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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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Lena
    » Und deine Entscheidung steht fest? Endgültig?«
    » Ja. Absolutely… Absolut.«
    » Und wann willst du in die Staaten?«
    » Ein paar Jahre noch, Honey. Dann habe ich den Posten als Head of Purchasing, platziere ein paar gute Investments, fertig. Schnelle Karriere und schnelles Geld, das geht nur in Russland, you know… Aber leben und investieren und so, das will ich nur in Amerika…
    » Wahrscheinlich hast du Recht.« Sie nimmt einen Schluck Wein. » Bestimmt hast du Recht. Mutter Russin, Vater Amerikaner. Du denkst englisch und sprichst russisch. Außerdem hast du so einen niedlichen Akzent.« Sie berührt mein Handgelenk mit den Fingerspitzen. » Ist es schwer hier für dich?«
    » You know…« Ich nicke nachdenklich, hebe mein Weinglas und schaue durch es hindurch in die Kerzenflamme. » Es kommt immer darauf an, wie man sich positioniert. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin irgendwo between steckengeblieben, verstehst du? Zwischen Amerika und Russland. Irgendwie kompliziert alles, verstehst du?«
    Lena trägt ein schwarzes, violett gestreiftes Kostüm von… keine Ahnung von wem. Sieht nach Patrick Hellmann aus, obwohl, nach meiner Kalkulation dürfte ihr Gehaltskonto für Patrick Hellmann ein bisschen zu mager sein. Unter der Jacke eine weiße Bluse, bis zur Hälfte geöffnet, damit man den roten BH sehen kann. Sie trägt gerne rote Dessous, zumindest bei unseren Dates. Ich nehme das als Zeichen ihrer Leidenschaftlichkeit.
    Es könnte aber auch sein, dass sie als Kind zu viele seichte Softpornos vom Typ Wilde Orchidee gesehen hat. Wahrscheinlicher Letzteres. Jedes weibliche Wesen über sechs Jahren hier in Russland kennt Wilde Orchidee. Eine große Handelskette verkauft sogar Unterwäsche unter diesem Label. Können Sie sich das vorstellen? Ein bedeutender Teil der weiblichen Bevölkerung unseres Landes im Alter zwischen fünfundzwanzig und vierzig hält eine lausig gedrehte Szene mit Carré Otis als künstlich aufgegeilte Jungfrau mit Blümchen im Haar für das Nonplusultra animalischer Leidenschaft.
    Übrigens, Lena hat Körbchengröße C, das kompensiert, aus meiner Sicht, ihren infantilen Filmgeschmack zur Genüge.
    An ihrem linken Handgelenk ein breites, aus feinem Silber geflochtenes Armband von Tiffany, das ich ihr zum Internationalen Frauentag geschenkt habe. In regelmäßigen Abständen winkelt sie den Arm an, damit es dekorativ rauf- und runterrutschen kann… Lena hat die Beine übereinandergeschlagen, und ich wette darauf, dass sie in diesem Moment mit dem rechten Fuß wippt, an dessen Spitze ihr halb ausgezogener Schuh von Ferragamo baumelt. Gegen Ende des Abendessens wird sie den Schuh ganz ausziehen und anfangen, mir ihren Fuß ins Hosenbein zu schieben. Nicht etwa weil sie Lust dazu hätte, sondern weil die Protagonistin in Wilde Orchidee das so macht. Oder die aus Basic Instinct... Spielt ja keine Rolle.
    Lena sieht aus wie achtundzwanzig, erzählt allen Leuten, sie sei siebenundzwanzig, ist aber in Wirklichkeit schon vor einem halben Jahr dreißig geworden. Zweimal die Woche geht sie ins Fitnesszentrum ( » Petrowka-Sport«– dort gibt es zwar keinen Pool, aber sie hat eine VIP -Card) und nimmt angeblich Yogastunden bei einem Personal-Trainer (das ist aber gelogen). Einmal im Monat (vielleicht auch seltener) lässt sie sich bei Jacques Dessange die Haare färben und frisieren (von der Existenz eines Tony&Guy ist ihr noch nichts zu Ohren gekommen). Lena zieht die Photoepilation dem Bikini-Line-Lasern vor, nimmt es jedoch mit der Wachsepilation ihrer Beine nicht allzu genau; sie trägt Gelnägel (vorzugsweise leuchtende Farben), während ich eher auf französische Maniküre stehe. Lena meidet Nachtklubs (wegen ihres Teints), raucht nicht (wegen ihres Teints) und achtet darauf, dass ihr Gesicht möglichst nicht mit Sperma in Berührung kommt (wieso eigentlich?). Sie trinkt ausschließlich Wein (allerdings habe ich gelegentlich auch schon Bier in ihrem Kühlschrank vorgefunden), fängt zirka alle zwei Monate eine neue Diät nach dem jeweils aktuellen Ernährungsguru an, bevorzugt ansonsten– in der diätfreien Zeit– Restaurants mit japanischer und italienischer Küche, wenn auch eher aus Status- und weniger aus Geschmacksgründen.
    Vor einem halben Jahr hat sie die erste Anzahlung für ihre neue Wohnung geleistet (den Plänen nach zu urteilen befindet sich die Wohnung in einem hässlicher Klotz in der Gegend der Metrostation Baumanskaja– hundertzwanzig Quadratmeter, noch im

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