Der Wüstenpalast
vor Kurzem das Recht auf Ausbildung zugebilligt bekommen. Die Vorstellung einer hochgebildeten Frau war für einen durchschnittlichen Datari etwa ähnlich normal wie kleine grüne Männchen vom Mars.
“Spricht irgendetwas dagegen?”, wollte Bethany ärgerlich wissen, die Wangen hochrot, als sie zur Seite gezogen wurde und damit ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit geriet.
“Ihr Visum ist ungültig”, teilte ihr der Passbeamte mit und winkte zwei uniformierte Sicherheitswachen herbei, die bereits in ihre Richtung blickten. “Sie können nicht nach Datar einreisen. Mit dem nächstmöglichen Flug werden Sie nach England zurückgeschickt. Falls Sie kein Rückflugticket besitzen, werden wir großzügig die Kosten übernehmen.”
“Ungültig?”, wiederholte Bethany ungläubig.
“Erschlichen durch arglistige Täuschung.” Der Beamte unterzog sie einem Blick von äußerster Strenge, bevor er sich mit einem Wortschwall auf Arabisch an die beiden anderen Männer wandte.
“Arglistige Täuschung …?” Bethany konnte es nicht fassen, dass der Mann es wirklich ernst meinte.
“Die Flughafenpolizei wird Sie bis zu Ihrer Ausreise in Gewahrsam nehmen”, teilte er ihr mit.
Die Polizisten betrachteten sie bereits mit unverhüllter Neugier, und trotz der ihr drohenden Abschiebung vermochte Bethany ihre Empörung über deren unverschämte Musterung kaum zu zügeln.
“Sie machen einen schweren Fehler”, erklärte sie, wobei sie sich zu ihrer vollen Größe von einem Meter achtundsechzig aufrichtete. “Ich verlange, mit Ihrem Vorgesetzten zu sprechen! Mein Visum wurde vollkommen rechtmäßig von der Botschaft Datars in London ausgestellt …” Bethany brach ab, als sie merkte, dass ihr niemand auch nur das geringste Gehör schenkte und die Polizisten sich ihr mit alarmierender Entschlossenheit näherten.
Unvermittelt wurde Bethany von Panik ergriffen. Sie holte tief Luft und brachte die einzige Verteidigungswaffe zum Einsatz, die sie besaß: “Ich möchte, dass Sie wissen, dass ich eine enge persönliche Freundin Ihres Kronprinzen Razul bin!”
Der Beamte, der sich schon abgewandt hatte, fuhr herum und stand da wie versteinert.
“Wir sind uns während seines Studienaufenthaltes in England begegnet.” Bethanys Wangen glühten vor Zorn und zugleich vor Verlegenheit darüber, dass sie zu einer derart drastischen Hilfsmaßnahme hatte greifen müssen.
Sie warf den Kopf zurück, sodass das Lampenlicht auf ihren langen Locken glitzerte und ein feuriges Farbenspiel von Kupfer über Gold bis hin zu Tizianrot auslöste.
Mit offenem Mund starrte der Beamte sie an. Dann wich er einen Schritt zurück, das dunkle Gesicht plötzlich aschfarben, und ließ einen weiteren gutturalen, arabischen Redeschwall auf die beiden Polizisten los.
Ein schockierter Ausdruck, gefolgt von Erschrecken, huschte über deren Mienen. Auch sie wichen zurück.
“Sie sind
die Eine”,
flüsterte der Passbeamte geradezu.
“Die eine was?”, fragte Bethany, verblüfft über die Wirkung, die ihre Äußerung gezeitigt hatte.
Atemlos und in dringendem Tonfall rief er irgendetwas in sein Funkgerät und zog dann ein Taschentuch hervor, um sich damit die Schweißtropfen von der Stirn zu wischen.
“Hier liegt ein furchtbares, ganz unverzeihliches Missverständnis vor, Dr. Morgan.”
“Wegen meines Visums?”
“Mit Ihrem Visum gibt es kein Problem. Bitte kommen Sie hier entlang”, drängte er, während er sich immer wieder aufs Neue entschuldigte.
Innerhalb weniger Minuten traf ein elegant gekleideter Mann mittleren Alters ein, der sich als Flughafendirektor Hussein bin Omar vorstellte. Dieser begann ebenfalls, hektische Entschuldigungen sowohl auf Englisch als auch auf Arabisch hervorzustoßen. Er lotste Bethany in ein geräumiges Büro, wo er sie bat zu warten, bis man ihr Gepäck geholt habe. Von seiner Unterwürfigkeit war sie peinlich berührt.
Bei ihrer Ankunft in Datar derartige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, war das letzte, was Bethany gewollt hatte. Nervös wartete sie fünfzehn Minuten, bis der Flughafendirektor zurückkehrte und sie hinausbegleitete – zu einem roten Teppich, der vorher nicht dort gelegen hatte.
Es muss sich um eine Verwechslung handeln, dachte Bethany. Anders konnte sie sich die Sache nicht erklären. Was, in aller Welt, glaubt dieser Hussein bin Omar, wer ich bin? Oder berechtigt einen die Bekanntschaft mit dem Kronprinzen automatisch zu solch bevorzugter Behandlung?
Es war idiotisch gewesen, zu
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