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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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mir etwas Bedenkzeit«, bat er, aber Sethi schüttelte energisch den Kopf.
    »Das kann ich nicht, und das weißt du. Entweder du schwörst mir hier und jetzt deine Treue oder aber ...«
    »Oder was, mein Prinz?«
    Sethi grinste hinterhältig. »Ich glaube, dass du dir das denken kannst.«
    Senenmut war unbehaglich zumute. »Was genau verlangst du von mir?«
    »Erst musst du schwören, mir treu zu dienen!«
    Einen kurzen Moment zögerte Senenmut. Dann stand er auf, um zu Füßen des Prinzen niederzuknien. Er presste die rechte Hand auf sein Herz und leistete den Eid.
    »Also gut, mein Freund, höre mir genau zu. Du erinnerst dich sicher an jenen Unfall in Opet-sut, als durch einen herabstürzenden Stein der Zweite Prophet getötet und Nesamun schwer verletzt wurde?«
    Senenmut nickte. Er konnte sich noch sehr genau an jenen Tag erinnern.
    Er war gerade zum Vorsteher der Vorlesepriester berufen worden und hatte in unmittelbarer Nähe den Unfall miterlebt. Nach dem Ableben des Zweiten Propheten hatte Osiris Ramses VI. keinen neuen Schatzmeister ernannt, sofort aber den dritten Gottesdiener seines Amtes enthoben, da sich dieser zusammen mit seinem Amtskollegen gegen den König verschworen hatte. An die Stelle des Dritten Propheten war Nesamuns Bruder Amenophis getreten, der bis dahin das Amt des Vierten Propheten innegehabt hatte, und er, Senenmut, hatte fortan dessen Platz eingenommen. Nachdem Nesamuns Bein wieder einigermaßen verheilt gewesen war, hatte er sein Amt als Oberster Steuereintreiber des Königs aufgegeben und war vom Pharao mit dem Amt des Schatzmeister und Domänenverwalter von Opet-sut belohnt worden.
    »Ramses weilt bald wieder in Theben«, fuhr Sethi fort und riss damit Senenmut aus seinen Erinnerungen. »Während dieser Zeit wird er die Riten in Opet-sut zelebrieren. Ich denke, du weißt, was während dieser Zeremonien passieren wird?«
    »Ich denke schon, Hoheit. Ich weiß nur nicht, ob ich in so kurzer Zeit etwas ausrichten kann«, wandte Senenmut vorsorglich ein.
    Sethi ignorierte seine Bedenken. »Ramses gedenkt, das vierte Jubiläum seines Erscheinens auf dem Thron der Beiden Länder in Theben zu feiern. Es bleiben dir noch sechs Monate, mein Freund. Ich denke, das sollte ausreichend Zeit sein, um alles in die Wege zu leiten. Enttäusche mich nicht, Senenmut, und ...«, Sethis Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, »... versuche nicht, mich zu hintergehen. Das würde dir nicht gut bekommen!« Er stand auf und ließ den Vierten Propheten allein.
    Nachdem der Prinz gegangen war, stürzte Senenmut zwei Becher des kühlen Weins die Kehle hinunter und versuchte, sich zu beruhigen.
    Was hatte er gerade getan? Er hatte sich mit Sethherchepeschef zu einem Komplott gegen den Herrn der Beiden Länder verschworen! Einfach so, ohne groß darüber nachzudenken, doch nun gab es kein Zurück mehr für ihn.
    Nervös fuhr er sich mit der flachen Hand über seinen kahl rasierten Schädel und versuchte, seine Gedanken zu sortieren.
    Was der Prinz von ihm verlangte, war natürlich zu bewerkstelligen. Es gab genug zwielichtige Gestalten in Theben, die für einen angemessenen Lohn einen Mord verüben würden. Allerdings würde dieses Mal das Opfer kein gewöhnlicher Mensch sein, sondern der gottgleiche Pharao.
    Senenmut erschauerte bei diesem Gedanken.
    »Ich muss einfach meine Skrupel überwinden und die verzweifelten Warnungen meines Herzens ignorieren«, sprach er sich selbst Mut zu. »Dann wird alles gut gehen, und niemand wird mir auf die Schliche kommen. Es ist für Gewissensbisse zu spät. Ich habe dem Prinzen mein Wort gegeben. Das kann ich nicht brechen.«
    Wenn auch noch nicht gänzlich von seinen Zweifeln befreit, begann sich sein Gesicht aufzuhellen, wenn er daran dachte, welcher Lohn ihm winken würde. Er konnte es kaum glauben, dass seine Gebete erhört worden waren. Endlich würde er die Rangstufenleiter im Tempel weiter nach oben klettern. Dass es nun gleich nach ganz oben gehen sollte, hatte er zwar selbst in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet. Er war sich auch sicher, dass sein Flehen nicht von den Göttern erhört worden war, aber das war ihm mit einem Mal einerlei. Er sollte schon bald den Amtsstab des Hohepriesters von Opet-sut sein Eigen nennen. Einzig das zählte jetzt noch für ihn.

ZWANZIG
      
     
     
     
     
     
     
    Überrascht blickte Amunhotep von seiner Schriftrolle auf, als ihm ein Wab-Priester die Ankunft des Re-Hohepriesters Ramose meldete.
    »Bitte ihn herein«,

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