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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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unmenschlicher Präzision, und das forderte seinen Preis. Es konnte Probleme verursachen – nicht nur Federn brachen. Das Gildenkomitee bestand im Großen und Ganzen aus freundlichen, verständnisvollen Männern. Sie waren nicht an Arglist und Tücke gewöhnt. Dr. Hopkins, Sekretär der Gilde, war überrascht, als jemand die Tür von Jeremys Laden öffnete, der einen schweren Unfall erlitten zu haben schien.
    »Äh, ich möchte mit Herrn Jeremy sprechen«, brachte er hervor.
    »Ja, Herr. Der Herr ift daheim, Herr.«
    »Und du, mm, bist…?«
    »Igor, Herr. Herr Jeremy war fo freundlich, mich in feine Dienfte fu nehmen, Herr.«
    »Du arbeitest für ihn?« Dr. Hopkins musterte Igor von Kopf bis Fuß.
    »Ja, Herr.«
    »Mm… Hast du zu dicht bei einer gefährlichen Maschine gestanden?«
    »Nein, Herr. Er ift in der Werkftatt, Herr.«
    »Herr Igor?«, fragte Dr. Hopkins, als er den Laden betrat. »Du weißt doch, dass Herr Jeremy Medizin nehmen muss, oder?«
    »Ja, Herr. Er erwähnt fie oft.«
    »Und sein allgemeiner Gemütszustand ist…?«
    »Gut, Herr. Er arbeitet voller Begeifterung. Ift fehr fleifig und geschäftig.«
    »Fleifig und geschäftig, wie?«, erwiderte Dr. Hopkins unruhig. »Mm… Normalerweise hat Herr Jeremy keine Angestellten. Ich fürchte, er hat eine Uhr nach seinem letzten Assistenten geworfen.«
    »Tatfächlich, Herr?«
    »Mm, hat er bereits eine Uhr nach dir geworfen?«
    »Nein, Herr. Er verhält fich ganf normal«, sagte Igor, ein Mann mit vier Daumen und Nähten am Hals. Er öffnete die Tür der Werkstatt. »Dr. Hopkinf, Herr Jeremy. Ich koche Tee, die Herren.«
    Jeremy saß kerzengerade am Tisch, und seine Augen glänzten.
    »Ah, Doktor«, sagte er. »Wie nett von dir, mich zu besuchen.«
    Dr. Hopkins sah sich in der Werkstatt um.
    Er bemerkte Veränderungen. Ein mit Skizzen bedecktes Wandstück aus Latten und Verputz war irgendwo entfernt worden und stand nun auf einer Seite des Raums, von einer Staffelei getragen. Früher hatten Uhren in unterschiedlichen Konstruktionsstadien auf den Werkbänken gestanden, aber jetzt sah er dort Kristalle und dicke Glasscheiben. Außerdem roch es nach Säure.
    »Mm… etwas Neues?«, vermutete Dr. Hopkins.
    »Ja, Doktor«, bestätigte Jeremy. »Ich untersuche die Eigenschaften von superdichten Kristallen.«
    Dr. Hopkins atmete erleichtert auf. »Ah, Geologie. Ein wundervolles Hobby! Ich bin so froh. Weißt du, es ist nicht gut, die ganze Zeit über an Uhren zu denken!«, fügte er jovial und mit einer Prise Hoffnung hinzu.
    Jeremy runzelte die Stirn. Das Gehirn dahinter schien eine ungewöhnliche Vorstellung zu verarbeiten.
    »Ja«, sagte er schließlich »Wusstest du, dass Kupferoktirat genau zweimillionenvierhunderttausendsiebenundachtzigmal in der Sekunde schwingt?«
    »So viele Schwingungen?«, erwiderte Dr. Hopkins. »Meine Güte.«
    »Ja. Und wenn Licht durch ein natürliches Prisma aus Oktiviumquarz fällt, so teilt es sich in nur drei Farben auf.«
    »Faszinierend«, sagte Dr. Hopkins und dachte daran, dass es schlimmer sein konnte. »Mm… bilde ich es mir nur ein oder liegt tatsächlich ein scharfer Geruch in der Luft?«
    »Abflussrohre«, entgegnete Jeremy. »Wir haben sie gereinigt. Mit Säure. Dafür brauchen wir die Säure. Um Abflussrohre zu reinigen.«
    »Abflüsse, wie?« Dr. Hopkins blinzelte. Mit Abflussrohren und dergleichen kannte er sich nicht aus.
    Es knisterte, und blaues Licht flackerte hinter der Küchentür.
    »Dein, mm, Angestellter, Igor«, sagte er. »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
    »Ja, danke, Doktor. Er stammt aus Überwald.«
    »Oh. Ein ziemlich großes Land.« Dr. Hopkins wusste das eine oder andere über Überwald. Er hüstelte nervös und erwähnte den anderen Punkt. »Die Leute dort können recht seltsam sein, habe ich gehört.«
    »Igor meint, er hätte nie etwas mit einer solchen Person zu tun gehabt«, sagte Jeremy ruhig.
    »Gut. Gut. Das ist gut«, erwiderte der Doktor. Jeremys starres Lächeln zermürbte ihn immer mehr. »Er, mm, scheint viele Narben und Nähte zu haben.«
    »Ja. Das hat kulturelle Gründe.«
    »Kulturelle Gründe, wie?« Erneut fühlte sich Dr. Hopkins von Erleichterung durchströmt. Er versuchte ständig, das Beste in jedem zu sehen, aber seit seiner Kindheit war die Stadt immer komplizierter geworden, mit all den Zwergen, Trollen, Golems und sogar Zombies. Er wusste nicht genau, ob ihm alles gefiel, was geschah, aber vieles davon war kulturell, und gegen Kulturelles konnte man keine Einwände

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