Der Wuestenplanet - Paul Atreides
größten Teil ihres Lebens unzertrennliche Gefährten gewesen. Und schon bald, so hoffte er, würde ein gemeinsames Enkelkind auf die Welt kommen und ihre Bindung wieder festigen.
Garon räusperte sich. »Es könnte schwierig werden, Graf Fenring ausfindig zu machen, Herr.«
»Seit wann schreckt ein Sardaukar-Offizier vor einer schwierigen Aufgabe zurück?«
»Das wird niemals geschehen, Herr. Ich werde mein Bestes geben.«
8
Es ist leichter, eine fremde Kultur zu beurteilen, als sie zu verstehen. Wir neigen dazu, alles durch die Filter unserer biologischen und kulturellen Vorurteile zu betrachten. Sind wir dazu in der Lage, Brücken zu schlagen? Und wenn ja, sind wir in der Lage, wirklich zu verstehen?
Auszug aus einem Bericht der Bene Gesserit über galaktische Kolonien
Graf Hasimir Fenring war im Zuge seiner Arbeit für Shaddam IV. schon vielen ungewöhnlichen Völkern begegnet, aber die Bene Tleilax stellten sogar die Definition des Menschlichen infrage. Durch genetische Manipulationen hatte die herrschende Kaste der Tleilaxu-Meister gezielt fremdartige körperliche Charakteristika angenommen – neugierige kleine Augen, scharfe Zähne und verstohlene Bewegungen, als wären sie ständig auf der Hut vor Raubtieren. Andere Mitglieder ihres Volkes waren größer und sahen wie normale Menschen aus, aber in ihrer auf den Kopf gestellten Gesellschaft gehörten die mausähnlichen Männer der höchsten Tleilaxu-Kaste an.
Und nun hatte er mit seiner Familie ein neues Zuhause bei ihnen gefunden.
Der Graf und seine Frau Margot spazierten an einem Seeufer in der Stadt Thalidei entlang, wo die Tleilaxu-Meister ihnen zu wohnen erlaubt hatten. Das Paar gab sich alle Mühe, das Gefühl zu ignorieren, nicht hierherzugehören. Hinter den Dächern sah er die hohe Festungsmauer, die den Industriekomplex am Rande eines toten und stinkenden Sees umschloss, der fast ein Binnenmeer war. Diese Leute betrachteten die Umweltverschmutzung, die Mischung der chemischen Brühe und die ungewöhnlichen organischen Reaktionen als Reservoir von Möglichkeiten, als Experimentierfeld, das interessante Resultate hervorbrachte, die geerntet und getestet werden konnten.
Anders als in der heiligen Stadt Bandalong war Fremden hier der Zutritt gestattet, aber die Tleilaxu bemühten sich trotzdem nach Kräften, die Fenrings zu isolieren. Die Einrichtungen zur Sicherheitskontrolle waren vor vielen glattwändigen Gebäuden zu sehen, und die Strahlen der Abtaster tauchten die Eingänge in irisierendes Licht und versperrten allen Ungläubigen den Weg. Einige der wichtigsten Tleilaxu-Programme wurden in Thalidei durchgeführt, einschließlich des komplizierten und geheimnisumwitterten Prozesses, mit dem bestimmte Mentaten umgedreht wurden. Fenring hatte sich geschworen, sich die Einzelheiten früher oder später aus nächster Nähe anzusehen.
Nur einen Monat, nachdem Paul Atreides den abgesetzten Imperator nach Salusa Secundus geschickt hatte, war Fenring klargeworden, dass er das gemeinsame Exil mit Shaddam und seinen depressiven Launen nicht lange ertragen würde. Die beiden hatten sich ständig gestritten, so dass der Graf schließlich Abreisevorbereitungen getroffen hatte. Andernfalls hätte er seinen langjährigen Freund womöglich umgebracht, aber das war ein Mord, den er eigentlich nicht begehen wollte.
Da sich Muad'dibs Bann nicht direkt auf ihn bezogen hatte, war es für Fenring kein Problem gewesen, sich von Salusa davonzustehlen. In Verkleidung hatte er sich nach Belieben von Planet zu Planet fortbewegen können, obwohl er den Tleilaxu, mit denen er bereits zusammengearbeitet hatte, sofort seine Identität offenbart hatte. Margot hatte eine Tochter, und Salusa war kein geeigneter Ort, um ein Kind aufzuziehen. Also war der Graf lieber auf Tleilax abgetaucht, wo ihn niemand vermuten würde, wo es vergleichsweise sicher war und sie ungestört ihre Tochter großziehen und ausbilden konnten. Die Tleilaxu waren zwar ein recht unangenehmer Menschenschlag, aber sie konnten Geheimnisse wahren. Schließlich hatten sie selbst jede Menge davon.
Fenring hatte viele Gefallen einfordern müssen und angedeutet, bei seinen früheren Geschäften mit den Tleilaxu brisante Dinge in Erfahrung gebracht zu haben – die allgemein bekanntgemacht würden, sollte ihm irgendetwas zustoßen. Die Tleilaxu hatten kaum gemurrt und den Fenrings gestattet, bei ihnen zu bleiben, und die Familie hatte sich vorgenommen, mehrere Jahre lang hier zu verweilen.
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