Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
ich von dunklen, drohenden Gewitterwolken begrüßt. Schwere Tropfen klatschen auf den Asphalt, und die Leute eilen hin und her, halten sich schützend die Jacken über die Köpfe und platschen in die Pfützen. Alle werden nass bis auf die Knochen. Ich eingeschlossen.
Ich versuche, mir den noch übrigen Teil der Zeitung über den Kopf zu halten, als ich die Straße entlanglaufe, doch innerhalb weniger Minuten ist sie völlig aufgeweicht. Die Seite mit den Elektrogeräten klatscht mir ins Gesicht und bleibt kleben, so dass die Farbe, mit der Dualit-Toaster angepriesen werden, auf meiner Stirn prangt, ehe die Zeitung wie ein nasses Zelt einbricht und sich eine Schliere aus Druckerschwärze über mein Gesicht zieht.
Ach was soll’s. Ich ramme das Ding in den nächsten Mülleimer und laufe weiter. Der Regen prasselt gegen meine Beine und durchweicht mein Kleid, so dass der hellblaue Baumwollstoff fast durchsichtig wird und an meinen Brüsten klebt, als wäre ich bei einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb - was betrunken bei einer Schaumparty auf Lanzarote schon schlimm wäre, aber noch viel schlimmer ist, wenn es auf der Straße in meinem Viertel passiert - und meine Brustwarzen wie Cocktailkirschen hervorstechen.
Gerade als mir dieser beschämende Gedanke durch den Kopf schießt, erblicke ich meinen Nachbarn, der staubtrocken unter seinem stabil aussehenden Regenschirm steht. Er wartet einige Meter von mir entfernt vor einem Weingeschäft, zieht lässig an seiner Zigarette und sieht in die Ferne, als wäre es ihm noch gar nicht aufgefallen, dass es wie aus Eimern schüttet. Wie schafft er es nur, immer so unglaublich attraktiv auszusehen?
In einem Anflug von Wahnsinn überlege ich, Hallo zu sagen. Schließlich sind wir Nachbarn. Als ich mich ihm nähere, beschleunigt sich mein Herzschlag wie das Piepen eines Metalldetektors, wenn er auf einen Schatz gestoßen ist. Verdammt, mir war nicht klar, wie nervös ich bin. Tief durchatmen. Tief durchatmen. Tief durchatmen.
Okay. »Hi«, sage ich lächelnd und beschließe aus irgendeinem Grund, die Hand wie ein Indianer in einer Art »Hugh«-Gruß zu heben.
Das Problem ist nur, dass er mich nicht sieht und ebenso wenig meine Interpretation von Galoppierender Kleiner Bär, da er sich in diesem Augenblick einer hübschen Brünetten zuwendet, die mit einer Flasche Wein in der Hand in der Ladentür erscheint. Sie taucht unter seinem Schirm ab, hakt sich bei ihm unter, und gemeinsam gehen sie die Straße hinunter, weichen unter Gelächter den Pfützen aus, springen über überquellende Gullys und tun so, als würden sie sich gegenseitig bespritzen. Ich schwöre, es ist eine Szene wie aus einem beschissenen Gene-Kelly-Film.
Ich kann mir den Wunsch nicht verkneifen, diejenige sein zu wollen, die unter diesem Schirm ist, trocken und glücklich, mit federndem Gang, statt klitschnass und voller Selbstmitleid im Regen zu stehen.
»Hallo.«
Eine laute Stimme lässt mich herumwirbeln.
Ich sehe ein Frauengrüppchen vor dem Geldautomaten stehen. Die jüngeren tragen ausgebleichte T-Shirts und an den Knien durchgescheuerte Jeans, während die älteren ihre Köpfe mit Schals bedeckt haben und Bastkörbe in der Hand haben, in die es hineinregnet. Sie versuchen, sich an die Leute heranzumachen. Doch leider haben die Menschen es im Allgemeinen nicht gern, wenn andere ihnen irgendetwas verkaufen wollen - sei es eine Versicherung am Telefon, eine Religion auf der Türschwelle oder Zigeuner-Glücksbringer auf der Straße. Außerdem hassen sie es, im Regen herumzulaufen, so dass die irischen Zigeunerinnen ignoriert werden. Die Leute ignorieren sie, unbemerkt bleiben sie jedoch nicht.
Wie alle anderen habe auch ich sie gesehen, doch ich will unbedingt so schnell wie möglich nach Hause, also verhalte ich mich genauso wie beim Anblick irgendwelcher Marktforschungstypen, ausländischer Flyer verteilender Studenten oder - wie ich zu meiner Schande gestehen muss - dieser Greenpeace-Typen, die mich fragen, ob ich mich zu einer monatlichen Spende verpflichten möchte. Ich senke den Kopf, sehe stur geradeaus und tue so, als litte ich unter akutem Verlust meines Gehörs.
»Sie haben ein hübsches Gesicht, Schätzchen.« Eine der Zigeunerinnen löst sich aus der Gruppe, um sich wie ein Rugbystürmer vor mir aufzubauen.
Ich versuche, mich an ihr vorbeizuschieben, doch sie versperrt mir den Weg. »Hier, nehmen Sie einen Zweig Heidekraut. Benutzen Sie ihn weise, dann wird er Ihren Herzenswunsch erfüllen. Das
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