Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
herumgesprochen, daß sie die Geliebte des Hakim-Pascha sei – das genügte, sie auszustoßen aus der europäischen Welt. Es spielte dabei keine Rolle, daß damals der Hakim noch Vandura hieß … »Sie ist nicht besser als die Roten!« sagte eine der Damen der Gesellschaft. Sie war nach Amman gekommen, um mit einer alten Freundin aus der britischen Botschaft Bridge zu spielen. »Wer sich einem solchen Kerl, ob Vandura oder Pascha, an den Hals wirft, ist ein Flittchen!«
    Katja kümmerte sich nicht darum. Sie blieb meistens auf ihrem Zimmer, und wenn sie im Eßsaal erschien – die Hotelleitung hielt den Schein einer guten Tafel mit primitiven Mitteln aufrecht –, saß sie meistens in einer Ecke und spürte die Blicke der anderen. Nur Bernd Zobel kreuzte schnell einmal auf, wie immer in Eile, und jubelte: »Ich fahre morgen zur Basisgruppe der Guerillas. Das verdanke ich Ihrem Vandura. Ein toller Knabe. Steht im Lazarettkeller im Blut und operiert wie eine Maschine. Die anderen haben Mühe, ihm die Verwundeten auf den Tisch zu schieben, so schnell geht es! Mädchen, wir sehen uns in drei Tagen wieder. So long …«
    Dreimal versuchte Katja, mit Vandura in Verbindung zu kommen. Sie scheiterte an irgendwelchen Wachen. Ein Brief an Vandura verschwand auf dem Wege ins Hauptquartier – er landete bei Laila, die ihn zerriß, nachdem sie ihn mit ihren wenigen Deutschkenntnissen entziffert hatte.
    Es war ein Brief voller Liebe und Sehnsucht – und es war für Katja ihr eigenhändig geschriebenes Todesurteil.
    Laila Husseini machte sich am Abend auf, Katja zu töten. Sie trug wieder die Männeruniform und wurde von allen Wachen ohne Fragen durchgelassen.
    Im Hotel wartete sie in einer Ecke, bis Katja hinauf auf ihr Zimmer ging. Dann folgte sie ihr und ging an Katjas Tür vorbei bis zum Ende des Flures. Dort blieb sie stehen, lehnte sich an das Fenster und steckte sich mit nervösen Fingern eine Zigarette an.
    Wie töte ich sie, dachte Laila. Sie war ohne Plan ins Hotel gekommen, nur getrieben von der Macht des Hasses. Jetzt aber verlangte die Tat zuerst eine Planung, denn der Befehl Karabaschs, das wußte Laila, galt auch für sie: Tötete sie Katja und wurde überführt, ließ Karabasch auch sie hinrichten, mit der gleichen unbewegten Miene, wie er die drei Diebe hatte erschießen lassen. Ihre Köpfe staken noch immer auf den Speeren, und von den Fenstern des Hotels aus konnte man mit Schaudern beobachten, wie die Geier das Fleisch abrissen und schließlich nur noch die Knochen übrigließen. Sie bleichte die Sonne schneller, als man dachte.
    Laila tastete nach ihrer Hosentasche. Dort lagen ein kleiner Revolver und ein scharfes Messer. Aber sie kamen als Waffe nicht in Betracht. Wie ein Unfall muß es aussehen, dachte sie. An einem Unfall kann auch Karabasch nichts finden.
    Ein Unfall! Allah, wie macht man einen Unfall?
    Sie drückte das Gesicht an das Fenster und starrte hinunter in den Garten. Zwei Gärtner sprengten die Blumen und den Rasen, mit Erlaubnis der Rebellen und nach langem Palaver des Hoteldirektors mit dem Hauptquartier.
    Wasser! Sie wird im Wasser ersticken! Wie eine Katze werde ich sie ersäufen. Und es wird aussehen wie ein Schwächeanfall.
    Laila stieß sich vom Fenster ab, zertrat die Zigarette auf dem wertvollen Teppich, steckte die Hände in die Taschen, umklammerte Revolver und Messer und suchte an diesen kalten Gegenständen Mut.
    Es ist nicht einfach, einen Menschen umzubringen.
    Mit einem Ruck blieb sie vor Katjas Zimmertür stehen und klopfte dann mit der Faust daran. Von innen antwortete Katjas Stimme.
    »Ja? Bitte? Kommen Sie herein …«
    Laila zog die Schultern hoch. Sie kennt mich nicht, dachte sie. Das macht vieles einfacher und schneller.

8
    Die Fenster des Zimmers waren verbarrikadiert wie alle Fenster des Hotels. Die Matratze stand hoch gegen die Scheibe, davor hatte man die Couch gerückt. Katja Hellersen saß auf ihrem Bett, die Beine unterschlagen und mit aufgelösten Haaren. Ihre Schönheit, südländisch und erregend wie Lailas eigenes Aussehen, sprang Laila an mit der Gewalt eines Hasses, wie ihn nur Frauen empfinden können. Sie blieb in der Tür stehen und wollte etwas sagen, als von der anderen Ecke des Zimmers her ein fröhliches Lachen ertönte. Sie fuhr herum und sah einen jungen Mann auf der Erde sitzen, umgeben von einem Ring aus Kameras, Filmspulen und Objektiven.
    Die Abreise Bernd Zobels zur Basisgruppe hatte sich durch einen Angriff der Königstruppen verzögert.

Weitere Kostenlose Bücher