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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zerfleische dich, Hakim-Pascha«, sagte sie leise. »Ich reiße Stück um Stück aus dir heraus! Liebst du sie?!«
    »Erinnerst du dich, wie ich dir von Deutschland erzählt habe? Warum ich weg mußte und zu euch in die Wüste kam?«
    »Wegen eines Mordes.«
    »Es war kein Mord.«
    »Aber du hast es geglaubt.«
    »Ja.«
    »Und sie … sie ist die Frau von damals?«
    »Ja. Katja Hellersen.«
    »Was will sie hier? Hat sie dir nicht genug Unglück gebracht?! Warum verfolgt sie dich? Du bist kein Vandura mehr – du bist Hakim-Pascha und gehörst zu uns in die Wüste. Du bist nie Vandura gewesen – das hast du mir geschworen …«
    »Ich werde es auch nicht mehr sein«, sagte Vandura langsam. Er küßte Laila, und sie biß sich in seinen Lippen fest. Das Blut tropfte ihm über das Kinn, aber er spürte keinen Schmerz. Die Glut Lailas schlug über ihm zusammen. In diesem Augenblick war er wirklich gewillt, in der Wüste zu bleiben – und er wußte, daß er, wenn er Katja nachher wiedersah, ebenso sicher war, wieder auszufliegen nach Europa.
    Es muß eine Lösung geben, dachte er, während Lailas Lippen über sein Gesicht tasteten und ihre Hände seinen Nacken streichelten. Es ist unmöglich, daß ich zwischen diesen beiden Frauen zerbreche.
    Und er wußte, daß eine neue Tragödie unwiderstehlich auf ihn zukam – die Entscheidung, die einer Frau – Katja oder Laila – das Leben zerstörte.
    Dieses Wissen war so ungeheuerlich, so unausweichbar, so unlösbar, daß Vandura in diesem Augenblick wünschte, eine verirrte Kugel möge durch das Fenster schlagen und ihn treffen. Zum erstenmal verstand er einen Menschen, der in seiner Ausweglosigkeit das Ende sucht.
    Dr. Karabasch hatte seine Drohung wahr gemacht: Er hatte alle Flugzeuge sprengen lassen. Vor fast hundert Reportern detonierten die Sprengladungen an den Rümpfen und Tragflächen und rissen die Maschinen auseinander. Hohe schwarze Rauchwolken standen über der Wüste und schillerten in der gleißenden Sonne fett nach Öl.
    Die Kameras surrten, die Auslöser klickten, in den Tonbandgeräten drehten sich die Spulen mit den Stimmen der Reporter.
    Dr. Karabasch hielt einen kurzen Vortrag, als die Detonationen verklungen waren. Er stand auf der Plattform eines Lastwagens, umgeben von seiner Leibwache mit schußbereiten Maschinenpistolen. Über Mikrophon und Lautsprecher sprach er zu den Pressevertretern.
    »Das ist ein Fanal!« sagte er laut. Er sprach englisch, jenes vornehme Eton-Englisch, das man auf den Universitäten lernt. »Ein Fanal, das die Unterdrückten für die Welt anzünden, die schläft! Wir wissen, daß es unrecht ist, fremdes Eigentum zu zerstören und unschuldige Menschen festzuhalten. Wir wissen aber auch, daß keiner auf dieser Welt der Sattheit sich um uns kümmern würde, wenn wir nicht selbst mit diesen Mitteln auf uns aufmerksam machen würden. Wir wollen nichts als die primitivsten Menschenrechte: Freiheit für unser Land, Frieden in unseren Grenzen, keinen Hunger mehr und ein wirkliches Leben! Ist das zuviel verlangt? Dort verbrennen einige Millionen – sie werden den Fluggesellschaften nicht den Konkurs bringen. Aber wenn die Welt die Millionen, die jetzt verbrennen, zu uns geschickt hätte, gäbe es jetzt keinen Krieg um die Würde des Menschen! Europa und Amerika sind satt, sie rülpsen vor Sattheit – gebt uns ein Hundertstel eurer Sattheit, und wir sind glücklich.«
    Es waren Worte, die wirklich die ganze Welt hörte – und die sie nach zwei Tagen wieder vergaß. Nur eins blieb übrig: der Ruf nach Rache!
    Vandura traf Karabasch im Hauptquartier. Er war dahin zurückgekehrt, sosehr ihn Katja und die anderen Bewohner des Hotels Philadelphia gebeten hatten, sich zu besinnen, daß er Europäer sei. Als er sagte, er müsse als Arzt die Verwundeten versorgen, denn dazu sei er da, spuckte ihn eine alte Dame aus Amsterdam vor allen Leuten ins Gesicht und schrie laut: »Sie Verräter!«
    Fünf Stunden operierten er, Dr. Ashraf und Laila an zwei Tischen, dann band Vandura seine Gummischürze ab und verließ das Notlazarett.
    Der König hatte ein Ultimatum gestellt – Einstellung aller Kampfhandlungen, sonst würde er mit der Armee rücksichtslos die Widerstandsnester ausräuchern – und Karabasch hatte geantwortet: Keine Kapitulation, Widerstand bis zum Letzten, Hinrichtung der Geiseln, wenn die Armee weitermarschiert. Nieder mit dem Haschemitenkönigtum!
    Jeder nahm diese Drohung ernst. Was sind dreihundert Menschen in der Wüste wert

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