Der Zauber eines fruehen Morgens
guter, warmherziger Manngewesen sein und ziemlich kreativ. All das kannst du unmöglich von deiner Mutter geerbt haben.«
Belle bekam bei dem Kompliment feuchte Augen, fand jedoch nicht, dass sie ein solches Lob verdient hatte. Plötzlich wollte sie, zumindest einen Teil der Last, die ihr auf der Seele lag, loswerden.
»Der Mann, der dich gerettet hat, dieser Sergeant Carrera«, fing sie an. »Also, Etienne hieß mit Nachnamen so.«
»Was! Der Mann, der dich nach Amerika gebracht hat?«
»Ich möchte in ihm lieber den Mann sehen, der Noah in Paris geholfen hat, mich zu finden«, antwortete sie.
Jimmy schwieg einen Moment, sah sie aber unverwandt an.
»Wie gesagt, damals in Verdun hat er mich erst gefragt, ob ich nur in der Armee ›Red‹ genannt werde. Er hatte gehört, wie mich die anderen ›Little Red Reilly‹ nannten«, erzählte er schließlich. »Im Nachhinein ist das ein bisschen merkwürdig. Normalerweise fragt niemand dich nach deinem richtigen Namen. Er wollte sogar wissen, was ich vor dem Krieg beruflich gemacht habe. Ich sagte ihm, dass ich daheim Jimmy genannt werde und in einem Pub arbeite, und berichtete auch, dass du unser Kind verloren hast. Ich erwähnte deinen Namen. Wenn es wirklich derselbe Mann war, warum hat er mir nicht gesagt, wer er ist?«
»Vielleicht hat er erst später eine Verbindung hergestellt«, meinte Belle. »Aber falls es ihm gleich klar war, hielt er es möglicherweise für besser, nicht die Vergangenheit anzusprechen, weil du nicht allein warst. Ich habe ihm während der Überfahrt nach Amerika eine ganze Menge über dich erzählt, und natürlich erfuhr er zwei Jahre später von Noah, dass du überall nach mir gesucht hast.«
»Er hat mich also deinetwegen gerettet?«
»Ich bezweifle, dass er es so gesehen hat. Höchstwahrscheinlich hat er sich von diesem Tag bei Verdun an dich erinnert und konnte es nicht ertragen, dich hilflos zurückzulassen.«
Jimmy stieß einen halblauten Pfiff aus. Belle wusste nicht, was sie sagen sollte; sie konnte fast hören, wie es in seinem Kopf arbeitete, um sämtliche Fäden zu entwirren.
»Er hatte das Gefühl, mir mein Leben zu schulden? Warum? Ich habe nichts für ihn getan. Um mich zu retten, hat er riskiert, unter Anklage gestellt zu werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sein Vorgesetzter es als vorrangig gesehen hätte, einem Tommy zu helfen, wenn ringsum Dutzende französische Verwundete lagen. Also musst du der Grund gewesen sein. Er hat dich geliebt!«
Belle drehte sich der Magen um. Jetzt wünschte sie, sie hätte geschwiegen. Jimmy war ein Mensch, der sich Gedanken machte. Er würde grübeln und grübeln, das Ganze drehen und wenden und für das, was er nicht auflösen konnte, Antworten verlangen.
»Du weißt sehr gut, dass er immer ein schlechtes Gewissen hatte, weil er mich nach New Orleans gebracht hat. Genau aus diesem Grund ist er nach Paris gekommen, um bei der Suche nach mir zu helfen. Meiner Meinung nach ist das ein Beweis, dass er mich mag, aber mehr war zwischen uns nicht. Ich war noch nie so froh, jemanden zu sehen, wie damals, als er die Tür der Kammer eintrat, in die ich eingesperrt war. Nachher jedoch konnte ich es nicht erwarten, nach England zurückzukommen, zu dir und Mog.«
»Komisch, dass du uns bei deiner Heimkehr so wenig über ihn erzählt hast!«, sagte er misstrauisch. »Ich meine, ein Mann rettet dir das Leben, und du willst nicht mal mit ihm in Verbindung bleiben?«
»Natürlich wäre ich gern mit ihm in Kontakt geblieben, doch ich hatte Angst, es könnte dir wehtun. Ach, Jimmy, mach daraus doch nicht etwas, was es nie gewesen ist! Ich hatte damals buchstäblich die Hölle hinter mir, und als ich endlich wieder daheim und in Sicherheit war, wollte ich das alles vergessen und von vorn anfangen.«
Er langte nach seiner Krücke und hievte sich aus dem Sessel. »Ich denke, ich gehe jetzt zu Bett.«
Recht so, bring etwas aufs Tapet und zieh dich dann in den Schmollwinkel zurück!, dachte sie, sprach es aber nicht aus. So reagierte er ständig, und sie hatte das Gefühl, es nicht sehr viel länger zu ertragen.
»Ich wünschte, ich hätte meinen alten Jimmy wieder«, sagte sie traurig. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr er mir fehlt.«
Er stützte sich auf seine Krücke und sah sie an, den Mund zu einem bitteren Lächeln verzogen. »Wie kannst du von mir erwarten, der Alte zu sein, wenn die Hälfte meines Körpers nicht mehr vorhanden ist? Du bist auch nicht mehr die Belle, die ich
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