Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme
Merlin den geheimen Pfad, der Schacht zur Anderswelt genannt wird. Seine eigenen Worte, nach dieser Reise in
Merlin und die sieben Schritte zur Weisheit
festgehalten, sind die bekannteste Beschreibung dieses geheimnisvollen Geisterreiches.
Der Nebel in diesem Schacht erinnerte mich an den Nebel um
Fincayras
Küsten. Er war weniger eine Grenze oder eine Sperre als ein lebendiger Stoff mit eigenen geheimnisvollen Rhythmen und Mustern. Elen hatte oft von den Zwischenorten gesprochen – Orte, die nicht ganz zu unserer Welt und nicht ganz zur Anderswelt gehören, sondern dazwischen sind. Wie dieser Nebel nicht wirklich Luft und nicht wirklich Wasser war, sondern etwas von beidem …
Während ich tiefer in die Nebel ging und mit jedem Schritt der Anderswelt näher kam, fragte ich mich, was für eine Welt das sein mochte. Wenn Fincayra tatsächlich die Brücke war, wohin führte diese Brücke dann? Geister lebten dort, so viel wusste ich. Mächtige wie Dagda und Rhita Gawr. Aber was war mit den einfacheren, stilleren Geistern wie meinem mutigen Freund Verdruss? Teilten sie die gleichen Gefilde oder wohnten sie anderswo?
Die Wendeltreppe, die sich endlos um sich selbst drehte, führte mich in die Tiefe. Der Gedanke kam mir, dass in dieser Welt kein Unterschied zwischen Tag und Nacht sein könnte. Vielleicht gab es gar keine Zeit oder das, was ich Zeit nannte. Ich erinnerte mich unbestimmt daran, dass Elen etwas über zwei Arten von Zeit gesagt hatte: historische Zeit, die in einer Linie verläuft, auf der die Sterblichen ihr Leben zu Ende gehen, und heilige Zeit, die sich im Kreis bewegt. Könnte die Anderswelt ein Ort der heiligen Zeit sein? Und wenn ja, bedeutete das, dass sich dort die Zeit um sich selbst drehte und in Kreisen verlief wie diese Wendeltreppe? …
Als ich tiefer kam, veränderte sich der Nebel. Statt nahe an den Stufen zu schweben wie beim Eingang, zog er sich weiter zurück und gab Löcher mit ständig sich verwandelnden Gestalten frei. Es dauerte nicht lange, da weiteten sich die Löcher zu Kammern und die Kammern zu Höhlen. Mit jedem Schritt hinunter wurden die nebligen Ausblicke breiter, bis ich mich mitten in einer ungeheuer mannigfaltigen, ständig wechselnden Landschaft befand.
Einer Landschaft aus Nebel.
In dünnen Linien und bauschigen Hügeln, weiten Flächen
und scharfen Spitzen wirbelte der Nebel um mich herum. An manchen Stellen begegnete ich Schluchten, die in wolkenähnliches Gelände schnitten und weiter und tiefer führten, als ich ermessen konnte. An anderen sah ich Berge, die in der Ferne aufragten und höher und tiefer oder beides zugleich wurden. Ich entdeckte neblige Täler, Hänge, Klippen und Höhlen. Überall bewegten sich Gestalten oder Halbgestalten, krochen oder gingen oder schwebten. Und zwischen allem wirbelte und waberte der Nebel, immer anders, immer gleich …
Ein unbehagliches Gefühl überkam mich. Dass es gar kein Nebel war, was mich umgab. Dass es noch nicht einmal etwas Physisches war aus Luft oder Wasser, sondern etwas – anderes. Das aus Licht oder aus Gedanken oder Gefühlen bestand. Dieser Nebel enthüllte mehr, als er verbarg. Man würde viele Leben brauchen, um nur ein wenig von seiner wahren Natur zu verstehen.
So war also die Anderswelt! Schicht um Schicht wechselnde, wandernde Welten. Ich konnte endlos nach außen gehen zwischen den Schwaden oder endlos in den Nebel hinein. Zeitlos. Grenzenlos. Endlos.
Avalon (Der große Baum von Avalon)
Vor langer Zeit pflanzte der junge Zauberer Merlin auf der nebligen Insel Fincayra einen Samen – der pulsierte wie ein Herz. Er hatte ihn auf einer Reise durch einen magischen Spiegel bekommen, doch er wusste nicht, was daraus werden würde. Mit der Zeit spross ein so großer, wunderbarer Baum daraus, dass eine neue Welt entstand: der große Baum von Avalon.
Avalon ist eine Welt zwischen allen anderen Welten, eine Brücke zwischen dem Vergänglichen und dem Unvergänglichen. Es ist ein Ort unendlicher Wunder, mit den unterschiedlichsten Geschöpfen und Orten. Und Avalon ist zugleich die einzige Welt, in der Menschen und alle anderen Lebewesen in Harmonie zusammen sind – bis Gier und Arroganz zu mächtig werden. Dann beginnen die Sterne droben zu verschwinden, der Himmel verdunkelt sich und die Zukunft des großen Baums wird ebenfalls dunkler. Ob Avalon gerettet wird oder verloren ist, kann niemand voraussehen.
Brynchilla (Wasserwurzel)
Das ist das Reich des Wassers, wo in den kleinsten
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