Der Zauber von Savannah Winds
Energie.
Fleur schloss die Tür hinter sich und kehrte in die Küche zurück. Dort holte sie eine Packung Eiskaffee aus dem Kühlschrank und nahm die Post vom Vortag mit auf die Terrasse.
Brisbane schmachtete bereits in der Hitze, die Dächer schimmerten im Dunst. Der Fluss wälzte sich träge auf das Grün und Gold der Umgebung zu. Fleur spannte den Sonnenschirm über dem weiß lackierten schmiedeeisernen Tisch und den Stühlen auf und setzte sich. Selbst hier oben wehte kaum ein Lüftchen. Es würde wieder eine Affenhitze geben.
Sie trank den Kaffee in kleinen Schlucken und betrachtete die Aussicht. Das Leben da draußen ging weiter, der Samstag nahm allmählich seinen Lauf, aber hier oben in ihrem Elfenbeinturm, in ihrem goldenen Käfig, war sie weit davon entfernt, gefangen in einer Welt, über die sie wenig Kontrolle besaß. Sie hatte ihren Job verloren, die Chance, Kinder zu bekommen – und ihre Ehe lag in Scherben. Dieses Apartment war ein Symbol für die Generation, die alles erreicht hatte – aber es war nicht von Bedeutung. Es war zerbrechlich und vergänglich wie ein Kartenhaus.
»Jetzt tust du dir selber leid«, fauchte sie, verärgert darüber, dass ihr normalerweise so starkes und offenes Wesen derart angeschlagen war. Sie blinzelte die Tränen weg, setzte die Sonnenbrille auf und wandte sich entschieden der neuesten Ausgabe der Architectural Times zu. Höchste Zeit, sich zusammenzureißen und eine neue Arbeitsstelle zu suchen.
Greg rutschte an der kalten Wand des Squashfelds herunter und schnappte nach Luft. »Du spielst wie der Teufel, Kumpel. Wo um alles in der Welt nimmst du die Energie her?«
John hockte sich neben ihn und grinste, das Gesicht wie das eines Bluthundes in tiefe Falten gelegt. »Nicht schlecht für einen alten Kerl, was? Ich habe dich gewarnt, Greg, Jugend kann es mit Erfahrung nicht aufnehmen. Lust auf mehr?«
»Wohl eher nicht«, brummte Greg. »Ich schulde dir schon jetzt hundert Dollar.«
John stand auf. »Komm, Kumpel, du spendierst das Bier.«
Sie verließen das Spielfeld und begaben sich in den Umkleideraum. Nach einer langen heißen Dusche fühlte Greg sich besser. Da er wieder klar denken konnte, erschien der Berg häuslicher Probleme ihm inzwischen nicht mehr ganz so erdrückend.
Der Sportclub war ziemlich neu, und an diesem Samstag waren zur Mittagszeit nur wenige Plätze an den großen Fenstern frei, die über die zum Fluss hinunterführenden Gartenanlagen schauten. Aber John hatte zwei ergattert und winkte Greg zu sich, der von der Bar kam, beladen mit einem Bierglas, einem halben Liter Orangensaft und einem Teller Sandwiches.
Greg hatte erst einen Schluck des eiskalten Safts getrunken, als sich sein Beeper meldete. »Verdammt!«, murmelte er und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Sandwiches – er hatte seit dem Vorabend nichts gegessen und war ausgehungert.
Der Beeper zeigte ihm, dass er in der Notaufnahme gebraucht wurde. Er betätigte das Handy und lauschte einer klaren Stimme am anderen Ende. »Ich bin in zehn Minuten da«, sagte er. Schief lächelnd schaute er John an und zuckte mit den Schultern. »Sieht so aus, als wär’s das gewesen mit meinem freien Wochenende.«
»Was Ernstes?«
»Ziemlich. Shane Philips war schon mal mein Patient, und ich habe den Behörden immer wieder angeraten, ihn seinem Vater wegzunehmen – aber die hören nie auf mich.«
»Da bin ich doch froh, dass ich mich für die Geburtshilfe entschieden habe.« John biss herzhaft in ein Sandwich. »Viel Glück, Kumpel!«
Greg seufzte tief, wickelte seine Brote in eine Papierserviette, nickte kurz, verließ den Club und machte sich auf den Weg zu seinem Wagen. Das Krankenhaus war nicht weit entfernt, aber er vermutete, dass er einige Stunden im Operationssaal verbringen und danach zu müde sein würde, um zu Fuß zum Wagen zurückzukehren und ihn zu holen.
Als er auf dem für ihn reservierten Stellplatz parkte, wählte er seine Privatnummer auf dem Autotelefon. Die Leitung war tot, daher funktionierte auch der Anrufbeantworter nicht. Fleurs Handy war ebenfalls nicht erreichbar; wahrscheinlich hatte sie es ausgeschaltet, weil sie nicht mit ihm reden wollte.
Frustriert seufzend stieg Greg aus. Sein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken an das, was ihm im Krankenhaus bevorstand. Obwohl er als Kinderchirurg schon sehr viel Leid gesehen hatte, wurde es nie leichter zu ertragen – und zu wissen, dass er manchmal sehr wenig tun konnte, um seine kleinen, verwundbaren Patienten
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