Der Wüstenpalast
Datari-Familie besuchen, einen legalen Arbeitsvertrag vorweisen können oder in Begleitung eines Verwandten beziehungsweise eines männlichen Kollegen reisen”, zählte Razul gleichmütig auf. “In deinem Visum stand, dass du einen Begleiter haben würdest. Aber du bist allein angekommen. Diese Tatsache reichte aus, um dein Visum ungültig zu machen.”
Bethany hob das Kinn, ihre grünen Augen blitzten. “Ihr diskriminiert also ausländische Frauen, indem ihr lächerliche Regeln aufstellt …!”
“Diskriminierung kann manchmal auch positiv sein …”
“Niemals!”, bekräftigte Bethany energisch.
“Du zwingst mich dazu, offen zu sein.” Ungeduldig sah Razul sie an, sein breiter Mund wurde hart. “Einen Zustrom an Prostituierten kann man wohl kaum als für unsere Gesellschaft förderlich erachten.”
“Prostituierte?”
“Unsere Frauen müssen bei ihrer Hochzeit Jungfrauen sein. Wenn nicht, kann man sie nicht verheiraten, und die Familie ist entehrt. In einer solchen Gesellschaft mag das älteste Gewerbe der Welt zwar durchaus florieren, aber wir hatten keine Probleme auf diesem Gebiet bis zu dem Zeitpunkt, als wir Visa mit allzu großer Freizügigkeit ausgestellt haben.”
“Soll das etwa heißen, dass man mich am Flughafen für eine Art Hure gehalten hat?”, fuhr Bethany auf.
“Die andere Sorte Frauen, der wir nach Möglichkeit die Einreise verweigern, will ich mal in Ermangelung eines treffenderen Ausdrucks als
arbeitende Abenteurerin
bezeichnen.”
“Ich fürchte, ich kann dem nicht ganz folgen.”
“Es gibt junge Frauen, die angeblich herkommen, um zu arbeiten. Sie strömen in die Nachtclubs, die in der Stadt aus dem Boden geschossen sind. Und dort trinken sie, kleiden und benehmen sich in einer Art und Weise, die in ihrem eigenen Land durchaus akzeptabel sein mag, aber von den Datari-Männern in einem ganz anderen Licht gesehen wird”, erklärte Razul. “Ein beträchtlicher Prozentsatz dieser Frauen kehrt nicht wieder nach Hause zurück. Sie bleiben illegal im Land und lassen sich als Geliebte aushalten, um einen luxuriösen Lebensstil pflegen zu können.”
“Na, ich sehe aber doch wahrhaftig nicht danach aus!”, entgegnete Bethany entrüstet. “Und so faszinierend dieses Thema auch sein mag, denke ich doch, es ist allmählich Zeit, dass ich mich auf den Weg in mein Hotel mache.”
“Alleinstehende Frauen werden gegenwärtig nicht als Gäste in unseren Hotels aufgenommen.”
Bethany strich sich die Haare zurück. “Wie bitte?”
“Kein Hotel wird dir eine Unterkunft anbieten.” Razul musterte sie eingehend. “Wenn ich dich nicht in den Palast hätte bringen lassen, wärst du jetzt schon auf dem Rückflug nach England.”
“Aber das ist doch einfach lächerlich”, schnappte Bethany erbost. “Ich kann schließlich nichts dafür, wenn mein Assistent sich kurz vor dem Abflug den Knöchel gebrochen hat!”
“Ein unglücklicher Zufall”, sagte Razul, allerdings mit einem leichten Lächeln, so als sei dies völlig belanglos.
Bethany schob ihre Tasse fort und zwang sich zu einem Lächeln. “Hör zu, das hier ist für mich eine äußerst wichtige Forschungsreise …”
“Du nimmst deine Arbeit immer so ernst”, warf Razul ein.
“Ich bin nach Datar gekommen, um die Kultur der Nomaden zu erforschen.”
“Was für ein zahmes Thema.”
“
Zahm?”
“Ich habe deine Arbeit über die Unterdrückung der Rechte der Frauen gelesen”, meinte er liebenswürdig.
“Ach, tatsächlich?” Bethany war mehr als überrascht.
“Und deshalb möchte ich dir anbieten, auf einem Gebiet zu forschen, das dich in der akademischen Welt berühmt machen wird, wenn du in den Westen zurückkehrst.”
“Und auf welchem Gebiet, wenn ich fragen darf?” Ein unbestimmtes Unbehagen erfüllte sie.
Wieder lächelte Razul sein raubkatzenartiges Lächeln. “Ein längerer Aufenthalt in meinem Harem wird dir nicht nur genügend Raum für deine Forschungen bieten, sondern auch mir die Gelegenheit geben, dich zu lehren, was es bedeutet, eine Frau zu sein”, antwortete er seidenweich und selbstzufrieden.
2. KAPITEL
“In deinem Harem?” Eine halbe Minute lang starrte Bethany Razul lediglich an, die hellen grünen Augen geweitet. Dann presste sie die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. “Sehr witzig.”
“Du bist jetzt in meiner Welt”, bemerkte Razul kühl und umfasste sie mit einem dunklen verschleierten Blick, der so intim war wie eine zärtliche Liebkosung. “Wenn du wieder
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