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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Brief schreiben«, schlug Nathan vor. »Dann mußt du niemandem direkt gegenübertreten.«
    »Genau«, sagte Ben. »Wenn du willst, helfe ich dir beim Schreiben. Wenn wir drei zusammenhalten, bekommst du sofort eine neue Aufgabe.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Ober. Er zog das Jackett aus und gab es Ben zurück. »Vielleicht sollten wir die Sache einfach vergessen.«
    »Jetzt laß dir bloß keine Angst einjagen«, sagte Ben. »Wir helfen dir da schon durch.«
    »Wie wär's, wenn du Ben erzählst, was dir heute passiert ist«, warf Nathan ein, um vom Thema abzulenken.
    »Meine Güte, das hab' ich fast vergessen! Ich bin gleich wieder da.« Ober rannte aus der Küche und die Treppe hinauf.
    »Wir müssen ihm wirklich helfen«, sagte Ben.
    »Ich weiß«, sagte Nathan. »Aber jetzt laß ihn einfach mal seine Geschichte erzählen. Das wird ihn aufmuntern.«
    »Laß mich mal raten: Hat es irgendwas mit einer Lotterie zu tun?«
    »R T. Barnum hätte ihn geliebt wie seinen eigenen Sohn.«
    »Wie kann er bloß so süchtig danach sein?«
    »Ich weiß gar nicht, warum du dich wunderst«, sagte Nathan. »Du warst sechs Wochen in Europa. Hast du wirklich erwartet, daß sich in der Zwischenzeit die Welt verändert hat? Manches bleibt eben bis in alle Ewigkeit, wie es war.«
    »Was hast du so lang gemacht?« fragte Ben, als Ober zurückkam.
    »Wirst du schon sehen«, legte Ober los, die Hände hinter dem Rücken verborgen. »Also: Ich gehe heute in beschissener Stimmung vom Büro nach Hause. Da sehe ich plötzlich ein neues Schild im Schaufenster von Pauls Kramladen: Wir haben Lotterie! «
    »Grammatik ist Pauls großes Hobby«, kommentierte Nathan.
    Unbeirrt fuhr Ober fort: »Zuerst hab' ich mir ein einziges Rubbellos gekauft. Ich rubble und gewinne einen Dollar, mit dem ich mir ein neues Los kaufe. Mit dem gewinne ich zwei Dollar!« Seine Stimme überschlug sich. »Jetzt weiß ich, daß ich nicht verlieren kann. Ich nehme also noch zwei Lose. Das eine ist eine Niete, mit dem anderen gewinne ich wieder einen Dollar.«
    »Das ist der Punkt, an dem normale Menschen aufhören«, unterbrach ihn Nathan.
    »Also kaufe ich mir mein allerletztes Los!« fuhr Ober fort. »Ich rubble und gewinne drei Dollar, mit denen ich Snickers für uns alle kaufe!« Er warf Ben und Nathan die Riegel zu, die er hinter seinem Rücken versteckt hatte.
    »Unglaublich«, kommentierte Nathan und riß seinen Riegel auf. »Ist dir klar, daß du durch jeden Reifen gesprungen bist, den die Lotterieverwaltung dir hingehalten hat?«
    »Na und?« Ober biß ein Riesenstück von seinem Riegel ab. »Ich hab' seit Monaten kein Snickers mehr gegessen. Außerdem hab' ich gedacht, das Zeug eignet sich hervorragend, um Bens ersten Arbeitstag zu feiern.«
    Eine halbe Stunde später saßen die drei Freunde am Küchentisch. »Da bin ich wieder, meine Lieben!« verkündete Eric, als er mit einem Fußtritt die Haustür öffnete.
    »Kann man noch ungelegener kommen?« fragte Nathan. Er legte seine Gabel beiseite, während Ben und Ober sich ins Wohnzimmer aufmachten, um Eric entgegenzugehen.
    »Der verlorene Sohn ist zurückgekehrt!« rief Eric, als er Ben erblickte.
    »Wird allmählich Zeit«, sagte Ben. »Ich hab' schon gedacht, du bist abgehauen.«
    Ein zur Hälfte gegessenes Sandwich in der Hand, umarmte Eric seinen Freund. Er trug ein ungebügeltes Hemd mit angeknöpftem Kragen und zerknitterte beige Baumwollhosen, womit er der am nachlässigsten Gekleidete der vier war. Sein dichtes schwarzes Haar war immer ungekämmt; auch frisch rasiert war er nur selten. Der dunkle Schimmer auf seinen Wangen wurde von seinen buschigen schwarzen Augenbrauen noch betont. Es fehlten nur ein paar Millimeter, und die Brauen hätten sich berührt, wodurch der Eindruck eines ständigen Stirnrunzelns entstand. »Tut mir leid«, sagte Eric, »aber ich hab' diese Woche jeden Abend noch was fertigmachen müssen.«
    »Jeden Abend?« fragte Ben verwirrt. »Für eine Monatszeitschrift?«
    »Er weiß noch nichts von deiner Stelle«, sagte Nathan, der nun auch ins Wohnzimmer trat, zu Eric. »Denk dran, er war sechs Wochen weg.«
    »Also bist du nicht mehr bei der Washington Life}«
    »Nein, mein Lieber.« Eric kratzte sich mit deutlichem Stolz den Kopf. »Gerade als ich dachte, ich würde den Rest meiner journalistischen Karriere damit verbringen, die örtlichen Antiquitätenmessen und die besten neuen Restaurants zu präsentieren, bekam ich einen Anruf vom Washington Herald. In der politischen Redaktion

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