Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
beantragen, als Freelancerin arbeiten - es war, als hätte sich mein Leben schlagartig beschleunigt. Ehe ich mich’s versah, packte ich meine Le-Creuset-Töpfe, nahm Abschied und versprach, mich per Mail zu melden. Und dann war da natürlich Lionel.
Beim Gedanken an ihn spüre ich ein Ziehen in der Herzgegend. So sehr ich mein neues Leben mit Gabe genieße, so sehr verabscheue ich es, von meinem Vater getrennt zu sein. Es ist albern, ich weiß. Er ist in guten Händen und lediglich am anderen Ende der Leitung, wenn ich mit ihm telefoniere, trotzdem vermisse ich ihn. Manchmal wünschte ich fast …
Aber natürlich tue ich es nicht. Der Heidekrautzweig hat mir eine Lektion erteilt, und seither bin ich ein anderer Mensch. Neulich, zum Beispiel - Gabe und ich waren am Strand, als ich ein Mädchen in einem Bikini vorbeigehen sah: Selbst Cameron Diaz hätte für diesen Hintern einen Mord begangen, und gerade als ich mir wünschen wollte, er wäre mein eigener, hielt ich inne. Was nicht einfach war, denn der Hintern war ausgesprochen hübsch. Trotzdem war ich froh, dass ich widerstanden habe, denn fünf Minuten später meinte Gabe, ich hätte den perfektesten Hintern, den er je gesehen hätte. Womit bewiesen wäre, dass man wirklich vorsichtig sein muss mit dem, was man sich wünscht.
Doch rückblickend betrachtet bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das Heidekraut tatsächlich ein solcher Glücksbringer war. Vielleicht habe ich ja doch meiner Fantasie zu sehr freien Lauf gelassen, und das Ganze war tatsächlich nur eine Verkettung von Zufällen...
In den Wochen nach dem Verschwinden des Zweigs passierten einige Dinge, die mich zu dieser Annahme führten. An der Waage bei Boots hing plötzlich ein »Außer Betrieb«-Zettel, und als ich die Verkäuferin fragte, was los sei, meinte sie, die Waage hätte auf einmal das falsche Gewicht angezeigt. Fünf Pfund zu wenig.
Als Nächstes fand jemand beim Gassigehen meine Brieftasche im Gebüsch in Hampstead Heath und brachte sie zur Polizei. Wie erwartet, fehlten das gesamte Bargeld und die Karten - bis auf meinen Organspenderausweis, mit dessen Hilfe die Polizei mich ausfindig gemacht hatte. Und bis auf den Lottoschein, der sicher im Innenfach steckte, wo ich ihn hingesteckt hatte. Und was die Millionenfrage betrifft … habe ich gewonnen?
Ja, habe ich.
Zumindest in gewisser Weise.
Ich hatte einen Vierer und habe zehn Pfund bekommen, was zwar nicht für einen Aston Martin Vanquish reichte, O.K., aber immerhin für ein Taxi nach dem Kino nach Hause. Und so albern es sich anhört, aber als ich neben Gabe auf den Rücksitz gekuschelt saß, fühlte es sich an, als hätte ich im Lotto gewonnen.
Aber ehrlich gesagt, je länger ich darüber nachdenke, umso weniger glaube ich, dass ich jemals die Wahrheit über den Heidekrautzweig herausfinden werde. Ein Teil von mir will glauben, dass es Magie war, dass all meine Wünsche tatsächlich in Erfüllung gehen. Aber natürlich weiß meine rationale, vernünftige Seite, dass das unmöglich ist. Solche Dinge passieren nur im Märchen, nicht im wahren Leben, oder?
Schließlich gelange ich zu einem großen, babyblau gestrichenen Holzhaus, schiebe mein Fahrrad in die Einfahrt und lehne es gegen die Stufen, wo ein großer ingwerfarbener Kater müßig in einem Streifen verblassenden Sonnenlichts döst. Ich bücke mich, um ihn zu streicheln. »Hey, Billy Smith«, flüstere ich und kraule ihn hinter den Ohren. Er lässt ein kehliges Schnurren hören, streckt sich wie ein Expander und spreizt seine kleinen weißen Pfoten. Ich lächle. Eindeutig bin ich nicht die Einzige hier, die den kalifornischen Lebensstil genießt.
Ich öffne die Tür und gehe hinein. Es ist still im Haus. Ich trete mir die sandigen Flip-Flops von den Füßen, tappe durchs Wohnzimmer und bleibe stehen, um die Lampe auf dem Beistelltisch anzuschalten. Daneben steht ein Foto von Gabe, das ich gemacht habe. Er steht vor der Laugh Factory auf dem Sunset Boulevard unter einem Schild, auf dem in großen schwarzen Lettern »Engel Gabriel Live« und »Ausverkauft« prangt.
Stolz lasse ich den Daumen über den Holzrahmen gleiten. Ich werde nie ein Fan von Standup-Comedy werden, aber ich lerne, es zu schätzen. Ein bisschen wie Bier, sinniere ich. Wobei mir einfällt, dass eine hübsche kühle Flasche jetzt genau das Richtige wäre. Ich gehe in die Küche.
»ÜBERRASCHUNG!«
Ich erstarre im Türrahmen.
Die Terrassentüren vor mir stehen weit offen, so dass ich in den
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