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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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hatte und mit den Schultern zuckte.
    Senenmut war nicht bereit, Sethi die Augen zu öffnen. Von ihm würde der Prinz nichts erfahren, denn er würde damit gegen seinen Schwur verstoßen, niemals einem Fremden etwas über die Geheimnisse der Priesterschaft zu erzählen.
    Sethi legte den Kopf schief und musterte den Priester. »Was soll ich aus deiner Reaktion entnehmen? Kannst du mir darüber nichts sagen oder willst du es nicht?« Seine Miene wurde mürrisch.
    Senenmut blieb völlig ruhig und schob sich ein weiteres Gebäckstück in den Mund. Er kaute, schluckte und erwiderte anschließend den Blick des Prinzen.
    »Ich will nicht, Hoheit, und ich kann es auch nicht. Du bist kein Priester. Deshalb verbietet es mir meine Schweigepflicht, dir darauf zu antworten.« Er wandte seinen Blick wieder ab, griff nach seinem Becher und spülte den Rest des Kuchens mit einem Schluck Wein hinunter.
    »Muss ich mir erst den Schädel kahl rasieren und Priester werden, damit ich eine Antwort bekomme?«, fauchte Sethi aufgebracht und schlug mit der Faust auf den Tisch, der zwischen den beiden Männern stand.
    »Das wäre ein Anfang. Dennoch würde es noch viele Jahre dauern, bis du sie erhalten würdest. Es gibt nämlich Dinge, die nur der obersten Priesterschaft enthüllt werden ...« Senenmut machte eine Pause. »Und natürlich dem Pharao.«
    »Dann muss ich Pharao werden«, stellte Sethi trocken fest.
    Senenmut konnte seine verschlossene Miene nicht länger beibehalten. Hörbar schluckte er. »
Dann musst du Pharao werden?
– Was willst du damit sagen?«, krächzte er und griff fahrig nach seinem Wein.
    »Du weißt genau, was ich damit sagen will«, entgegnete Sethi gelassen. Er hatte sich soeben entschieden, Senenmut in sein Vorhaben einzuweihen. Spöttisch blickte er den Priester an, dem das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben stand.
    »Aber Ramses ist Pharao und, soviel ich weiß, bei bester Gesundheit«, hielt der Prophet bestürzt dagegen. Seine Hand, die den Weinbecher hielt, zitterte leicht.
    Unbeeindruckt zog der Prinz die rechte Augenbraue in die Höhe. »Wie alt bist du jetzt?«
    Verstört riss Senenmut die Augen auf und musste kurz nachdenken, denn diese Wendung des Gesprächs hatte ihn komplett verwirrt. »Nächsten Monat werde ich fünfunddreißig Jahre alt.«
    »Fünfunddreißig und schon der vierte Diener des Gottes«, sinnierte Sethi. Er kratzte sich hinterm Ohr, schlug gelassen die Beine übereinander und sah nachdenklich auf seine vergoldeten Ledersandalen. »Ich bin zwei Jahre älter als du. Wir beide sind Männer im besten Alter, doch keiner von uns weiß, wie viele Jahre uns die Götter noch schenken werden. Deshalb glaube ich, dass auch du nichts dagegen einzuwenden hättest, mehr zu sein als nur der Vierte Prophet des Amun-Re. Jeder Mann strebt nach Höherem, und bekanntermaßen sind selbst die Propheten des Großen Gottes Amun sehr machthungrig – Nesamun und sein Bruder natürlich ausgeschlossen.« Sethi forschte in Senenmuts Gesicht, doch dieser hatte sich in der Zwischenzeit wieder gefasst und eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. »Würde es dir nicht gefallen, im Alter von fünfunddreißig Jahren das Amt des Ersten Propheten des Amun-Re zu bekleiden? Das ist in diesem Alter sonst niemandem in den Beiden Ländern vergönnt, wenn man davon absieht, dass der Einzige Freund des Königs bereits mit fünfundzwanzig Hohepriester von Abydos geworden ist. Was würdest du dazu sagen, Senenmut?«
    »Ich glaube, Hoheit, die Frage sollte besser lauten: Was muss ich dafür tun?«
    Sethi lächelte vergnügt. »Du bist ein kluger Mann, wie ich sehe.« Er griff nach einem Kuchenstück und begann daran zu knabbern. »Du wirst mir helfen, den Thron der Beiden Länder zu besteigen. Es wird dein Schaden nicht sein.«
    Entsetzt duckte sich Senenmut. »Soll ich etwa Ramses töten?«, zischte er und funkelte Sethi wütend an. »Dazu erkläre ich mich niemals bereit!«
    »Aber, aber, mein Freund, doch nicht du selbst. Du sollst mir lediglich dabei behilflich sein. Du bist in Opet-sut eine angesehene Persönlichkeit und wirst sicher jemanden finden, der das erledigen kann. Tue das für mich, und du wirst von mir reich belohnt werden.«
    Der Vierte Prophet senkte den Blick.
    Lehnte er ab, würde das für ihn den sicheren Tod bedeuteten, denn der Prinz konnte sich keinen Mitwisser leisten. War er aber wirklich bereit, für das Amt des Hohepriesters seinen König zu verraten und sogar mitzuhelfen, ihn zu ermorden?
    »Gib

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