Der Zauberstein von Brisingamen
erreicht, da kamen die Verfolger schon in Sicht. Die Svarts mit ihren über den Schnee gleitenden Füßen und die unermüdlich hüpfenden Lyblacs hatten die Morthsippe hinter sich gelassen, und an ihrer Spitze befand sich das Allerschlimmste – eine Mara, grau und scheußlich. Der Mara liefen die zwei Hunde der Morrigan voraus, ihre blinden Schädel tief über die Fährte gebeugt, mit rot aus den Mäulern hängenden Zungen.
«Wartet nicht auf mich!», brüllte Durathror um sich blickend.
Fenodyree zögerte eine Sekunde, dann nickte er mit einem Gesicht, das so bleich war wie der Schnee, und trieb die anderen auf den Gipfel des Hügels zu.
Die Hunde liefen der Mara weit voraus, und der Erste wurde langsamer, als er näher kam, und richtete die Ohren auf.
«Ha!», rief Durathror.
Der Hund stutzte. «Ha!», rief Durathror abermals. Und als der Hund lossprang, duckte er sich und stieß sein Schwert mit beiden Händen nach oben, das Untier war tot, noch ehe es auf den Boden fiel. Doch im Sturz riss es Dyrnwyn aus Durathrors Griff, und dann sprang der andere Hund. Aber Durathror war im Kampf schnell wie der Blitz, und die mörderischen Zähne schlossen sich nicht um seinen Hals, sondern um seinen Unterarm, den er in den geifernden Rachen rammte, dann stürzte er, von der Wucht des Monstrums auf den Rücken geschleudert. Und während sie rangen, stelzte die Mara unbekümmert daran vorbei.
Durathror tastete nach dem Dolch an seinem Gürtel. Er fand ihn und brachte die Sache zu einem raschen Ende.
Aber er konnte nichts tun, die anderen zu retten. Schon überragte sie die Mara. Waghalsig und tapfer warf Fenodyree sich auf sie, aber Witwenmacher flog ihm schon beim ersten Streich in einem Funkenregen aus den Händen, und die Troll-Frau beugte ihre sechs Meter erbarmungslose Macht, packte Susan am Handgelenk und zerrte sie vom Boden hoch.
Der Schrei, der dann die Luft zerschnitt, ließ Svarts und Lyblacs mitten im Schritt anhalten, und selbst die Vögel verstummten. Durathror verbarg sein Gesicht und stöhnte, Tränen strömten ihm über die Wangen. Wieder der jämmerliche Schrei, aber schon schwächer. Durathror glaubte, das Herz müsse ihm brechen. Wieder. Und wieder.
Wahnsinnig vor Schmerz erhob er sich mit einem wilden Aufschrei und ergriff sein Schwert. Doch was er nun sah, ließ ihn gleich wieder in die Knie sinken. Denn Susan lag schlaff im Schnee, so wie sie hingestürzt war. Neben ihr stand die Mara – und schrumpfte! Sie schrumpfte und schmolz wie eine Statue aus Butter in einem Hochofen. Ihre Konturen zerflossen zu einer formlosen Masse, die in sich zusammenfiel. Sie gab keinen Laut mehr von sich, nur noch ein lang gezogenes Stöhnen, als die Sache endlich vorbei war. Und auf dem Gipfel stand ein grober Felsbrocken.
Halb bewusstlos gewahrte Susan kaum etwas vom Schicksal der Mara. Als die spiraligen Wolken und Blitzlichter, die vor ihren Augen tanzten, abnahmen, starrte sie nur auf Angharads Armband, das ganz verbeult und entstellt war vom Griff der steinkalten Hand, die ihr Handgelenk umklammert hatte.
«Alles in Ordnung, Mädchen?»
«Was hast du getan?»
«Ich bin nicht verletzt. Das Armband, das muss es gewesen sein. Was ist passiert?»
Die Svarts und Lyblacs waren verwirrt und besaßen vorläufig nicht den Mut, vereint weiter vorzurücken. Durathror beeilte sich, diese Chance zu nutzen. Er stellte sich der Menge entgegen und sprach so laut, dass es alle hören konnten.
«Seht, wie die Unbesiegbaren zugrunde gehen! Wenn es den Maras schon so ergeht, wie wollt ihr dann unsrer Rache entgehen? Wer von euch das Leben nicht liebt, mag versuchen uns weiter zu verfolgen!»
Die Rotte wich zurück. Nun aber war die Morthsippe zur Stelle, und die war nicht so leicht einzuschüchtern. Er wusste, dass er nur eine Atempause gewonnen hatte – gerade Zeit genug, um nicht überrannt zu werden, solange Susan noch ihre Kräfte sammelte.
Und dann sah Durathror, womit er schon gar nicht mehr gerechnet hatte: einen einsamen Mann auf dem Gipfel von Shuttlingslow, drei Kilometer weit weg. Während er dorthin schaute, sah er die große Gestalt den Gipfel verlassen und mit dem Abstieg beginnen.
Durathror ging zu den anderen, auch sie hatten es gesehen.
«Das Gesindel da aber wohl noch nicht», sagte Gowther.
«Wie sollen wir uns jetzt verteidigen, bis er hier ist?»
«In diesem Gelände braucht er eine Stunde», sagte Fenodyree.
Die Morthsippe beriet sich mit den Svarts: viel Geschrei und gestikulierende Hände.
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