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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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beeindruckt. »Ich wollte schon immer meine Kinder mit einem wirklich komischen Namen wie Thor oder Ira fürs Leben zeichnen.«
    »Das kann ich nur empfehlen. Wenn du die ganze Kindheit hindurch veräppelt wirst, ist das wirklich gut für deine Selbstachtung.«
    »Laß mich dich mal was fragen«, sagte Ben. »Drehst du deine Spaghetti auf?«
    Lisa hob verständnislos die Augenbrauen.
    »Meiner Ansicht nach gibt es auf dieser Welt zwei Sorten Menschen«, erklärte Ben, »und zwar solche, die ihre Spaghetti auf die Gabel drehen, um sie anständig in den Mund zu schieben, und solche, die sie einschlürfen und sich dabei von oben bis unten bekleckern. Zu welcher Sorte gehörst du?«
    »Ich schlürfe«, sagte Lisa grinsend. »Und als ich klein war, habe ich nichts Weißes gegessen, so daß meine Mutter Sachen wie Milch und Eier mit Lebensmittelfarbstoff tarnen mußte.«
    »Wie bitte?« fragte Ben lachend.
    »Das stimmt. Ich hab' die Farbe Weiß gehaßt, und deshalb hat sie meine Milch immer lila und meine Eier immer rot gefärbt. Es war absolut phantastisch.«
    »Außerdem hast du deinen Barbie-Puppen die Haare abgeschnitten, stimmt's?«
    »Sobald ich sie aus ihrer Schachtel geholt hatte«, bestätigte Lisa stolz. »Die kleinen Scheißerchen hatten nichts anderes verdient.«
    »Na, eins ist mir jetzt klar«, sagte Ben lachend. »Wir werden prima miteinander auskommen.«
    Nach einer zehnminütigen U-Bahnfahrt zum Dupont Circle bestieg Ben eine der vielen übergroßen Rolltreppen Washingtons und machte sich auf den Weg nach Hause. Einen Häuserblock vom U-Bahnhof entfernt traf er auf Tough Guy Joey, den zornigsten Penner der Gegend. »Hey, Joey«, sagte Ben.
    »Verpiß dich«, schnauzte Joey ihn an. »Du kannst mich mal.«
    »Hier ist was zu essen«, sagte Ben und gab Joey das Truthahn-Sandwich, daß er mit ins Büro genommen hatte. »Netterweise laden sie einen am ersten Tag mittags ein.«
    »Danke, Mann.« Joey grabschte sich das Sandwich. »Fick dich ins Knie. Hosenscheißer.«
    »Genau«, meinte Ben. Während er an den alten, aber gemütlichen Sandsteinbauten vorüberging, die das Viertel prägten, sah Ben Scharen junger Angestellter die baumbestandenen Straßen entlang zum Abendessen eilen. Schon fast zu Hause angekommen, sog Ben tief die Luft ein und genoß den Duft hausgemachten Essens, der jeden Abend aus dem roten Ziegelhaus an seiner Straßenecke drang. Ben wohnte in einem schmalen, unauffälligen Sandsteinhaus mit einer verblaßten hellbraunen Markise über dem Eingang und einer amerikanischen Flagge, deren achtundvierzig Sterne nicht mehr auf dem neuesten Stand waren. Obwohl es August war, war die Tür noch immer für Halloween dekoriert. Bens Mitbewohner Ober war ziemlich stolz auf seine Künste und hatte sich geweigert, die Dekoration abzunehmen, bevor sie ein weiteres Jahr ihren Sinn erfüllt hatte. Als Ben in die Wohnung trat, waren Ober und Nathan beim Kochen.
    »Na, wie war's?« erkundigte sich Ober. »Hast du jemand verklagt?«
    »Es war super«, sagte Ben und ließ die Aktentasche neben den Garderobenschrank fallen, um seine Krawatte aufzubinden. »Der Richter ist noch zwei Wochen weg, deshalb haben wir uns bloß ein bißchen eingearbeitet.«
    »Und wie ist dein Kollege?« Ober schüttete Nudeln ins kochende Wasser.
    »Es ist eine Frau.«
    »Wie sieht sie aus? Ist sie scharf?«
    »Sie ist ziemlich hübsch«, berichtete Ben. »Außerdem ist sie resolut und sehr direkt. Sie macht dir absolut nichts vor. Sie hat schöne Augen, hübsches kurzes Haar ...«
    »Sie ist lesbisch«, erklärte Ober. »Gar keine Frage.«
    »Was ist denn los mit dir?« fragte Nathan, als Ben den Kopf schüttelte.
    »Kurzes Haar und sehr direkt?« sagte Ober spöttisch. »Und du glaubst tatsächlich, das ist keine Lesbe?«
    »Sie hat mir heute schon angeboten, mein Auto zu reparieren«, ergänzte Ben.
    »Sieh mal an«, sagte Ober und zeigte auf Ben. »Sie hat ihn gerade erst kennengelernt und klappt schon den Werkzeugkoffer auf.«
    Ben ignorierte seinen Freund und öffnete den Kühlschrank. »Was kocht ihr da eigentlich?«
    »Anita Bryant kocht Nudeln, und ich mache meine stinkende Knoblauchsoße«, erklärte Nathan. Seinen breiten Schultern spannten sich kaum, als er den schweren Spaghettitopf auf die hintere Flamme hievte. Getreu seiner militärischen Haltung trug er noch immer seine Krawatte, obwohl er schon eine halbe Stunde zu Hause war. »Tu noch ein paar Nudeln rein – im Schrank sind bloß noch zwanzig Schachteln.«

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