gegner sind im Hier und Jetzt, sondern vor allem in der Zukunft. Und vielleicht wird die endgültige Entscheidung nicht mehr zwischen uns beiden ausgetragen, sondern zwischen unseren Kindern.« Sano blickte zu Akiko hinüber, die im Nebenzimmer mit ihren Puppen spielte.
    Reiko war bestürzt bei dem Gedanken, die Kinder könnten gleichsam den Krieg ihrer Väter erben. »Können wir die Kinder denn nicht beschützen? Vor allem, wenn wir nicht mehr da sind?« Und das konnte eher früher als später sein, falls es Sano nicht gelang, die Gunst des Shōgun zurückzugewinnen. Tokugawa Tsunayoshi mochte auf dem absteigenden Ast sein, aber er hatte noch immer die Macht über Leben und Tod.
    »Ich finde«, sagte Sano, »wir sollten uns schon einmal Gedanken darüber machen, wen Masahiro und Akiko heiraten könnten.«
    »Aber sie sind noch viel zu jung!«, protestierte Reiko, obwohl sie insgeheim wusste, dass Sano recht hatte.
    »Natürlich«, gab Sano zu. »Aber wir könnten jetzt schon Vorbereitungen treffen und nach zukünftigen Ehepartnern aus einem mächtigen Klan Ausschau halten. Schließlich wurde es schon immer so gemacht. Es würde mir nicht nur weitere Verbündete einbringen, es würde auch Masahiros und Akikos Zukunft sichern.«
    Reiko seufzte. Sie hätte es vorgezogen, wenn ihre Kinder aus Liebe heiraten würden, nicht aus politischen Erwägungen. Aber auch ihre eigene Ehe mit Sano war abgesprochen gewesen, und sie hatten einander lieben gelernt. Warum sollten ihre Kinder nicht auch so viel Glück haben? »Dann müssten wir zuerst überlegen, wer als Ehefrau für Masahiro infrage

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