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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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winziges Transistorradio, das Laila in der Tasche ihrer Uniformhose mitgebracht hatte. Die quäkende Musik war der einzige Laut in dieser vollkommenen Stille.
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagte Laila und legte ihren Kopf auf seine Brust. »Ich weiß das jetzt … Sie haben mich alle für zu stolz gehalten, und dann nannten sie mich die Revolutionsbraut – ich habe keinen Mann angesehen, bis auf den einen, der mich zur Frau machte. Aber das war vor langer, langer Zeit … Ich besuchte das Gymnasium in Amman, wir waren sieben Mädchen und so neugierig. Hassan ibn Amin hieß er. Er war ein Limonadenhändler, stell dir das vor. Als es geschehen war, in den Ruinen des Römischen Theaters, habe ich ihn nie wiedergesehen. Ich habe vor Ekel eine Woche nichts gegessen. Von da an habe ich gewartet, auf einen Mann, der mein Herz wie ein Blitz zerreißt. Er ist nie gekommen … Und dann standst du da, dein Lächeln machte mich wütend, aber mein Herz zerriß. Er ist es, wußte ich. Es gibt kein Wegrennen mehr. Von diesem Tag an lebte ich in dir, es war ein langsames, süßes Sterben. Jetzt beginne ich wieder zu leben …«
    Hinter ihren Köpfen knatterte das kleine Radio. Vandura griff nach oben, um es abzustellen, aber Laila hielt seine Hand fest.
    »Nicht doch! Es ist unsere einzige Verbindung zur Welt.« Sie kroch über ihn. »Vergiß nicht, daß wir am Abend wieder in unserem Sanitätszelt stehen.«
    »Mach es aus.« Vandura umfaßte Laila. »Ich will diese verdammte Welt einmal völlig vergessen –«
    »Sie läuft uns nach, Hakim-Pascha. Still!« Eine Stimme klang aus dem Radio, schnell, aufgeregt, eine Kaskade von Worten.
    Vandura spürte plötzlich, wie Laila ruckartig erstarrte.
    »Weg mit dem Ding!« schrie er. »Ich werfe es gegen die Wand.« Er versuchte, Laila von sich zu schieben, aber sie drückte ihn auf den Boden und hielt seine Arme fest.
    »Nachrichten aus Amman –« sagte sie. Ihre Lippen zitterten dabei. »König Hussein hat uns verraten. Er gibt dem Druck der westlichen Mächte nach. Er läßt seine Armee gegen uns marschieren, die Beduinenreiter sollen die Geiseln befreien. Da – hörst du es – hörst du es …?« Sie zog das Radio näher zu sich heran. Das war eine Gelegenheit für Vandura, mit einem Schwung Laila von sich zu werfen. Er griff nach dem Transistor und schleuderte ihn gegen die Mauer. Mit einem schrillen Ton zerbarst das Gerät.
    Nackt knieten sie sich gegenüber und starrten sich an. Noch glühte die Verzauberung auf ihrer Haut, aber die harte Wahrheit hatte sie wieder fest im Griff.
    »Das ist der Bruderkrieg –« sagte Laila leise. »Hakim-Pascha – es werden Tausende sterben …«
    »Dieser Wahnsinn! Dieser absolute Wahnsinn!« Vandura faßte Laila an beiden Schultern und schüttelte sie. »Sollen wir diese Idiotie mitmachen? Dort steht ein Jeep, vollgetankt und mit sechs Reservekanistern. Mit ihnen kommen wir bis an die libanesische Grenze. Laila, laß uns, wenigstens uns Schluß machen mit diesem Gemetzel! Wir werden auch in Beirut leben können …«
    »Und ich werde ein Leben lang in keinen Spiegel mehr sehen können, ohne mich anzuspucken! Wie kannst du verlangen, daß ich mein Land verrate?«
    »Nicht das Land, diesen Irrsinn des Terrors.«
    »Ich liebe dich – aber du bist nur ein Mensch. Und ich liebe mein Volk – das sind Millionen Menschen. Wir sind glücklich, mein Volk nicht. Wem muß ich also helfen?«
    »Wir werden beide daran zugrunde gehen, Laila!«
    Sie lächelte, schüttelte den Kopf und küßte ihn. »Wir nicht, Hakim-Pascha. Unsere Liebe ist wie ein Panzer –«
    In der Nacht kamen sie zum Wüstenflugplatz zurück. Dr. Karabasch war mit einem Teil der Rebellentruppen abgezogen. Er hatte einen kurzen Brief hinterlassen. Einen Befehl.
    »Unsere Front wird mitten in der Stadt aufgebaut. Kommen Sie mit Laila nach Amman nach. Das Hauptquartier liegt hinter dem Römischen Theater im Dschebel el Djaufa el Gharbi. Man wird Sie dort erwarten und zu mir führen. Ich habe angeordnet, daß das gesamte Lazarettmaterial von El Muwaqqar nach Amman verlegt wird. Der große Kampf hat begonnen. Tod den Verrätern. Tod dem Haschemitenkönig!«
    Vandura warf den Brief auf den Klapptisch und rannte hinaus. Er ahnte Schreckliches, und er fand es bestätigt, als er die Zelte der Geiseln betrat. Sie waren leer. Herumliegendes Gepäck bewies, daß der Aufbruch schnell und überstürzt erfolgt war.
    »Wo sind die Passagiere?« schrie Vandura einen der Rebellen an, der draußen vor

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