Der Wunsch des Re
durchzuckte es ihn. »Oder vielleicht sogar schwarze Magie?«
Grübelnd starrte er auf das Gebäck, das für ein paar Wespen von großem Interesse war. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder wichtigeren Dingen zu.
War er wirklich bereit, zu diesen verbotenen Mitteln zu greifen, um zu erreichen, was er wollte?
Nachdenklich erhob er sich und trat aus dem Pavillon heraus.
Es gab genug Menschen, die sich mit Magie auskannten. Schon jeder Vorlesepriester war ein Magier, da er die heiligen Texte für das tägliche Ritual beherrschte, jeder Heri-tep ein Meister darin. Doch würden sie auch in der Lage sein, ihre wohlwollende, schützende Magie in eine zerstörerische, tödliche zu wandeln?
»Die Frage lautet wohl eher: Werden sie überhaupt gewillt sein, mir zu helfen? Immerhin geht es um den Pharao, den lebenden Gott!«, murmelte er kaum hörbar vor sich hin und steuerte auf eine Akazie zu, um sich in ihrem Schatten niederzulassen.
Gift wäre ebenfalls eine Möglichkeit. Mord an einem Gottkönig war zwar eher die Ausnahme. Dennoch war sicher schon der ein oder andere Pharao durch Gift schneller zu seinem göttlichen Vater Re in die Sonnenbarke gestiegen, als ihm lieb gewesen war.
Bei diesem Gedanken musste Sethi grinsen, und seine düstere Miene hellte sich etwas auf.
Oder aber ein gedungener Meuchelmörder, der ohne Bedenken einen Mord ausführen würde? – Es gab der Tötungsvarianten genug. Es durfte nur niemand ihn, den Prinzen, damit in Verbindung bringen.
Ein tödlicher Unfall wäre auch nicht von der Hand zu weisen und würde keine weiteren Fragen aufwerfen, überlegte er sich. Ramses hatte mehrere kleinere und größere Bauvorhaben befohlen. Eines davon befand sich in Abydos, wo Amunhotep als Oberster Baumeister des Königs fungierte, ein weiteres im Königstal, wo der Osiris-Hohepriester regelmäßig seine Kontrollen durchführen musste. An beiden Orten böte sich eine Möglichkeit, sich des verhassten Rivalen zu entledigen. Eine weitere stellte Ramses’ Thronjubiläum dar, das dieser in Theben begehen wollte, um die Riten in Opet-sut zu zelebrieren. Da Amunhotep als Fächerträger zur Linken bei offiziellen Anlässen stets an Ramses’ Seite war, wäre er mit einem Schlag gleich beide Männer los, die ihm im Wege standen.
Nachdenklich strich sich Sethi übers Kinn.
Dieser Einfall schien ihm der vernünftigste zu sein. Es verblieben ihm noch gut sieben Monate, um vertrauenswürdige Verbündete zu finden, die ihm helfen sollten, seinen wahnwitzigen Plan in die Tat umzusetzen. Doch vor allem musste er wieder der fröhliche Prinz werden, um Ramses vorzugaukeln, dass er sich damit abgefunden hatte, dass Meritusir ihm niemals gehören würde. Es galt aber auch, sich auf sein zukünftiges Amt als Pharao vorzubereiten. Sethi wusste, dass er von Regierungsangelegenheiten recht wenig verstand. Er hatte sich nie um derlei Dinge geschert. Stets war er nur der frohgelaunte Sohn, Bruder oder Onkel des mächtigen Pharaos gewesen. Nun war es jedoch an der Zeit, sich seinen zukünftigen Pflichten zu stellen und all das dazuzulernen, was er bisher als nicht notwendig erachtet hatte. Das aber musste er behutsam angehen, damit weder Ramses noch einer der königlichen Beamten Verdacht schöpfen konnte. Niemand durfte sich anfangen zu fragen, warum sich der verwöhnte Prinz plötzlich für Dinge interessierte, die ihm bisher egal gewesen waren.
»Ich werde sie alle zu täuschen wissen«, murmelte er grimmig vor sich hin, erhob sich und begab sich zügigen Schrittes zurück in seine Gemächer. Dort befahl er seinen Haushofmeister zu sich und trug ihm auf, alles für ein rauschendes Fest vorzubereiten.
In der Folgezeit kam er aus seiner Abgeschiedenheit wieder hervor. Er feierte fröhliche Feste, veranstaltete Bootsfahrten auf dem Fluss und begab sich mit Freunden auf die Jagd. Zur Freude seiner Dienerinnen und der jungen Frauen am Hof nahm er sein bewegtes Liebesleben wieder auf, und schon nach kurzer Zeit schien sein königlicher Neffe beruhigt zu sein.
Als er sich zum wiederholten Mal mit derselben Frau an seiner Seite in der Öffentlichkeit sehen ließ, glaubte Ramses sogar, sein Onkel hätte die Frau fürs Leben gefunden. Für Sethherchepeschef hingegen bedeutete es, dass die Zeit gekommen war, um den nächsten Schritt seines Plans einzuleiten.
»Ich habe es satt«, erklärte er seinem königlichen Neffen, »mich tagein und tagaus nur den Vergnügungen eines verwöhnten Königssohns hinzugeben. Ich bin jetzt
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