Der Zauber des weissen Wolfes
antwortete.
Die fünf warteten angespannt, während das Feuer, um das sich niemand kümmerte, niederbrannte und erlosch. Nach einiger Zeit kehrte Smiorgan zurück, seine Schritte donnerten hohl über den Dielenboden. Ein Angsthauch umgab ihn, ein beinahe greifbares Empfinden, und er zitterte sichtlich. Zuckende Bewegungen liefen an seinem Körper hinauf und hinab, und sein Atem ging stoßweise.
»Na? Hat Elric die Flotte versteckt - auf einen Schlag? Was hat er gemacht?« fragte Dharmit ungeduldig und ging bewußt nicht auf Smiorgans seltsamen Zustand ein.
»Er hat sie versteckt.« Mehr sagte Smiorgan nicht, und seine Stimme klang brüchig, dünn wie die eines kranken Mannes, den das Fieber geschwächt hat.
Yaris ging zum Eingang und blickte die Fjordhänge hinauf, an denen zahlreiche Lagerfeuer brannten, versuchte Schiffsmaste und Takelage auszumachen, doch er konnte nichts erkennen.
»Der Nebel ist zu dicht«, murmelte er. »Ich kann nicht sagen, ob unsere Schiffe im Fjord ankern oder nicht.« Dann japste er unwillkürlich, als aus dem dichten Nebel ein bleiches Gesicht auftauchte. »Sei gegrüßt, Lord Elric«, stotterte er und bemerkte den Schweiß auf dem verkrampften Gesicht des Melniboneers.
Elric taumelte an ihm vorbei in den Saal. »Wein!« forderte er mit schwerer Zunge. »Ich habe das Erforderliche getan, doch es hat mich viel gekostet.«
Dharmit holte einen Krug mit kräftigem cadsandrinischen Wein und schenkte mit zitternder Hand einen geschnitzten Holzkelch voll. Wortlos reichte er Elric das Gefäß, der es hastig austrank. »Jetzt schlafe ich«, verkündete er, streckte sich in einem Sessel aus und legte sich den grünen Mantel um. Er schloß die unangenehm roten Augen und sank in einen tiefen Schlaf der Erschöpfung.
Fadan eilte zur Tür, schloß sie und zog den schweren Eisenriegel herab.
Von den sechs Männern schlief kaum einer in dieser Nacht, aber am Morgen war die Tür unverriegelt, und Elric saß nicht mehr in seinem Sessel. Als sie nach draußen gingen, war der Nebel so dicht, daß sie sich bald aus den Augen verloren, obwohl sie kaum zwei Schritte voneinander entfernt waren.
Elric stand mit gespreizten Beinen im Kies des schmalen Strandes. Er blickte zur Mündung des Fjords zurück und sah befriedigt, daß der Nebel noch immer dichter wurde, obgleich er nur über dem eigentlichen Fjord lag und die gewaltige Flotte verhüllte. Überall sonst war das Wetter klar, und eine bleiche Wintersonne schien grell auf die zerklüfteten schwarzen Felsklippen, die die Küste beherrschten. Vor ihm hob und senkte sich das Meer in monotonem Rhythmus, wie die Brust eines schlafenden Wasserriesen, grau und rein, im kalten Sonnenlicht schimmernd. Elric betastete die erhabenen Runen auf dem Griff seines schwarzen Breitschwerts; ein gleichmäßiger Nordwind blies in die weiten Falten seines dunkelgrünen Mantels und wirbelte ihn um seine große, hagere Gestalt.
Der Albino fühlte sich weitaus kräftiger als noch gestern abend, da er sich mit der Beschwörung des Nebels verausgabt hatte. In der Kunst der Naturzauberei kannte er sich aus, allerdings hatte er nicht mehr die Kraftreserven, über die die Zauberer-Herrscher Melnibones verfügt hatten, als sie noch die Welt beherrschten. Seine Vorfahren hatten ihr Wissen an ihn weitergegeben - doch nicht ihre mystische Lebenskraft. Viele Zaubersprüche und Geheimnisse, die er kannte, waren also nicht mehr zu gebrauchen, da ihm das erforderliche Kräftereservoir fehlte, um sie durchzuführen, das seelische ebenso wie das physische. Trotzdem kannte Elric nur einen Mann auf der Welt, der ihm an Wissen gleichkam - seinen Cousin Yyrkoon. Seine Hand verkrampfte sich um den Schwertgriff, als er an den Cousin dachte, der ihn zweimal verraten hatte, und er versuchte, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren - das Ausbringen von Zaubersprüchen, die ihm auf seiner Reise zur Insel der Drachenherren helfen sollten, deren einzige Stadt, das Schöne Imrryr, das Ziel der Mobilisierung der Seelords war.
Ein winziges Segelboot lag am Strand, hoch aus dem Wasser gezogen: Elrics Schiff, widerstandsfähig und weitaus kräftiger und älter, als es aussah. Das düstere Meer umspülte seine Planken mit den Wellen der zurückweichenden Flut, und Elric erkannte, daß ihm wenig Zeit blieb, um den unerläßlichen Zauber zu wirken.
Sein Körper verkrampfte sich; er verdeckte sein Bewußtsein und rief die Geheimnisse aus den dunklen Tiefen seiner Seele herauf. Schwankend, die Augen
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