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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Zelt herumlungerte. Der Araber hob die Schultern.
    »Fort, Hakim-Pascha. Mit einem Bus.«
    »Wohin?«
    »Ich weiß es nicht. Nur der Chef weiß es.«
    »Wann sind sie abgefahren?«
    »Vor zwei Stunden.«
    Zwei Stunden – der Vorsprung war zu groß. Die Spuren waren vom Wüstenwind verweht, denn daß Dr. Karabasch nicht die normalen Pisten gefahren war, nahm Vandura als sicher an. Er rannte zurück zum Sanitätszelt und fand Laila beim Packen ihrer Sachen.
    »Karabasch hat die Geiseln abtransportiert!« schrie er. »Auch die Kranken. Die Frau mit dem Kaiserschnitt, den herzkranken Nolet. Sagst du jetzt immer noch: Die Revolution braucht ihre Opfer?! Gewinnt ihr Kriege mit operierten Frauen?!«
    »Wohin?« sagte Laila statt einer Antwort. Sie warf den kleinen Gepäcksack über den Rücken. Um den Kopf hatte sie wieder das gestreifte Tuch geschlungen.
    »Wohin? Ich denke, nach Amman?«
    »Das steht in dem Brief. Aber wohin willst du?«
    »Ich werde den Omnibus mit den Geiseln suchen.«
    »Dann laß uns fahren –«
    Vandura blieb nahe vor Laila stehen. Ihre großen, schwarzen Augen blickten ihn flehend an.
    »Du – du gehst nicht nach Amman?« fragte er heiser vor Erregung.
    »Ich gehöre doch zu dir. Komm – laß uns die Geiseln suchen –«
    Sie sprangen in den Jeep und rasten aus dem sich auflösenden Lager. Nur eine kleine Gruppe blieb zurück, ein paar Zelte, wie ein Nomadenstamm von Beduinen.
    In Amman fielen um diese Zeit die ersten Schüsse. Die Europäer flüchteten in ihre Botschaften oder verbarrikadierten sich in den Hotelzimmern. Die Luxushotels ›Philadelphia‹ und ›Intercontinental‹ wurden zu Festungen. Wer sich am Fenster zeigte, wurde beschossen. Die Altstadt bis zur Hauptpost wurde von den Truppen Dr. Karabaschs besetzt. Im Diplomatenviertel Dschebel Amman, in der Neustadt und in den Außenbezirken standen die Regimenter König Husseins, warteten die Panzerwagen auf das weitere Vorrücken, durchkämmten die Beduinenreiter auf ihren weißen Hedschaskamelen die Wadis und schnitten die Zugänge zu den großen palästinensischen Flüchtlingslagern Hesseini und Wachdat ab. Guerillas, die in ihre Hände fielen, hatten kein Erbarmen zu erwarten. Ihre zerfetzten Körper lagen im Sand, trieben auf und zersetzten sich schnell in der glühenden Sonne.
    »Allah ist blind geworden«, sagte Dr. Karabasch in seinem Hauptquartier. »Wir müssen es ertragen – kämpfen wir ohne den Blick Allahs.«
    Über die Straßen Ammans floß das Blut, und der Wind trug den Leichengeruch in die engste Gasse.
    Die Landung in Beirut erfolgte planmäßig und ohne Schwierigkeiten. Auch die Zollformalitäten waren schnell vorüber – aber dann begann das, was Bernd Zobel die ›Eroberung des Orients‹ nannte. Frank Binfe, der Sonderkorrespondent der Illustrierten ›Globus‹, holte Zobel und Katja Hellersen vom Flugplatz ab und fuhr mit ihnen ins Hotel Phoenicia. Dort spendierte er an der Bar einen doppelten eiskalten Cobbler und reichte Zobel einen Zettel hin.
    »Ein Funkspruch aus der Wüste: Dr. Karabasch lädt Journalisten zur Besichtigung der entführten Maschine ein. Ich habe unser Interesse angemeldet, über die hier angegebene Deckadresse, und schlage vor, du fährst sofort in die Wüste. Seit heute mittag kracht es in Amman, aber der Flugplatz ist noch offen und in der Hand der Königstruppen.« Er blickte auf Katja und legte die Hände um das vor Kälte beschlagene Glas. »Aber was mache ich mit Ihnen? Ich habe schon vom Chef gehört … Sie sollen diesen rätselhaften Hakim-Pascha als Dr. Vandura erkennen. Daraus soll dann ein großer Otto werden. Aber ich halte das für ausgesprochen lebensgefährlich. Die Guerillas schießen schließlich nicht mit Wattebäuschchen.«
    »Sie kommt mit«, sagte Zobel. »Angst kennt unsere Katja nicht, vor allem wo es gilt, den Liebsten wiederzusehen.«
    Es war die Art Zobels, so zu sprechen. Wer ihn nicht kannte, war stets sofort beleidigt und betrachtete ihn als den größten Flegel, der je in langen Hosen herumgelaufen war. Wer mit ihm näher bekannt war, schluckte alle seine Bemerkungen mit dem Wissen, daß Zobel damit nur seinen Komplex überdeckte, Selfmademan zu sein. Vor zehn Jahren stand er noch hinter der Theke und verkaufte saure Drops, Heringe, Diätzucker und dergleichen. Dann gewann er einen ersten Preis bei einem Lichtbilderwettbewerb – er fotografierte das seelenvolle Auge eines Karpfens kurz vor der Schlachtung. Vor vier Jahren gelang ihm – nachdem er

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