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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stieg in den Jeep und knöpfte das Plastikfenster zu. Die Luft stand jetzt im Wagen. Ein Block glühender Atmosphäre. »Wohin fahren wir?«
    »Nach Qasr el Meschatta. Einverstanden?«
    »Ich vertraue mich ganz Ihrer Führung an, Laila.«
    Sie verließen das Lager der Rebellen mit einem rasanten Start, der ihnen sofort vor Staub und hochwirbelndem Sand die Sicht nahm. Vandura klammerte sich an dem MG fest und rang nach Luft.
    »Wo haben Sie Ihren Führerschein gemacht?« rief er, als sich die heiße Wolke verzogen hatte und die Piste wieder sichtbar wurde.
    »Überhaupt nicht. Ich fahre aus Erfahrung.«
    »So sieht's auch aus. Laila, ein Vorschlag: Lassen Sie mich ans Steuer. Ich weiß wenigstens, wo Kupplung und Bremse liegen.«
    »Bitte.« Laila hielt an und stieg aus. Vandura erwartete einen ihrer Zornausbrüche, die mehr eine Demonstration ihrer wilden Schönheit als wirkliche Wut waren. Aber Laila war auf Frieden gestimmt. Sie ließ Vandura auf den Fahrersitz rutschen, lehnte sich neben dem MG zurück und zeigte hinaus in die Wüste. »Immer geradeaus. Irgendwo kommt eine Kreuzung, da müssen wir links ab. Dann geht es auf einer Fährte weiter.«
    »Bis wir im Sand versinken.« Vandura fuhr an, vorsichtig Gas gebend und wunderte sich, daß sie tatsächlich zu rollen begannen. »Was machen wir, wenn wir steckenbleiben?«
    »Dann verhungern und verdursten wir. Das heißt – zunächst Sie! Ich werde Sie im Notfall schlachten, Ihr Blut trinken und Sie auffressen. Das ist immerhin eine Überlebenschance …«
    »Laila, Sie sind ein Engel!« Vandura lachte, und auch Lailas fast schwarze Augen glänzten ihn an. »Ich wußte schon immer, daß Sie mich zum Fressen gern haben –«
    Es war eine Bemerkung, die Laila sehr ernst nahm, Vandura fiel das erst ein, als er es gesagt hatte. Er dachte an Dr. Ashraf: Flirten Sie nicht mit Laila! Die Liebe in der Wüste ist ein Teil der Sonne. Sie bedeutet Leben!
    Nach drei Stunden Fahrt durch eine Welt, die nur aus Glut, Sand und gebleichten Steinen bestand und die doch ergreifend in ihrer Größe war, erreichten sie die Ruinen von Qasr el Meschatta. Schon von der Piste aus sahen sie den gewaltigen Palast, mitten in die Einsamkeit hineingebaut, um ein Wasserloch, das allein Leben aus dem toten Boden lockte.
    Vandura fuhr langsamer und hielt dann an, um dieses Bauwerk in seiner greifbaren märchenhaften Unwirklichkeit zu bewundern.
    Hier hatten einmal die Omajjaden-Kalifen ihre berühmten Feste gegeben – mitten in der Grenzenlosigkeit der Wüste, umweht vom Sandsturm, nur erreichbar mit Kamelen und zähen Pferden, vor mehr als 1.400 Jahren, als in Mitteleuropa noch der Wind in den Urwäldern rauschte. In diesen Palästen wurde der orientalische Prunk wirklich zum Märchen – unter der glühenden Sonne zogen sich die Mauern von Meschatta durch den Sand. 144 Meter an jeder Seite des Quadrates, unterbrochen von 23 halbrunden Türmen, auf denen einst die Krieger standen, die Fahnen flatterten und die Gäste mit wildem Geschrei begrüßt wurden. Über dem riesigen Eingangstor grüßte eine Steinplastik die Ankommenden. Die monumentale Plastik zeigte zwei sich gegenüberstehende Löwen, die aus einer großen Blumenkrone Wasser trinken.
    Wasser – das pure Leben, und der Löwe – Sinnbild der Kraft – hier gingen die Kalifen durch die saalartigen Räume und fühlten sich als die Herren der Welt.
    »Grandios«, sagte Vandura bewundernd. »Die Leute hatten Mut.«
    »Mut ist eine Eigenschaft, die wir nie verloren haben.« Laila sprang in den Sand, deckte eine Plane über das MG und schob das Kopftuch zurück. Ihre schwarzen Haare quollen über Nacken und Stirn. »Sie sehen, Hakim-Pascha – Jahrhunderte haben nicht vermocht, diesen Palast zu zerstören. Keine Sonne, kein Sandsturm … so hart sind wir! In uns leben die Jahrtausende. Das ist Kraft!«
    Sie ging voraus, und Vandura folgte ihr langsam und unsicher. Mein Gott, ich liebe sie wirklich, dachte er und blieb immer mehr zurück, als zögere er vor dem Eintritt in die Endgültigkeit. Es gab keine Rückkehr mehr, das wußte er jetzt. In dem Wüstenpalast der Omajjaden-Kalifen würde der Dr. Vandura für immer verschwinden und der Hakim-Pascha herauskommen. Ein neuer Mensch in einem neuen Leben.
    Laila blieb unter den zwei aus der Blume trinkenden Löwen stehen und winkte. Ihr schmales Gesicht glänzte.
    »Haben Sie Angst?« rief sie ihm zu. »Ich verspreche Ihnen, auf Skorpione und Wüstenspinnen aufzupassen.«
    Vandura ging

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